Besser schreiben für Dummies (German Edition)
eigentlich nichts zur Hauptaussage beiträgt. Sie wären in einer Zwickmühle: Würden Sie den Absatz rausschmeißen, dann wäre es schade um die schöne Sprache; würden Sie ihn stehen lassen, dann hätte Ihr Text einen Makel. Beides wäre unbefriedigend. Gehen Sie deshalb konsequent von der Grobstruktur zur Feinstruktur.
Wenn der Aufbau stark verändert werden muss, kann es hilfreich sein, den Text neu auszudrucken und mit dieser angepassten Version weiterzuarbeiten. Allerdings muss man die Erstversion daneben legen, denn die enthält ja die Anmerkungen zu den Feinheiten, die man noch braucht.
Testen Sie für sich, was Sie besser am Bildschirm und was Sie besser auf Papier machen. Wenn Sie auf Papier leichter lesen können, sollten Sie nicht an Ausdrucken sparen. Lassen Sie sich nicht dadurch beirren, wie andere vorgehen; suchen Sie den Weg, der Ihnen zu Bestleistungen verhilft.
Bearbeiten Sie Ihren Text so lange, bis Sie zufrieden sind. Dann ist er reif für den nächsten Schritt.
Ändern oder neu schreiben
Meist wird im Zuge der Bearbeitung die Rohfassung verändert: Mal reichen kleinere Eingriffe; ein andermal geht man an die Substanz. Dann wird die Rohfassung regelrecht auf den Kopf gestellt und ist am Ende kaum wiederzuerkennen. Doch in allen Fällen hält man sich an die Rohfassung.
Die Bearbeitung kann allerdings auch ganz anders ausfallen, und zwar so: Sie lösen sich von der Rohfassung und schreiben neu. Das kommt seltener vor als die Änderung, und man macht’s ja auch nicht so gerne, aber es kann durchaus sinnvoll sein. Sinnvoll ist es dann, wenn Sie bei aller Bearbeitung mit einem Text nicht weiterkommen. Egal, wie Sie ihn drehen und wenden, Sie werden nicht zufrieden.
Der Clou ist: In Wirklichkeit sind Sie weitergekommen. Sie haben nämlich durch die Rohfassung erkannt, wie der Text nicht sein soll. Also verwerfen Sie die Rohfassung und schreiben die Version, die sich aus der Kritik und dem Nachdenken neu entwickelt hat. Das wird wiederum nicht die endgültige Fassung sein, aber doch eine Fassung, die sich der endgültigen nähert.
Auch wenn Sie neu schreiben, war die Rohfassung nicht umsonst. Schließlich hat sie Ihnen geholfen, Erkenntnisse zu gewinnen und Gedanken zu schärfen. Also: Ärgern Sie sich nicht über das, was in den Papierkorb wandert; freuen Sie sich lieber darüber, wie der Text eine immer bessere Gestalt annimmt.
Die Besten tun es: Picasso
Eines von Picassos berühmtesten Gemälden, das Bildnis der Schriftstellerin Gertrude Stein, wurde gemalt, übermalt – und neu gemalt.
Hier die Entstehungsgeschichte: Von 1905 auf 1906 hatten Picasso und Gertrude Stein um die neunzig Sitzungen: Er saß auf einem kleinen Küchenstuhl, sie in einem ramponierten Sessel. Dann war noch ein kleiner Foxterrier dabei und Picassos Freundin Fernande. Picasso sah und malte und sah und malte, und das über Monate hinweg. Die Kopfpartie wollte ihm einfach nicht gelingen; nie war er mit dem Ergebnis zufrieden. Dann eines Tages im Frühjahr 1906 ging gar nichts mehr. Kurzerhand nahm Picasso die Kopfpartie weg und erklärte der verdutzten Gertrude Stein, er sehe sie nicht mehr, wenn er hinschaue. Das Portrait war kopflos. Gertrude Stein reiste nach Italien, Picasso verbrachte den Sommer in Spanien. Am Ende des Sommers kehrte er nach Paris zurück und malte – ohne Gertrude Stein wiedergesehen zu haben – aus dem Kopf heraus den Kopf, so wie er ihn haben wollte. Jetzt war er zufrieden.
Die Geschichte stammt aus der Autobiographie Gertrude Steins und ist entsprechend ausgeschmückt. Der Kern jedoch ist auf jeden Fall wahr: Picasso musste die Arbeit mehrerer Monate verwerfen, um die endgültige Version neu zu schaffen. Das Bildnis hängt heute im Metropolitan Museum of Art in New York.
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I n diesem Kapitel ist der Text so weit gediehen, dass Sie ihn aus der Hand geben können: zunächst noch nicht an den eigentlichen Leser, aber an einen Testleser. Der liest den Text mit dem Auftrag, Schwachstellen zu finden. Dieses Gegenlesen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Damit sie zu guten Ergebnissen führt, muss man sie umsichtig vorbereiten und an eine geeignete Person übergeben.
Ein Text lebt nicht nur vom Inhalt, sondern braucht auch eine angemessene Form. Lesen Sie, was bei der formalen Gestaltung grundsätzlich zu beachten ist, was es mit der DIN 5008 auf sich hat und warum Dokumentvorlagen so nützlich sind. Wenn
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