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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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seinem Schreibtisch liegen lassen.«
    »Und hat von einem Tag auf den anderen das Interesse daran verloren?«, hakte ich nach.
    »Ja. Ungefähr ein Jahr später. Kurz darauf hat Day seinen Abschied eingereicht. Hat sich ein Empfehlungsschreiben ausstellen lassen und die Stadt verlassen.«
    »Also ungefähr zu der Zeit, als Jeremy aufs College ging«, schlussfolgerte ich, ohne zu wissen, ob das etwas zu bedeuten hatte.
    »Na, wenn jemand beim Reinigen der Waffen einen Ständer kriegt und Fotos vom Tatort auf seinem Schreibtisch aufbewahrt, stinkt das für mich zum Himmel. Ich habe mir hier ein Zimmer in einem Motel genommen und werde morgen aufs Gericht gehen. Wer weiß? Vielleicht erfahre ich da noch mehr.«
    Wollten Harry und ich etwas über eine bestimmte Person herausfinden, versuchten wir Menschen aufzutreiben, die diese Person als Kind, Jugendlichen und Erwachsenen gekannt hatten.
    »Du bist einfach super, Harry. Ich stehe tief in deiner Schuld und weiß nicht, wie ich dir das danken soll.«
    »Kein Problem, ich werde die Sache trotzdem in Angriff nehmen. Hau dich aufs Ohr, Carson. Du klingst ziemlich fertig.«
    Ich schaltete den Fernseher ein, damit ich mich nicht so allein fühlte, und schaute mir eine Reportage über Cynthia Pelham an, die in der Nähe vom Central Park eine Wahlkampfrede hielt. Mehrere hundert Protestierende wurden von der Polizei in Schach gehalten. Die Kamera fing ihre Gegner ein, die mit erboster Miene und erhobenen Fäusten Bibelstellen zitierten und sich in Schimpftiraden ergingen.
    Noch nie im Leben hatte ich so viele Erwachsene gesehen, die sich wie zornige Kinder aufführten. Ich meinte, in der Menge Blankley zu erkennen, der sein dämliches Logo schwenkte, was ja passen würde. Da schaltete ich das Gerät aus, legte mich aufs Bett, schlief schlecht und träumte von Puppen ohne Mund.

KAPITEL 33
    Fünfundvierzig Minuten bevor das Gericht in Pickens County seine Pforten öffnete, baute Harry Nautilus sich vor der Eingangstür auf, legte die Hände an die Schläfen und spähte durch die Glasscheibe. Drinnen brannte kein Licht, und die Flure waren ausgestorben. Als er sich auf eine Treppenstufe setzte und seine Notizen überflog, ging hinter ihm die Tür auf.
    »Möchten Sie in die Ausstellung?«
    Er drehte sich um. Die Stimme gehörte einer Frau Ende sechzig, Anfang siebzig in einem grellbunten Kleid. Ihr schwarz gefärbtes, ordentlich frisiertes Haar wirkte, als hielte es jedem Sturm stand, und ihre blauen Augen funkelten neugierig.
    »Ich bin aus beruflichen Gründen hier und wollte mir Einblick in ein paar Akten verschaffen.«
    Er zog das Ledermäppchen mit seiner Dienstmarke heraus und klappte es auf. Sie setzte die Lesebrille auf, die an einer Kette hing, und beugte sich hinunter, um Nautilus’ Ausweis genauer zu studieren. Ihr Parfüm, ein ziemlich jugendlicher Duft, stieg ihm in die Nase.
    Sie richtete sich auf und hob den Blick. »Aus Mobile? Na, wenn Sie mich fragen, Detective Nautilus, liegt Pickens County aber ein bisschen außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs.«
    »Um ehrlich zu sein, Ma’am, arbeitete ich gerade an einem New Yorker Fall mit. Ist ’ne längere Geschichte.«
    »Das kann ich mir denken.« Mit einem Wink des Zeigefingers bat sie ihn herein und stolzierte auf ihren hochhackigen Pumps so schnell den Flur hinunter, dass er Mühe hatte, ihr zu folgen. »Sie haben Glück, Detective Nautilus«, rief sie über ihre Schulter. »Ich bin Loretta Quint. Mir gehört das Gebäude.«
    »Wie bitte?«
    Sie führte ihn in ein lichtdurchflutetes Archiv mit Aktenschränken und leeren Schreibtischen.
    »Seit meinem siebenundzwanzigsten Lebensjahr arbeite ich hier. Damals hatten wir noch keine Computer. Wir beherrschten noch Kopfrechnen und hatten mechanische Schreibmaschinen. Ich weiß, wo was ist, und wenn ich es mal nicht weiß, dann ist das kein Zufall, falls Sie verstehen, was ich meine.«
    Nautilus musste schmunzeln. »Aber sicher, Ma’am. Sie sind die umwerfendste Frau, der ich je begegnet bin. Für mich gibt es nichts Schöneres, als die gleiche Luft zu atmen wie Sie.«
    Ihr Lachen klang beinah wie ein Bellen. »Ich kann Sie schon besser leiden als drei von den fünf Ehemännern, mit denen ich den Bund fürs Leben geschlossen habe. Also, Sie sagen mir, was Sie sehen möchten, und ich zeige Ihnen, wo Sie fündig werden. Was halten Sie davon?«
    Mit Hilfe von Ms Quint schaffte Nautilus innerhalb von fünfundvierzig Minuten das, was er sich vorgenommen hatte. Er

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