Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
wegziehen«, sagte ich. »Warum?« fragte sie, »hier ist's doch ganz nett.«
»Für ein heranwachsendes Kind ist's nicht die richtige Umgebung, besonders, wenn du dir eine bessere leisten kannst«, sagte ich zuversichtlich. »Wir wollen uns ein Heim suchen, in dem wir frische Luft und viel Sonnenschein haben.«
Sie lehnte sich in die Kissen zurück. »Solche Wohnungen sind zu teuer«, protestierte sie nur schwach, »und du weißt, wie schwer sie zu bekommen sind. Außerdem mußt du jetzt für jede
Wohnung Schleichhandelspreise bezahlen.«
»Wer hat von einer Wohnung gesprochen?« fragte ich, »ich werde ein Haus kaufen!«
»Ein Haus?!« Jetzt war es an ihr, erstaunt zu sein. »Das kommt überhaupt nicht in Frage, ist ja viel zu teuer. Ich möchte lieber hierbleiben und das Geld sparen.«
»Zum Teufel damit!« sagte ich entschieden. »Wozu mache ich denn das Geld, wenn nicht für dich und... unser Kind?«
13
Die drückende Augustsonne brannte mir auf Hals und Schultern und preßte mir den letzten Schweißtropfen ab, während ich mich in meinen Wagen setzte und die Zündung einschaltete. Ich drückte auf den Anlasser. Der Motor spuckte und starb ab. Ich zog den Choke heraus, dann drückte ich wieder auf den Anlasser. Der Motor hustete, begann sich langsam in Schwung zu setzen, dann spuckte er wieder und starb schließlich ab. Ich blickte auf das Armaturenbrett. Die Nadel des Amperemeter zitterte über >entladen<. Ich drückte nochmals auf den Anlasser, aber es war zwecklos, die Batterie war leer. Resigniert schaltete ich die Zündung aus und stieg aus dem Wagen. Ich starrte das Auto an, als hätte es mich verraten. Ich fluchte leise vor mich hin. Ich hatte Nellie versprochen, früher nach Hause zu kommen.
Ich sah auf meine Uhr. Halb fünf. Es würde eine Stunde dauern, bis die Batterie wieder aufgeladen oder ersetzt ist, und Nellie wäre fuchsteufelswild. Ich sperrte den Wagen ab und machte mich auf den Weg zur U-Bahn. Die nächste Station war sechs Häuserblocks weit, und ich schwitzte jämmerlich, als ich sie endlich erreichte. Ich ließ meine fünf Cent in das Drehkreuz fallen und ging auf den Bahnsteig hinunter.
Als ich ihn erreicht hatte, fühlte ich, wie durstig ich war. Ich sah mich nach einem Zeitungsstand um, da einige von ihnen auch Coca-Cola verkauften. In meiner augenblicklichen Verfassung würde mir so ein Trunk wahrhaftig guttun. Am entferntesten Ende des Bahnsteigs befand sich ein Stand und ich hatte bereits die Hälfte des Weges zurückgelegt, ehe ich bemerkte, daß er geschlossen war. Ich blieb enttäuscht stehen. Nichts glückte mir an diesem Nachmittag. Zuerst hatte mir der Wagen diesen üblen Streich gespielt, und jetzt konnte ich nicht einmal ein Getränk bekommen. Durch die Enttäuschung angefacht, quälte mich der Durst ärger denn je. Ich fischte in meiner Tasche nach einem Penny und warf ihn in den Kaugummiautomaten. Vielleicht würde mir ein Stück Kaugummi ein wenig helfen. Ein Zug fuhr donnernd in die Station ein, ich bestieg ihn und betrachtete müßig die übrigen Passagiere. Ihre Gesichter glänzten durch die feuchte Hitze schweißnaß und gespenstisch in dem gelben Licht.
Nach kurzer Zeit begann mich auch das zu langweilen. Ich wünschte mir, ich hätte eine Zeitung gekauft, denn alle Gesichter sahen hier in der U-Bahn völlig gleich aus: stumpf, müde und ausdruckslos. Es war ihnen allen wahrscheinlich ebenso heiß wie mir, sie litten an Durst wie ich und fühlten sich ebenso unbehaglich. Ich begann die Plakate zu studieren, die seitlich im Wagen über meinem Kopf angebracht waren. Als erstes bemerkte ich eine Coca-Cola-Reklame. Es war das bekannte Bild des hübschen lächelnden Mädels. Sie sah frisch und kühl aus, und hinter ihr sah man den üblichen blaugrünen Eisblock. In der Hand hielt sie eine Flasche Coca-Cola, und darunter standen die wohlvertrauten Worte: >DIE PAUSE, die erfrischt. < Der Mund wässerte mir. Plötzlich war der Kaugummi trocken und geschmacklos. Es ist ein teuflischer Spaß, wenn man vor Durst verschmachtet, ein solches Bild ansehen zu müssen. Es ist ein verdammter Hohn!
Der Zug war wieder stehengeblieben, und ich sah aus dem Fenster. Ein Mann warf eine Münze in den Kaugummiautomaten. Sein Gesicht war glühendrot und von der Hitze aufgedunsen. Ich hörte, wie die Münze, während der Mann am Griff zog, klirrend hinunterfiel.
Die Türen schlossen sich abermals, und ich sah wieder zu dem Coca-Cola-Plakat hinauf. Zum Teufel mit den
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