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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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verhüllte. Sein Blick verriet weder Überraschung noch Betroffenheit, woraus ich schloss, dass einen alten Hasen wie ihn nichts mehr schrecken konnte.
    »Du meine Güte«, stöhnte Folger beim Anblick der Leiche. »Sagen Sie mir, dass ich träume, dass da draußen kein wahnsinniger Schlächter herumläuft.«
    »Die Abtrennung des Kopfes könnte auf den Versuch einer Entpersonalisierung hindeuten«, versuchte ich mich nützlich zu machen. »Und indem der Täter ihn anschließend in den Bauch steckt, will er vielleicht seine Macht demonstrieren: Seht, wozu ich imstande bin. Oder es könnte …«
    Folger wirbelte zu mir herum. »Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen?« Sie holte Luft, verzog die Nase und versuchte, durch Wedeln ihrer Hand meine Ausdünstungen zu vertreiben. »Herrje, gibt es denn da unten, wo Sie leben, weder Seife noch Deo?«
    »Ich habe Detective Ryder gerufen, Lieutenant«, sagte Waltz. »Bei seiner Erfahrung mit Geisteskranken dachte ich, er würde …«
    »Er ist hier überflüssig«, meinte sie. »Setzen Sie ihn in einen Bus und schicken Sie ihn nach Hause.«
    Bullard hielt seine Nase zu und lachte gurgelnd. »Vielleicht sollte man ihn vorher mit etwas einsprühen.«
    »Haben Sie sich einen Überblick verschafft, Detective?«, fragte Waltz und warf mir einen Blick zu, der mir signalisierte, dass er wusste, dass dem nicht so war, er diesmal jedoch klein beigeben musste. Um den Frieden zu wahren, nickte ich, und wir gingen nach draußen. Inzwischen standen drei Streifenwagen, ein Krankenwagen, der Van von der Spurensicherung, ein Befehlskraftwagen als eine Art mobile Einsatzzentrale und Waltz’ verbeulter blauer Chevy Impala auf der Straße. Die Gegend war mit gelbem Absperrband gesichert. Cargyle, der Mitarbeiter des Technischen Dienstes, stürmte mit dem Handy am Ohr und einer schweren Schultertasche an uns vorbei.
    »Sieht ganz so aus, als würden Ihre Leute jetzt so richtig loslegen, Shelly. Ich nehme mir besser ein Taxi und haue ab.«
    »Eine Frage noch, Detective. Die Augen der beiden Opfer. Was halten Sie davon?«
    »Sie spielen darauf an, dass sie offen sind?«, hakte ich nach. »Nicht geschlossen, zugedeckt oder verstümmelt?«
    »Genau.«
    »Er schämt sich nicht für das, was er tut, Shelly. Meiner Meinung nach erfüllt es ihn mit Stolz, wenn seine Opfer ihm bei der Arbeit zuschauen.«
    Waltz nickte traurig und wurde so blass wie ein Mann, der vom Blitz getroffen wurde – was auch der Wahrheit entsprach, denn als ich mich umdrehte, sah ich ganz in der Nähe einen Fotografen mit Kamera und Blitzlicht. Blitz.
    »He, Detective Waltz, was ist da denn los? Wer ist das Opfer?«
    Blitz. Blitz.
    Ich sah blaue, durch die Luft schwirrende Quadrate. Waltz bedeutete einem Streifenpolizisten, den Fotografen fortzuschaffen. Der kleine Bursche mit den Plattfüßen entfernte sich, grinste über beide Ohren und hielt die Hände hoch, um zu zeigen, dass er sich geschlagen gab. Alles an dem Mann war rund – Gesicht, Bauch und Hintern.
    Ich blickte zu Waltz hinüber. »Ein Vertreter der vierten Macht im Staat?«
    »Dieses Stück wandelnde Scheiße ist der berüchtigte Benny Mac. Ein gefeierter Schmierfink vom New York Watcher. Das ist ein Blatt für Menschen, die nicht gern lesen. Und morgen sind wir auf der Titelseite, es sei denn, er findet etwas, was er für wichtiger hält, beispielsweise einen Promi, der betrunken Auto fährt. Oder eine Katze, die sich auf ein richtiges Klo setzt.«
    Ich beobachtete, wie der Bursche die Straße überquerte und einen Arm hochriss wie ein Imperator, der dem Volk zuwinkt. Einen Straßenblock weiter unten sprang ein Motor an und ein in zweiter Reihe parkender Hummer raste zu Benny Mac. Der Journalist stieg ein, brüllte seinem Fahrer etwas zu, fuhr davon und grinste dabei süffisant aus dem Fenster.

KAPITEL 4
    »Miiister Ryder? Zimmerservice. Ich bringe Ihnen das Frühstück.«
    Die Stimme mit spanischem Akzent und das Türklopfen ertönten gleich neben meinem Ohr. Ich spürte etwas Hartes an meiner Nase, etwas Grobkörniges unter meiner Wange.
    »Miiister Ryder?«
    Schlagartig öffnete ich die Augen. Ich lag auf dem Boden neben der Tür, meine Nase auf den Holzdielen, die Wange auf dem Teppich. Gerade hatte ich noch geträumt.
    »Eine Minute«, murmelte ich und richtete mich auf. »Bin gleich so weit.«
    Zwischen Bett und Tür lagen Bettdecke, Laken und Kissen. Mehrmals pro Jahr quälten mich Träume, die so grauenvoll waren, dass ich im Schlaf versuchte, vor ihnen

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