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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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bewachsenen Schuppen an der Rückseite der Villa. Frische Reifenspuren durch den Morast führten zu dem Anbau hinter dem wuchtigen Gebäude. Sie brachen das Schloss zu dem Schuppen kurzerhand auf. Fabritius Cadiz machte Le Bon darauf aufmerksam, dass sie sich soeben zweier Vergehen des unerlaubten Zutritts schuldig gemacht hatten, was für ihren Fall vor einem strengen Richter das Aus zur Folge haben könnte. Paul Le Bon machte sich deswegen keine Sorgen. Er vertraute auf seinen durch die Erfahrung vieler Dienstjahre nahezu unbeirrbaren Polizisteninstinkt, der ihn bisher noch nie im Stich gelassen hatte.
    Und tatsächlich, da stand der Studebaker, der auf dem Überwachungsvideo der Kamera an der Hafeneinfahrt zu sehen war.
    Es war der Wagen des Gärtners. Als die Haushälterin vom Tod des Gärtners erfuhr, brach sie beinahe zusammen.
    Le Bon ordnete eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des gesamten Anwesens an.
    »War in der letzten Zeit noch jemand anderes hier als Mijnheer Hythlodae?«, fragte der Inspektor behutsam.
    »Nein«, erwiderte die Haushälterin. »Er hatte nie Besuch. Er war ein so netter Mann. Das Ganze ist einfach unvorstellbar.«
    »Machte er den Eindruck, als fürchtete er sich vor irgendetwas? Hat er sich in der letzten Zeit ungewöhnlich verhalten?«
    »Nein, es gab nichts Auffälliges.«
    »Madame, wir haben eindeutige Beweise, dass er während der vergangenen Nacht zu den Docks gefahren ist und früh am Morgen, noch vor Tagesanbruch, wieder hierher zurückkehrte. Er hatte nicht zufälligerweise irgendein großes Tier bei sich?«
    Die Haushälterin sah ihn verständnislos an. »Wovon reden Sie?«
    »Hat er irgendwann gestern den Hafen oder irgendwelche Tiere erwähnt?«
    »Nein.«
    Le Bon ließ nicht locker und ignorierte völlig, dass sie sich ständig die Tränen mit einem seidenen Taschentuch abtupfte. Sie trug keine Schürze. Sie war eine elegant gekleidete Frau und höchstwahrscheinlich überhaupt keine Hausangestellte.
    »Sie haben vermutlich keinerlei Idee, weshalb ein Gärtner, dem, wie wir zweifelsfrei festgestellt haben, dies alles hier gehört ...«, er hielt inne und ließ den Blick über die geradezu asketisch elegant anmutenden Möbel in der Eingangshalle schweifen, »mitten in der Nacht mit seinem Auto wegfährt, zurückkommt und dann das Museum aufsucht, um dort ermordet zu werden?«
    Sie zögerte, dann rang sie sich zu einem entschiedenen »Nein« durch.
    »Kennen Sie jemanden, der bei der Post beschäftigt ist?«
    Das zweite Fahrzeug war als französischer und nicht belgischer Post-Lkw identifiziert worden. Nach der Bearbeitung des Videos war sogar ein zerbeulter rechter Kotflügel zu erkennen. Keines der beiden Fahrzeuge war mit lesbaren Nummerschildern ausgestattet gewesen.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie etwas dagegen, dass wir uns einmal umschauen?«, fragte Le Bon. Er blickte durch die Eingangshalle in einen Raum, der, wie deutlich zu erkennen war, mit wahren Schätzen vollgestopft war. Er erkannte an den Wänden hohe Bücherregale wie in einer Bibliothek, entdeckte Skulpturen, Musikinstrumente und Gemälde, für die sich, wie Le Bon bemerkte, der Museumsdirektor Edouard Revere nicht im Mindesten zu interessieren schien, was ihm ziemlich seltsam vorkam angesichts der Tatsache, dass der Tote den Posten des Museumsgärtners innegehabt hatte. Le Bon holte dann sein Mobiltelefon heraus und tat so, als würde er nachschauen, ob eine neue Nachricht für ihn eingetroffen war, machte jedoch ein kurzes Video von dem Raum. Er betrat einen zweiten und einen dritten Raum, jeder noch opulenter eingerichtet als der vorhergehende, und hielt das Telefon entsprechend hoch, um einen möglichst weiten Winkel einzufangen. Er wusste, dass es sicher Beweise gab, die erst noch entdeckt werden mussten, darunter Fingerabdrücke oder Objekte, die während der Abwesenheit des Gärtners entfernt oder entwendet worden sein konnten.
    Le Bon stieg die Treppe hinauf und setzte seine visuelle Dokumentation in den oberen Räumen fort, als die Haushälterin einen Telefonanruf entgegennahm. Sie lauschte einige Sekunden lang und murmelte: »Ja, Mijnheer. Natürlich«, dann reichte sie Revere das Telefon. »Es ist für Sie«, sagte sie.
    Revere nahm ihr den Hörer ab. Nach kurzem Schweigen nickte er nur. »Hm-hm.« Und dann hielt er Le Bon den Hörer hin. »Er will mit Ihnen sprechen.«
    Le Bon wusste sofort, dass es ein Problem gab. Es war ein Rechtsanwalt Jacob Hythlodaes, der den Inspektor darüber

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