Bestialisch
Äonen für dich ausgedacht hat. Eine Aufgabe, die nur für dich bestimmt ist.«
Verdammt, die Jungs fahren echt auf Aufgaben ab, dachte Jeremy. Vor lauter Freude schlug sein Herz etwas schneller. Ihr ganzes Leben lang warteten sie auf irgendeine Scheiß-Aufgabe, konnten es gar nicht erwarten, sie endlich zu erledigen. Man musste sie nur richtig heißmachen und ihnen sagen, was sie tun sollten.
»Was erwartet der dunkle Meister von mir?«, fragte der Mann mit Freudentränen in den Augen.
Jeremy griff in seine Tasche. »Das hier ist ein Spezialtelefon. Wenn die Zeit reif ist, erfährst du, was er von dir erwartet. Dieses Telefon darfst du weder benutzen noch verlieren. Es ist deine Verbindung zu ihm.«
Der Mann legte das Prepaidhandy in die hohle Hand und neigte den Kopf. »Ich gelobe, mich daran zu halten, im Namen des heiligen Asmodäus.«
Jeremy gab ihm auch noch fünf Krügerrands. »Gold. Damit du alles kaufen kannst, was nötig ist, um deine Pflicht zu erfüllen. Die Münzen darfst du niemandem zeigen. Kannst du sie irgendwo verstecken?«
Die Finger schlossen sich um das Handy und die Münzen. Der Mann deutete auf seinen Unterbauch.
Jeremy nickte. »Knie hin und lass mich dich von deinen Sünden reinigen.«
Der Mann fiel auf die Knie. Sechsmal tippte Jeremy mit dem Finger auf seine verschwitzte, tätowierte Schulter und intonierte weiteren Unsinn. Der Mann bebte, als stünde er kurz vor einem Orgasmus.
»Danke«, wisperte er. »Danke.«
Jeremy machte auf dem Absatz kehrt und ging weg. Erst als der Mann ihn nicht mehr sehen konnte, schnitt er eine Grimasse und wischte seinen Finger an der Hose ab. Er überquerte mehrere Straßen und winkte ein Taxi heran. Obwohl er noch eine Menge zu erledigen hatte, beschloss er, den restlichen Abend freizunehmen und sich zu vergnügen. Ein bisschen zu spielen.
Die Nacht war noch jung, und die Stadt brodelte vor Energie.
KAPITEL 15
Beschwingt und energiegeladen kehrte ich in mein Hotel zurück, um mir ein weiteres Mal die Akten meines Bruders vorzunehmen. Endlich agierte ich wieder wie ein Cop. Keine Schweißausbrüche, keine Tränen, kein Selbstmitleid mehr, sondern die totale Fokussierung auf die vor mir liegende Aufgabe. Obwohl ich zu Anfang dachte, meine Betroffenheit hätte meine ursprüngliche Einschätzung beeinflusst, musste ich nun feststellen, dass ich richtig geurteilt hatte …
»Ich saß niedergeschlagen auf dem Rasen. Die Frau blickte immer wieder zu mir herüber. Es war offensichtlich, dass sie mich trösten wollte …«
»Jeremy sah zu, wie das Messer ihr eine Lektion erteilte …«
Zwei verschiedene Persönlichkeiten. Die erste, die in ihrer Entwicklung irgendwo zwischen dem zwölften und sechsundzwanzigsten Lebensjahr stecken geblieben war, spielte den bemitleidenswerten jungen Mann, der schwermütige und warmherzige Frauen in die Falle lockte.
Der andere Jeremy war ein herzloser und unscheinbarer Charakter, ein eiskalter Beobachter, der sich offenbar mit dem Messer identifizierte.
Und es war nicht von der Hand zu weisen, dass dieses zweite Geschöpf zusehends die Oberhand gewann.
Um zwei Uhr morgens fiel ich ins Bett und wachte gegen sechs wieder auf. Ich verließ das Hotel, wanderte ziellos durch die Straßen und trank Kaffee, während die Laster die Geschäfte mit neuen Waren belieferten. Als ich aufs Revier kam, schenkte Waltz, der kurz vor mir eingetroffen war, sich eine Tasse Kaffee ein.
»Dann wollen wir uns mal eine ordentliche Dosis Koffein reinpfeifen und nachfragen, was Folgers Truppe heute Nacht in Erfahrung gebracht hat.«
»Cluff und Bullard sind die ganze Nacht über hier gewesen?«
»Soweit ich weiß, dürfen sie bis fünf Uhr schlafen, aber nicht länger, denn um diese Uhrzeit steht sie auf. Wie auch immer, sie haben inzwischen die Berichte gelesen und sind auf dem neusten Stand.«
Ich folgte Waltz in den Konferenzraum, wo Bullard an einem kleinen Tisch saß und Kaffee trank. An einer Anschlagtafel hingen Fotos von meinem Bruder, von Vangie, Dora Anderson und Angela Bernal. Die Zeitachse auf der Tafel bestand nur aus einzelnen Punkten und bildete keine durchgehende Linie, was bedeutete, dass wir über das Stadium der Spekulationen noch nicht hinausgekommen waren.
»Gibt es was Neues über Ridgecliff?«, wollte Waltz wissen. »Wurde er irgendwo gesichtet?«
»Tja, trotz Ryders Bauchgefühl haben wir nur das hier …« Bullard presste die Spitzen von Daumen und Zeigefinger zusammen und formte einen Kreis, was so viel wie
Weitere Kostenlose Bücher