Bestialisch
entdeckte einen kaputten Ventilator, ein Hemd, das noch verpackt war, eine Schachtel mit Süßigkeiten, eine Handvoll Krawatten und in den Ecken Angeln mit roten und weißen Schwimmern, einen Staubsauger, alte Schuhe und einen Tennisschläger.
Das Haus passte zu Waltz. Die Ordnung überwog, doch ein paar Dinge lagen kreuz und quer herum, bis er entschied, dass er sie nicht mehr brauchte. In einer Ecke des Raumes stand ein altgedienter Polstersessel, und ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie Waltz es sich dort bequem machte, über eine Frage nachdachte, dabei mit den Fingern gegen die geschürzten Lippen tippte und den traurigen Blick auf das Chaos richtete, bis er eine Antwort fand.
Das Licht in dem Haus war gedämpft. Ein Donnerschlag ließ die Fensterscheiben vibrieren. Waltz kehrte mit einem Bier ins Wohnzimmer zurück und bedeutete mir mit einem Nicken, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er setzte sich mir gegenüber in den Sessel. Auf dem niedrigen Couchtisch lag ein brauner Umschlag, aus dem ein paar Seiten ragten.
»Dass Ihnen die Intuition gesagt hat, dass Jeremy Ridgecliff sich als portugiesischer Geschäftsmann ausgibt, hat mich schwer beeindruckt, Detective.«
»Das war nur so eine Ahnung, mehr nicht.«
»Ich könnte wetten, Sie verlassen sich häufiger auf Ihren Instinkt.«
»In vielen Fällen hat sich das bewährt.«
Er hielt inne, als müsste er seine Gedanken ordnen. »Haben Sie mal darüber nachgedacht, ob Ridgecliff hier Kontakte hat?«
»Ich dachte, dieses Thema hätten wir schon ad acta gelegt.«
»Sie haben erwähnt, dass die Familie Ridgecliff nie im Norden der USA gelebt hat. Oder falls doch, dann nicht lange genug, um Spuren zu hinterlassen.«
»Stimmt.«
»Dass sie keine Spuren hinterlassen haben«, meinte Waltz, »ist ziemlich bemerkenswert, oder?«
Ich lächelte höflich und nickte, doch Waltz war noch nicht bereit, dieses Thema fallen zu lassen.
»Auch wenn es uns nicht weiterhilft, ist eines doch bemerkenswert. Ridgecliff hat am Tatort Haare verteilt und damit alle Spuren beseitigt. Und bei seinen früheren Straftaten ist es ihm ebenfalls gelungen, alle Spuren zu verwischen. Oder man hat sie erst entdeckt und auswerten können, nachdem man ihn geschnappt hatte. Kommt mir so vor, als verstünde sich Ridgecliffs hervorragend darauf, ihre Spuren zu verwischen.«
»Hm, mag schon sein, Shelly. Und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?«
Er schlug ein Bein über das andere, schlug die Akte auf und legte sie auf seine Knie. »Keine Ahnung.« Er tippte auf die Unterlagen. »Ridgecliff hat einen Bruder, der Charles heißt. Die beiden sind zusammen aufgewachsen.«
»Klar. Das steht in den Akten. Charles ist verschwunden.«
Waltz blätterte um. »Charles war zwei Jahre auf dem College in Mobile. Hatte so schlechte Zensuren, dass man ihn fast rausgeworfen hätte. Ein Partylöwe, wenn Sie mich fragen. Und in dem Moment, wo Jeremy Ridgecliff gefasst wird, haut Charles aus dem Studentenwohnheim ab und verschwindet einfach so von der Bildfläche. Natürlich gab es Gerüchte. Einem Typ, der sich mit ihm eine Zeit lang das Zimmer teilte, kam zu Ohren, dass Charles sich einer Kommune in Oregon angeschlossen hatte. Andere hörten, unseren Charles hätte das Fernweh gepackt und er hätte auf einem Frachtschiff angeheuert. Sie haben doch an der University of Alabama studiert, oder? Psychologie? Wann haben Sie sich dort eingeschrieben?«
Ich bekam feuchte Hände, tat so, als müsse ich ein Gähnen unterdrücken, und verriet Waltz, wann ich mein Studium aufgenommen hatte.
Er nickte. »Genau in dem Jahr, wo Charles sich in Luft auflöste.«
Ich tat so, als könnte ich ihm nicht ganz folgen. »Habe ich da etwas verpasst, Shelly?«
Waltz blätterte seine Unterlagen durch. Ich versuchte, einen Blick auf die betreffende Stelle zu erhaschen, die er überflog, was er zu verhindern wusste.
»In den Collegeunterlagen existiert kein Foto von Charles, obwohl das eigentlich Usus ist. Aber man sollte nicht vergessen, dass Hacker in Datenbanken eindringen und Informationen löschen, verändern und hinzufügen können. Ich habe mit der Universität telefoniert und in Erfahrung gebracht, dass Charles Mitglied der Schwimmmannschaft war. Sie haben das Vereinsfoto kopiert und mir gefaxt. Es ist schlecht zu erkennen, aber sehen Sie selbst.«
Waltz reichte mir das Foto. Etwa zwanzig Schwimmer hatten sich am Beckenrand aufgereiht. Ich stand in der hinteren Reihe. Groß verändert hatte ich mich nicht.
»Sie sind
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