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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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nicht anders«, meinte Waltz. »Sie war einfach erstaunlich.«
    »Was ist passiert, als Sie merkten, dass die Tote Vangie war?«, flüsterte ich, denn ich musste ihn das fragen. Waltz schloss die Augen.
    »Ich hatte das Gefühl, mein Gesicht friere ein. Der Raum drehte sich, und ich wäre beinah aus den Latschen gekippt. Mir war sofort klar, dass man mich von dem Fall abziehen würde, wenn unsere Geschichte bekannt würde. In dem Moment habe ich nach innen geschaut und etwas gefunden, was mir Kraft gab, falls Sie wissen, was ich meine.«
    Wie an dem Tag, als ich erfuhr, dass Jeremy ein Massenmörder ist. »Ja, ich kenne das.«
    »Als wir das Band fanden, auf dem Evangeline verlangte, dass wir mit Ihnen Kontakt aufnehmen, habe ich die Ermittlung auf Eis gelegt und alles getan, um Sie nach New York zu schaffen. Ich musste einfach wissen, ob Sie uns helfen können. Jemand hat einen der besten Menschen auf diesem Planeten getötet, und ich will, dass ihr Gerechtigkeit widerfährt.«
    Ich schaute ihm unverwandt in die Augen. »Und das können wir erreichen, Shelly, wenn Sie auf meine Fähigkeit vertrauen, die Wahrheit herauszufinden.«
    Waltz trat ans Fenster, zog den Vorhang auf und starrte in den windgepeitschten Regen hinaus.
    »Und woher soll ich wissen, dass ich Ihnen vertrauen kann?«
    »Weil Vangie mir vertraut hat.«
    Er schloss die Augen, nickte und sagte: »Erzählen Sie. Alles.«
    Meine Zusammenfassung dauerte eine halbe Stunde. Keine Ahnung, wie viele von meinen Spekulationen er mir abkaufte, doch er unterbrach mich nicht. Und dann stellte er die Frage, die ihn am meisten beschäftigte.
    »Sie sagen, Ihr Partner, dieser Nautilus, hätte in Evangelines Arbeitszimmer ein Aktfoto von Ihrem Bruder gefunden?«
    Ich nickte.
    »Das kann nicht sein. Sie hätte niemals eine Beziehung mit einem … mit einem …« Er konnte nicht weitersprechen und blickte mich traurig an.
    »Jeremy sagte, Vangie hätte ihn ihren Sirius genannt. Das bezieht sich auf den Hundestern. Und es passt zu einer Anspielung auf dem Video. Da sagt sie etwas, das in unseren Ohren wie ›seriös‹ klang, ehe sie verstummte.«
    »Hundestern?« Waltz legte die Stirn in Falten. »Brauche einen Sirius …?« Er wurde aschfahl, und ich fürchtete schon, dass er gleich in Ohnmacht fiel.
    »Was ist denn, Shelly? Hallo?«
    Waltz griff nach seiner Jacke, die auf der Sofalehne lag, und zog sie an. »Kommen Sie. Wir müssen los.«
    Der Regen peitschte gegen die Fensterscheibe und es blitzte.
    »Sie wollen raus? Bei dem Wetter?«
    »Ziehen Sie endlich Ihre verdammte Jacke an.«
    Wir rannten zu seinem Wagen und fuhren von Brooklyn nach Manhattan. Die Scheibenwischer kämpften gegen den strömenden Regen an. Nach den Straßen und Gebäuden zu urteilen, waren wir ganz in der Nähe von dem Ort, wo die Twin Towers gestanden hatten. Waltz machte eine Kehrtwende und parkte neben einer kleinen eingezäunten Fläche, die ins gelbe Licht der Straßenlaternen getaucht war.
    »Das hier ist ein Hundeauslauf, oder?«, fragte ich ziemlich perplex.
    »Stimmt. Er wurde nach einem Sprengstoffspürhund benannt, der am 11. September umgekommen ist. Das Tier ist für uns ein Held.«
    »Sprengstoffspürhund? Sie meinen, er konnte Bomben riechen?«
    »Ganz genau.«
    Wir stiegen aus dem Wagen. Der Regen hatte nachgelassen. Nun nieselte es leicht, aber es war eiskalt. Waltz packte meinen Ärmel und zerrte mich zu einer Gedenktafel am Eingangtor des Hundeauslaufs. Ich konnte nicht lesen, was darauf geschrieben stand. Waltz holte eine Taschenlampe heraus und schaltete sie ein. Auf die Gedenktafel waren ein Retriever, ein Datum und ein paar Zeilen graviert. Und über dem Hund und der Inschrift standen zwei Worte …
    SIRIUS HUNDEAUSLAUF
    »Mein Gott«, entfuhr es mir. »Der Sprengstoffspürhund hieß Sirius.«
    Vangie war in NYC aufgewachsen, wo sie nach dem Studium auch ein paar Jahre gearbeitet hatte. Sie besuchte die Stadt häufig, hatte die New York Times, die Post und den New Yorker abonniert, um Verbindung mit der alten Heimat zu halten. Von daher hatte sie sicherlich die Artikel über den Vorfall und die Umwidmung des Parks gelesen.
    Und wenn dem so war, dann bedeutete Du musst mein Sirius sein, Jeremy nichts anderes als Du musst für mich die Bombe finden, Jeremy.
    Jeremy konnte keine Sprengstoffe aufspüren. Mein Bruder hatte die Gabe, mentale Störungen zu wittern. Sein Zusammenleben mit gewalttätigen Irren, sein Intellekt, seine extrem fein getunten Sinnesorgane und seine

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