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Besser so als anders

Besser so als anders

Titel: Besser so als anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Goldstein
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Sex sich nicht für Möbel eignete. Dazu war der Boden besser. Dorthin würde jedenfalls V. C. Andrews in seinen Romanen das Ganze verlagern. Sie ließen sich auf den Boden vor der Couch nieder und zogen nur das aus, was nötig war, um loszulegen: sie die Schuhe, die Strumpfhose und ihren Slip, er seine Hose und die Boxershorts. Er hatte ein Kondom in seinem Geldbeutel.
    Klar, dachte Vicki sich und stellte sich vor, dass Typen wie Jimmy Fee allzeit für Sex bereit waren, vermutlich weil es oft genug Gelegenheit dazu gab, in Dachgeschossen, an Bushaltestellen, in Badezimmern und vielleicht sogar in Flugzeugen.
    Anfangs starrte Vicki an die Decke und fragte sich, wie sie es so weit hatte kommen lassen können. Das letzte Mal, dass sie in eine derartige Lage geraten war, war nicht mal ein richtiges Date gewesen. Sie war in der Oberstufe am College und hatte es in einer Gemeinschaftseinrichtung abseits des Campus getrieben. Damals hatte sie eine kurzzeitige Trennung von Rich genutzt, um mit einem Grafikstudenten zu schlafen, mit dem sie danach nie wieder ein Wort gewechselt hatte. Mike Chadwick hieß er. Oder war es Steve Chadwick gewesen? Sie erinnerte sich nicht mehr an den Namen des Typs, nur daran, dass er Tigger aus Winnie the Pooh auf seine Schulter tätowiert hatte.
    »Alter«, keuchte Jimmy, während Vicki ihren letzten One-Night-Stand mit diesem verglich. Jener war chaotisch und unbefriedigend gewesen. Sie und Rich waren damals gerade zerstritten, sie hatte sich aber dennoch schuldig gefühlt. Doch in diesem Turm des Country Clubs fühlte sich der Sex richtig gut an. Vicki war nicht mehr die Collegestudentin und auch nicht mehr die neu zugezogene, erfolgreiche, aber depressive New Yorkerin, die den Großteil des Jahres damit verbrachte, in Hotelketten Kabelfernsehen zu schauen. Sie fühlte sich nicht wie die Frau, die in eine Lampe starrte, um ihren Verstand nicht zu verlieren. In Jimmy Fees Armen auf dem Boden eines neugotischen Turms fühlte Vicki sich wie eine von V. C. Andrews ’ Heldinnen. Sie fühlte sich begehrt.
    Vicki stöhnte dramatisch auf und hätte fast lachen müssen, als Jimmy sich über ihr auf und ab bewegte, abgestützt auf seine Arme, die Hände flach neben ihren Ohren auf dem Boden. Sein dunkles Haar fiel über ihre Augen, und mit seinen schlanken, muskulösen Armen, die fast alles waren, was Vicki in der Dunkelheit von ihm sehen konnte, war Jimmy der personifizierte Bösewicht ihres Lieblingsschriftstellers – attraktiv, verwegen und sexuell aufgeheizt durch eine verbotene Konstellation.
    »Was ist denn so lustig?«, fragte er keuchend.
    »Nichts«, stöhnte sie, ebenfalls außer Atem. »Tut mir leid«, sagte sie dann, bevor sie sich ihren langjährigen Traum erfüllte und ihre Nägel in Jimmys Rücken grub.
    »Verdammte Scheiße!«, schrie er erstaunt und erfreut zugleich.
    Nur ein paar Sekunden später wurde sie von einem brutalen, grell fluoreszierenden Licht geblendet.

J oe
    J oe schämte sich, dass er so laut schnaufte. Er war durchaus in Form – genau genommen war er heute besser trainiert als noch mit zwanzig oder dreißig – , da er aber die Wendeltreppe hinaufgerannt war, hatte ihn das aus der Puste gebracht. Außerdem gab ihm der Anblick des Geschlechtsaktes auf dem Boden das Gefühl, als hätten sich seine Lungen mit Wasser gefüllt.
    Joe war zum Turm gelaufen, als Vicki nach zwanzig Minuten noch immer nicht zum Zelt zurückgekehrt war. Sie war losgegangen, um Hannahs Sachen aus dem Turm zu holen, und wollte so schnell wie möglich wieder zurückkommen, und dafür hätte sie nicht länger als fünf oder zehn Minuten gebraucht, selbst wenn sie noch auf die Toilette gegangen wäre. Joe und Bee überlegten, ob ihr etwas zugestoßen sein könnte. Vielleicht war Vicki über ihre Absätze gestolpert oder mit Hannahs Gepäck die Wendeltreppe heruntergefallen? Draußen vor dem Zelt war es fast stockdunkel, selbst vor dem Mond lag ein dünner Nebelschleier. Es könnte doch sein, dass Vicki sich verletzt hatte und darauf wartete, dass ihr irgendjemand zu Hilfe kam. Er hätte sie nicht allein losschicken dürfen, dachte Joe, als er mit Bee aus dem Zelt rannte, um Vicki zu suchen.
    Er malte sich aus, Vicki mit verrenktem Knöchel auf dem Rasen vorzufinden. In seiner Fantasie trug er sie zum Wagen und brachte sie dann auf sein Hotelzimmer, wo sie sich unter dem schrecklichen Gemälde der Kapelle der Marineakademie, das nur ein paar Zentimeter über den Kissen hing, lieben würden.
    Joe

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