Besser so als anders
Frisbee spielte. Er hatte immer gehofft, eines Tages mit ihr ins Gespräch zu kommen und sie dann dem bärtigen Frisbeespieler auszuspannen. Er hielt Elizabeth oft die Haustür auf, wusste aber nicht, wie er eine Unterhaltung beginnen sollte.
Doch schließlich hatte sich vor zwei Jahren, am Freitag nach Thanksgiving, als das Gebäude wie ausgestorben war, die Gelegenheit ergeben. Ein Geschenk des Himmels, wie Phil Freunden gegenüber danach gern sagte. Seine Wohnanlage lag in der Nähe des Universitätsklinikums und wurde vorwiegend von Hochschulabsolventen bewohnt, die über die Feiertage zu ihren Familien fuhren. Gegen elf Uhr abends, lange nachdem Phil sein Essen aufgewärmt und die Reste des versalzenen Truthahns verzehrt hatte, die seine Mutter ihm am Abend zuvor mitgegeben hatte, hörte er ein leises Klopfen an der Tür. Er öffnete sie, und eine zitternde, blasse Elizabeth stand vor ihm. Sie lehnte an der Flurwand, lächelte höflich und hielt sich dabei vor Schmerz den Bauch.
»Ich bin Elizabeth von nebenan«, sagte sie und sah ihn mit geröteten, blutunterlaufenen Augen an. »Irgendwas stimmt nicht mit mir. Wahrscheinlich bin ich krank. Würden Sie bitte Hilfe für mich holen?«
Schnell nahm Phil Elizabeths Hand und führte sie zum Sofa, wo sie sich hinlegte und ihre Füße auf einen dünnen Stapel Sportmagazine fallen ließ, der auf dem Couchtisch lag und Staub anzog.
»Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?«, fragte Phil wie unter Schock, bewegte sich nicht vom Sofa weg und sah auf seine Patientin hinab, die nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen unerträgliche Schmerzen haben musste. »Haben Sie eine Ahnung, was Ihnen fehlt?«
»Wie fühlt es sich an, wenn der Blinddarm raus muss?«, fragte Elizabeth zurück. »Ich habe das Gefühl, mein Bauch explodiert gleich.«
Einen Moment lang genoss Phil den Adrenalinschub. Einerseits hatte er panische Angst, Elizabeth könnte ihm auf dem Sofa wegsterben. Doch gleichzeitig fühlte er sich beschwingt, als wögen seine sonst so schweren Füßen plötzlich leichter, denn das hier war das Beste, was ihm in den letzten sechs Monaten widerfahren war. So lange war es nämlich her, seit ein Mädchen auf seiner Couch gelegen hatte. Und das hier war nicht irgendein Mädchen: Es war Elizabeth, seine geheimnisvolle Nachbarin, die er so gerne geküsst hätte, wenn sie ihr Fahrrad am Pfosten im Eingangsbereich festmachte.
Er liebte ihre zierliche Figur. Sie wog bestimmt nicht mehr als achtundvierzig Kilo. Er stellte sich gerne vor, wie sie nackt dalagen und sie sich wie ein Bärenjunges an ihn schmiegte. Wenn er diesen Gedanken nachhing, sah er sich selbst ohne Brustbehaarung, aber mit gut trainiertem Sixpack, im Gegensatz zu seinem aktuellen Fourpack, das zu einem Twopack zu werden drohte, wenn er weiterhin so viele Erdnussbuttersandwiches aß.
Bislang war das alles nur Träumerei gewesen, doch jetzt lag sie mit geschlossenen Augen und zitternd vor Angst auf dem Rücken auf seiner Couch und brauchte seine Hilfe – das Bärenjunge war zum Leben erwacht.
»Ich glaube, ich muss ins Krankenhaus«, stöhnte Elizabeth und holte Phil abrupt zurück in die Realität. Sie stützte sich auf die Armlehne des Sofas und erhob sich langsam. Dann ging sie zur Tür und bedeutete Phil mitzukommen. Er griff nach den Autoschlüsseln, folgte ihr auf den Flur und wartete vor ihrer Wohnung, bis sie ihre Jacke und ihren Geldbeutel geholt hatte.
Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte nicht lange; die Notaufnahme lag gleich am Ende der Straße. Elizabeth hielt während der kurzen Fahrt die Augen geschlossen und die Hände auf den Bauch gepresst. Als sie vor der Notaufnahme ankamen, brachte man sie auf einer Trage weg, während Phil von einer Krankenschwester getröstet wurde, die dachte, er wäre Elizabeths Freund. Er übernahm stolz die Verantwortung für sie, beantwortete so viele Fragen wie möglich und tat so, als wüsste er viel mehr über seine Nachbarin, als es tatsächlich der Fall war.
Dann saß er im Wartezimmer und las Zeitschriften, bis ihn die Krankenschwester zur Seite nahm und ihm erklärte, Elizabeth habe eine ernsthafte Niereninfektion, die schon vor Tagen hätte behandelt werden müssen. Die Infektion könne mit Antibiotika auskuriert werden, sie müsse jedoch die restliche Nacht im Krankenhaus verbringen. Er könne sie am nächsten Morgen abholen. Die Krankenschwester bat ihn, sich den Samstag frei zu halten, um nach ihr zu sehen.
Die Bitte freute Phil. Bevor er das
Weitere Kostenlose Bücher