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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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Fliesen zu dieser Tür hinübergehen würdest, diese eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht (vier mal zwei) Schritte nicht machen und nicht an dieser braunen, immer wieder, aber jetzt schon lange nicht mehr lackierten Tür stehen würdest, vor einem uralten, abgetretenen Fußabstreifer, auf dem WILLKOMMEN steht. Willkommen in der Scheiße. Willkommen in deinem alten Leben. Wenn du … Und jetzt zwitschert dein iPhone, es zwitschert das «Elena-Kindergarten»-Alarm-Gezwitscher, und für einen Moment stehst du starr und spürst nur, wie deine beiden Welten kollidieren, eine Zehntelsekunde lang nur, und als das Beben verebbt, drehst du dich um und gehst, dein iPhone aus der Tasche fischend, von der Tür weg. Um die Ecke, die Treppe hinunter, du nimmst das Handy ans Ohr und sagst «Ja, Pollak?», du hörst die Kindergärtnerin guten Tag sagen, und dass Elena sich übergeben hat, und gleichzeitig hörst du weiter oben einen Schlüssel sich in einem Schloss drehen, eine Tür aufgehen, Schritte im Flur, eins, zwei, drei, vier.
    Du fängst an zu laufen, immer schneller, rennst du die Treppe hinab auf deinen Stöckeln und mit dem iPhone am Ohr, du sagst «ja, bitte» in die Ohrenbetäubnis deines Gestöckels hinein, während du gleichzeitig zu erlauschen versuchst, ob er dir folgt, dir nachläuft, um dich zu holen, dahin, wo du hingehörst. Du läufst. Du rennst. Du hörst, wie der Lift sich in Bewegung setzt, und du rennst noch schneller, viel zu schnell für diese Schuhe rennst du mit einer Hand am Geländer die gewundene Treppe hinunter, und du hörst den Lift surren und das Licht im Treppenhaus geht mit einem Knacken aus, und du rennst weiter das fast dunkle Treppenhaus hinunter, und der Aufzug surrt und wenn du jetzt stürzt, ist es aus mit dir, und du hörst die Kindergärtnerin im Telefon sagen, dass Elena matt und blass auf dem Sofa liegt, und du hörst dich keuchen, dass du sie abholen kommst, jetzt gleich, du bist eh gerade unterwegs, du bist in zehn Minuten da, und du rennst um noch eine Kurve, dann ist die Treppe zu Ende und du siehst helles Tageslicht durch eine gläserne Schwingtür fallen, und du hörst den Fahrstuhl, und du rennst auf die Schwingtür zu, drückst sie mit voller Kraft auf und rennst an Fahrrädern vorbei weiter zum Haustor, das massiv ist und sehr schwer, du hängst dich mit deinem ganzen Körpergewicht an den Türgriff und du ziehst das Tor auf, und du hörst Schritte hinter dir, eins, zwei, und du rennst hinaus und du rennst noch, als du schon ein paar Blöcke entfernt und zweimal um die Ecke bist und erst dann bleibst du stehen. Das Telefon in deiner Hand ist noch immer an, aber es ist niemand mehr dran. Du drehst dich um, aber es ist keiner hinter dir her. Du gehst weiter, und du winkst dir ein Taxi heran, und du lässt dich ins Taxi fallen und nennst die Adresse von Elenas Kindergarten und du fängst an zu weinen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Elf
    «Und?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Ich fand’s eh schön.»
    «Schön? Ich weiß nicht.»
    «Ja nett halt. Die Direktorin wirkte auch okay.»
    «Mir war sie nicht so besonders sympathisch.»
    «Du magst keine Hennaroten.»
    «Nicht deswegen! Sie war so … Ich weiß nicht.»
    «Das ist bestechend und geradlinig argumentiert. Alles klar.»
    «Ach, was. Bestell mir bitte einen Caffè Latte. Ich muss aufs Klo. Und ein Glas Wasser dazu.»
    Es ist ein schäbiges, kleines Espresso, in das wir geraten sind, ich war vorher noch nie hier. Wäre es nicht schäbig, würde es nicht Espresso heißen, dann hieße es Café. Es ist aber ausdrücklich ein Espresso, mit trotzigem Stolz, es will ein Espresso sein, ein altmodischer, nachts garantiert flackernder Neonschriftzug zeichnet es explizit als Espresso aus. Die Fliesen sind hellbraun, die Fugen schwarz, das Resopal der kleinen Tische und der Bar ist dunkelbraun, die Kellnerin ist blondiert und hat einen fetten Arsch, genau wie es sich gehört. Nur dass, als ich von der Toilette mit der beigen Klobrille zurückkomme, tatsächlich ein Latte auf dem Tisch steht. Ein Espresso, das etwas auf sich hält, führt keinen Latte, in einem echten Espresso bekommst du, wenn du einen Latte bestellst, eine wässrige Melange, und wenn du einen Cappuccino bestellst, bekommst du eine wässrige Melange mit etwas Ovomaltine drauf. Das hier ist eindeutig ein Latte. Und er ist gut, schaumig, heiß, mild und stark. Vor Adam steht eine Melange, sie sieht wässrig aus, Adam rührt misstrauisch und mit saurem Blick darin

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