Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Maul, Danny!« Seine Stimme war rauh.
Unsre Schritte dröhnten auf den hölzernen Stufen der Hotelveranda; wir schritten weiter bis zur Theke des Verkaufspavillons. Ich griff nach der Abrechnung. »Sowie ich den Bericht für dich abgeschlossen habe, reise ich ab«, sagte ich steif.
Er starrte mich gedankenvoll an. »Weshalb?« fragte er.
Ich war überrascht. »Du weißt, weshalb«, erwiderte ich.
Er lächelte, streckte plötzlich die Hand aus und fuhr mir durchs Haar. »Reg dich nicht auf, Champ! Niemand hat was von deinem Fortgehn gesagt.«
»Aber, Sam.«
»Aber, zum Teufel!« Er lachte hellauf. »Ich konnte nicht erwarten, daß du ewig ein Unschuldslamm bleibst. Übrigens -vielleicht hast du mir sogar einen Gefallen getan.«
Nach dem Labor Day fuhr ich mit sechshundert Dollar in der Tasche wieder nach Hause. Ich legte das Geld auf den Küchentisch und fühlte mich dabei fast wie ein Fremder. Der Sommer hatte uns alle sehr verändert.
Ich war enorm gewachsen und jetzt um einen Kopf größer als Papa und Mama. Sie reichten mir nicht einmal mehr bis zu den Schultern. Sie schienen auf unerklärliche Weise zusammengeschrumpft. Beide waren seit dem Frühjahr stark abgemagert. Papas normalerweise rundliche Wangen waren hohl und unter den Augen hatte er völlig ungewohnte bläuliche Ringe. Und Mamas Haar war ganz grau geworden. Diesmal machten sie nicht einmal den Versuch, wegen des Geldes einen falschen Schein zu erwecken. Sie brauchten es zu dringend.
Wir sprachen bei dem ersten gemeinsamen Abendessen über vieles. gewisse Dinge blieben aber ungesagt. Es war besser so. Es hatte keinen Sinn, über etwas zu sprechen, was wir alle bereits wußten. Es war von unsern Gesichtern abzulesen, aus der Art, wie wir sprachen und uns betrugen.
Nach dem Abendessen ging ich auf die Veranda und setzte mich auf die Stufen. Rexie kam mir nachgelaufen und legte sich zu mir. Ich kraulte sie am Ohr. »Hast du mich vermißt, Mädel?« fragte ich leise. Sie wedelte mit dem Schwanz und legte ihren Kopf auf mein Knie. Sie hatte mich bestimmt vermißt. Sie war glücklich, daß ich wieder zu Hause war.
Ich sah auf die Straße. Auch sie hatte sich im Laufe des Sommers verändert. Sie war geteert worden, und die
Asphaltdecke verlieh ihr ein neues, gepflegteres Aussehen.
Mimi kam zu mir heraus und setzte sich neben mich auf die Stufen. Wir saßen lange, ohne etwas zu sagen. Der fette Freddie Conlon kam aus seinem Haus und rief mir einen Gruß zu, als er mich erkannte.
Ich winkte mit der Hand und sah ihm nach, während er den Häuserblock hinunterging.
Schließlich begann Mimi zu sprechen. »Marjorie Ann hat sich im Sommer verlobt.« Sie sah mich dabei aufmerksam an. »So?« sagte ich gleichgültig. Sie bedeutete mir nichts. Sie gehörte zu meinen Kindertagen.
»Mit einem Polizisten«, fuhr Mimi fort. »Sie heiratet im Januar, gleich nach der Reifeprüfung. Er ist bedeutend älter als sie, er ist schon in den Dreißigern.«
Ich sah sie jetzt auch an. »Wozu erzählst du mir das alles?« fragte ich rundheraus.
Sie wurde rot. »Ich wollte dir bloß die Neuigkeiten berichten, die sich im Sommer hier ereignet haben«, sagte sie abwehrend. Ich wandte mich wieder der Straße zu. »Na und?« fragte ich ruhig. Darin hatte sich wenigstens nichts geändert. Kaum war ich einige Stunden zurück, hatte ich mit Mimi schon wieder Krach. Ihre Stimme wurde hart und nahm eine häßliche Schärfe an. »Ich dachte, du hast Marjorie Ann gern.« Ich lachte beinahe heraus. »Wie kommst du darauf?« Sie sah Rexie an, die zwischen uns lag und streichelte ihren Kopf. »Ich dachte, du warst in sie verliebt. Sie hat mir erzählt.«
»Was hat sie dir erzählt?« unterbrach ich sie. In stummem Zweikampf starrten wir einander an. Sie senkte den Blick, während ich sie noch immer, ohne zu blinzeln, mit weitgeöffneten Augen ansah.
»Sie. sie hat mir gesagt, daß du Dinge mit ihr getrieben hast«, stotterte sie.
»Was für Dinge?« fragte ich beharrlich.
»Ach, eben Dinge, die man nicht tun darf«, sagte sie und betrachtete aufmerksam ihren Nagellack. »Nachdem du im Juni weggefahren warst, hat sie mir gesagt, sie hat Angst, ein Baby zu bekommen.« Plötzlich mußte ich lachen. »Die ist ja verrückt!« platzte ich heraus. »Ich hab sie doch nie berührt.«
Mimi sah sehr erleichtert aus. »Ist das wirklich wahr, Danny?« Ich lachte noch immer. Ich erinnerte mich an das, was sich dort oben auf dem Land ereignet hatte. Marjorie Ann ist ein verdrehtes
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