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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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Null bedeutete. Waltz nickte und verließ den Raum. Bullard zischelte leise, und als ich zu ihm hinübersah, hielt er den Kreis aus Daumen und Zeigefinger über seinen Schritt. Du darfst mir einen blasen. Der kleine Junge meldete sich zurück.
    Kopfschüttelnd lief ich hinter Waltz her.
    »Mal sehen, ob es irgendwelche neuen Infos über Opfer Nr. 2 gibt«, sagte er. »Detective Cluff hat heute Morgen rausgefunden, wo die Frau früher gewohnt hat, aber das ist dann auch schon das Ende der Fahnenstange. Was ihr Vorleben angeht, tappen wir immer noch im Dunkeln.«
    Cluff saß an seinem Schreibtisch. Über dem viel zu weiten blauen Hemd trug er sein Pistolenhalfter. Mit hochgekrempelten Ärmeln und gefletschten Zähnen hing er auf seinem Stuhl und machte sich wie von Sinnen Notizen. Er benutzte keine normalen Zettel, sondern eine dicke Papierrolle. Das eine Ende lag auf dem Tisch, das andere auf dem Boden. Ich warf einen Blick auf das Gekritzel, die Linien und Pfeile. Die linke Seite war dicht beschrieben, während es rechts größere Lücken gab. Aus der Dicke der Papierrolle schloss ich, dass Cluff sich einiges vorgenommen hatte.
    »Darf ich Sie mal was fragen, Detective? Was hat es mit dieser Papierrolle auf sich?«
    Cluff grunzte. »Ist mein eigenes System. Die Rollen kriege ich von meinem Schwager, der eine Metzgerei auf Long Island hat. Ich fange links an und notiere darauf alles, was ich zusammengetragen habe. Namen, Daten, Uhrzeiten, Orte. Einfach alles. Die Punkte, die mir unwichtig erscheinen, streiche ich durch. Alles, was öfter auftaucht oder plausibel klingt, kreise ich ein. Und alle stichhaltigen Details wandern nach rechts. Und dann fange ich wieder von vorn an. Wenn ich mich erst mal durch ein paar Meter Papier gearbeitet habe …«
    »Kristallisieren sich bestimmte Fakten heraus?«, meinte ich.
    »Trennt sich die Spreu vom Weizen.«
    »Genau.«
    Gerade als Cluff mit seinem Stuhl nach hinten rollte und den Bleistift auf den Papierwust warf, gesellte sich Waltz zu uns. »Bei Bernals Vergangenheit kommen wir einfach keinen Schritt weiter«, seufzte Cluff.
    Waltz legte die Stirn in Falten. »Sie hat doch im NYC Medical gearbeitet, oder? Als Transkribierkraft?«
    »Fünf Jahre lang war sie eine vorbildliche Bürgerin, hat ihre Rechnungen und Steuern bezahlt und drei Jobs gleichzeitig gemacht. Aber etwas Wichtiges fehlt: die Einbürgerung.« Cluff legte die Hände an die Schläfen und massierte sie. »Und nun habe ich einen harten und steinigen Weg vor mir, weil ich den ganzen Tag lang mit Leuten reden muss, die Schiss haben, dass ich sie wieder nach Guatemala oder sonst wohin schicke.«
    Waltz deutete mit dem Kinn auf sein Büro und entfernte sich. Ich drehte mich um und wollte ihm folgen, verharrte aber noch kurz an Ort und Stelle und sah zu Cluff hinüber.
    »Buena suerte bei Ihrem Vorhaben, Detective Cluff.«
    Er wirbelte auf seinem Stuhl zu mir herum und blitzte mich wütend an. »Was, verflucht noch mal, soll das denn heißen?«
    »Dass ich Ihnen viel Erfolg wünsche und Sie hoffentlich einen Schritt weiterkommen.«
    Als Cluff sich umdrehte, fielen mir auf seinem Nacken ein paar stecknadelgroße Pusteln auf. Ich hatte mich schon ein paar Schritte entfernt, als hinter mir Cluffs Stimme ertönte.
    »He, Dixie …«
    Ich fuhr herum und sah, wie er über seine Schulter blickte und mich musterte.
    »Was gibt’s?«
    »Bullard behauptet, die dicke Beule auf der Stirn stamme vom Seitenspiegel eines Lasters, mit dem er kollidiert ist, aber in Wahrheit haben Sie ihm das Ding verpasst, oder?«
    Ich zuckte mit den Achseln, und Cluff machte sich wieder an seine Arbeit.
    »Danke für Ihre guten Wünsche, Detective Ryder. Ich hoffe, Sie haben auch einen produktiven Tag.«
    Ich holte Waltz an der Tür ein. Als er mein Gesicht sah, meinte er: »Sie wirken ein bisschen irritiert, Detective.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, wollte Cluff gerade nett zu mir sein. Soll ich mich nun freuen oder besser in Deckung gehen?«
    »Cluff ist in Ordnung. Manchmal vergesse ich, dass er für Sie ja ein unbeschriebenes Blatt ist. Vor zwei Jahren hat er ein Crystal-Labor auffliegen lassen. Während er den Betreibern Handschellen anlegte, ging der Schuppen in die Luft, und ein Feuer brach aus. Die ganzen Chemikalien sind verbrannt, und er hat eine Menge Schadstoffe eingeatmet. Er hätte in Frührente gehen können, doch sein Job ist das Einzige, woran ihm etwas liegt.«
    Ich blickte zu Cluffs Arbeitsnische hinüber. Kein persönlicher

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