Besser
gegen meinen Schenkel schlägt. Das ist jetzt einfach so. Später wird es mir leid tun, schlechtes Gewissen wird mich überrollen wie ein Gewitter eine Sommerlandschaft, ich werde ihn hochheben und in meine Arme klammern, ich werde ihn drücken und küssen und streicheln, ich werde ihm süße und lustige Dinge ins Ohr flüstern und seinen Rücken kitzeln, wie er es gern hat. Ich werde mich daran erinnern, wie er damals im Gras lag, nass, blass und fast schon ohne Leben. Ich werde ihn drücken und ihn liebhaben wie nichts und niemanden sonst auf der Welt, aber jetzt nicht, jetzt gerade nicht.
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Fünf
Etwas Derartiges wie eine Glücksunterhose existiert nicht.
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Sechs
In der Nacht erwache ich aus einem Traum, in dem die Kinder kleine, hell gemusterte Katzen herumtrugen, in jeder Hand drei, und er sagte, nach der langen Zeit mit mir brauche er jetzt mal ein blondes Mädchen. Ein sonniges, blondes, unkompliziertes Mädchen, und im Traum fand ich das okay. Im Traum konnte ich es verstehen, aber als ich langsam aufwache, fühle ich mich einsam und gedemütigt. Ich bin nicht blond, nicht in Wirklichkeit, und im Traum wusste er das. Ich bin jetzt nett, ich kann jetzt nett sein und lustig und ausgelassen, aber mein Blond leuchtet nicht, es ist stumpf und ernst und streng. Mein Blond ist nicht echt. Die Kinder und die Katzen verschwinden, der Zusammenhang verschwindet, aber was er gesagt hat, bleibt, schwappt in den Tag hinein, wird mir den Tag kontaminieren. Immerhin, es war kein Traum, in dem eine Frau in ihrem Blut liegt, eine alte, graue Frau mit straffem Haar, mit Augen, die sagen, hilf mir. Es war nicht dieser Traum. Dennoch. Es kribbelt in meinen Armen und Beinen, was bedeutet das, bedeutet das schlechtes Karma, Krankheit und Tod, oder bedeutet es einfach nur ganz banal, dass ich Gewicht verliere, was ich gut finde, aber nicht sollte.
Adam schläft neben mir, mit einem leisen, zufriedenen Grunzen, und ich strecke und biege meine Finger und das Kribbeln hört nicht auf. Als ich letztes Mal schwanger war, spürte ich auch dieses Kribbeln in den Händen, es wurde immer schlimmer, am Ende musste ich Schienen tragen, und als Juri endlich da war, der kräftige kleine Juri, konnte ich ihn kaum aus dem Gitterbett heben. Es ist zu kalt im Zimmer. Ich bin nicht schwanger, ich kann gar nicht schwanger sein. Vielleicht liegt es daran, dass es in diesem Zimmer immer zu kalt ist. Ich habe es gern warm, ich ertrage keine Kälte mehr, ich brauche es warm. Aber Adam kann nicht schlafen, wenn es warm ist, und ich kann nicht schlafen, wenn Adam nicht schläft. Und wachliegen kann ich dann auch nicht. Wenn man schon jede Nacht eine, zwei, drei Stunden mit der Schlaflosigkeit verhandelt, dann will man dabei wenigstens für sich sein, ungestört, unberührt, unbeschlafen. Sie ist nicht immer feindlich, die Schlaflosigkeit. Manchmal ist die Schlaflosigkeit eine Erleichterung, ich stoße durch eine Wand aus einem kalten, blauen Traum, ich wache auf und lande unvermutet in einem Gefühl flauschiger Geborgenheit, und während ich langsam zu mir komme, wird mir klar, dass dieses Gefühl nicht erträumt oder eingebildet, sondern real ist, mein Leben. Dass ich hier in einem warmen, sicheren Nest liege, neben einem warmen Mann, mit friedlich schlafenden Kindern nebenan.
In manchen, besonderen Nächten werde ich nicht ganz wach, sondern dämmere dahin in einem Zustand der Halbwachheit, in den man ohne Drogen nur ganz selten gelangt, und wenn, dann meistens nur für einen wackligen Augenblick, der in dem Moment vergeht, in dem man ihn identifiziert. Wenn man kapiert, das ist so ein Moment, ist er auch schon vorbei. Es sind diese Momente, wegen denen ich am Heroin fast verreckt wäre, weil es damals in meinem Leben, in meinem wachen, klaren Leben keine auch nur annähernd so guten Momente gab wie den, in dem das Heroin durch dein System rast und deine Angst lahmlegt und dich in einen Zustand vollkommener Ruhe und Wunschlosigkeit versetzt. Und obwohl es so lange her ist, und obwohl es in meinem neuen Leben auch im Zustand der Wachheit gute, ja viel bessere Augenblicke und Gefühle gibt, vermisse ich noch immer genau diesen Zustand. Nicht so sehr den Rausch, das Wegdriften, nicht das Hinabgleiten in die Gelassenheit, ja, das auch. Aber viel mehr noch dieses stabile Schweben zwischen Wachheit und Schlaf, in dem das Leben nicht nur aus Fakten und harten, greifbaren Tatsachen besteht, sondern sich
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