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Besser so als anders

Besser so als anders

Titel: Besser so als anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Goldstein
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Psychologen oder Anthropologen gleichen ließ.
    Etwa vor einem Monat hatte er beispielsweise einen Anruf erhalten und erfahren, dass ein Fan gesehen habe, wie irgendein Perverser sich auf den Toiletten bei Tor H einen herunterholte. Also hatte er getan, was man von ihm erwartete: sofort die Polizei alarmiert, um dann selbst hinunter auf die Toilette zu rennen und durch den Spalt in der Kabinentür zu spähen, um herauszufinden, ob der Kerl gefährlich aussah.
    Doch als Phil in der Toilette durch den Schlitz spähte, hatte er keinen alten Spanner vor sich gehabt, der da masturbierte, sondern fast noch ein Kind, einen Jugendlichen, der über der Kloschüssel fieberhaft an sich herumspielte. Phil hatte die Augen verdreht und war zur Toilettentür gegangen, wo die Polizei stand und zugreifen wollte.
    »Officers«, sagte er und lächelte schief. »Tut mir leid für den Aufwand. Es ist nur ein Kind. Kein Pädophiler, Krimineller oder sonst was.«
    »Sir«, antwortete einer der Uniformierten. »Wir haben einen Anruf wegen obszöner Handlungen in der Öffentlichkeit erhalten und müssen der Sache nachgehen.«
    »Jungs, Jungs, jetzt hört doch mal zu, ich weiß, ihr macht nur euren Job, aber lasst mich vorher mit ihm reden. Sollte irgendwas an der Sache komisch sein, bring ich ihn euch raus. Aber um Himmels willen, wenn die Polizei ihn zur Schnecke macht, nur weil er sich einen von der Palme schüttelt, dann wird sein Schwanz vermutlich den Rest seines Lebens den Dienst verweigern.«
    Die Beamten lenkten ein. Einer lächelte sogar.
    »Danke«, sagte Phil und ging zurück zu den Kabinen. Leise klopfte er an die Tür. »Hey, Junge, mach mal auf.«
    Schweigen.
    Schließlich fragte eine nervöse, etwas heisere Stimme: »Gibt’s irgendein Problem?«
    »Junge, mach auf«, sagte Phil ein wenig lauter.
    Ungefähr eine Minute später linste ein Junge mit hochrotem Kopf zur Tür hinaus. Er sah sogar noch jünger aus als erwartet. Misstrauisch blickte er Phil an, der mindestens fünfzig Zentimeter über ihm aufragte. »Stimmt was nicht? Ich habe nichts angestellt.«
    »Hör mal«, sagte Phil sanft und bemerkte erst jetzt, dass die anderen Toilettenbesucher sie anstarrten. »Weißt du … komm erst mal mit.«
    Sie gingen in eine Ecke des Toilettenraumes, wo Phil sich zu dem Jungen hinabbeugte, um Augenkontakt mit ihm aufnehmen zu können.
    Er weinte. Tränen strömten seine Wangen herab, und sein Gesicht hatte die Farbe Roter Bete angenommen.
    »Jetzt beruhige dich mal wieder. Es ist alles in Ordnung. Aber hör zu, du kannst nicht einfach auf einer öffentlichen Toilette masturbieren. Die Leute dachten, du seiest ein Perverser. Es ist nicht schlimm zu masturbieren, aber mach das bitte zu Hause.«
    »Das mache ich ja«, antwortete der Junge und rieb sich die Augen.
    Phil pflanzte sich vor ihm auf, sodass die Männer an den Pissoirs nicht sehen konnten, dass sein Gegenüber weinte.
    »Ich mache das sonst nur zu Hause!«, stieß der Junge aus. »Aber ich bin hier in den Ferien mit meiner Mom und meinem Dad und meiner Schwester. Wir schlafen alle in einem Hotelzimmer, schon seit vier Tagen, jetzt bin ich zum ersten Mal alleine, ich musste es einfach tun.«
    Phil war völlig verblüfft. Er wischte sich die Stirn ab, und der Junge fuhr fort.
    »Meine Schwester hat ihre Freundin Hayley dabei, ich schlafe neben ihnen auf dem Fußboden und … «
    »Junge«, unterbrach Phil ihn. »Ich will das alles gar nicht wissen. Kein Problem, ich habe schon verstanden. Aber du kannst dir hier trotzdem keinen runterholen. Das geht einfach nicht. Geh jetzt zu deinen Eltern zurück, und schau dir das Spiel an.«
    Normalerweise fing die richtige Arbeit allerdings erst nach Ende des Spiels an. Zu Phils Job gehörte auch, dass er bis spät in die Nacht im Stadion blieb und Protokolle über jeden Einzelnen anfertigte, den der Sicherheitsdienst rausgeschmissen hatte, mit einem besonderen Vermerk für diejenigen, die festgenommen worden waren. Am liebsten schrieb Phil die Begründungen für die Rauswürfe: »Fan pinkelte über das Geländer«, »Tampa-Bay-Fan spuckte auf kleines Kind mit Orioles-Kappe«, »Männlicher Blue-Jays-Fan belästigte Orioles-Fan sexuell«. Immer wenn er diese Sachen aufschrieb, wurde ihm bewusst, wie lächerlich die Leute sich benahmen, sobald sie etwas getrunken hatten.
    Phil hätte nie gedacht, dass er mit Ende dreißig immer noch im Stadion arbeiten würde, doch was einst als ein Sommerjob während des Colleges begonnen hatte, war zu

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