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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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schnell für diese Straße«, äußerte Simon in einem nervösen Dialekt, der seine burgundischen Wurzeln enthüllte. Unglücklicherweise stammte der Polizist am Lenkrad aus der Normandie und hatte nicht die geringste Ahnung, was Simon soeben gesagt hatte.
    »Vergessen Sie nicht, dass wir unseren Unfall hatten, weil die Straße vereist war, comprenez vous?«
    Der Gendarm wurde langsamer. Er war sichtlich verärgert. Die Sonne hatte sich gegen das Unwetter durchgesetzt, und die schmale gewundene Straße glänzte im strahlenden Licht.
    Ein Postwagen kam ihnen entgegen. Es dauerte einen Moment, bis Simon es registrierte.
    »Wenden Sie! Schnell!«
    Hubert Mans erkannte es ebenfalls. »Das ist das zweite Fahrzeug aus dem Hafen. Der Postwagen mit der Delle!«
    »Ich will sie nicht auf uns aufmerksam machen«, warnte Simon.
    Beide Streifenwagen blieben stehen. Die Fahrer hatten nicht die geringste Ahnung, was los war. »Was schlagen Sie vor?«, fragte Mans. Simon und er schienen zur gleichen Antwort zu gelangen.
    »Wo sind wir genau?«, fragte er den Polizisten hinterm Lenkrad.
    Der Beamte zeigte ihnen ihren Standort auf einer Landkarte, auf der Burgund detaillierter dargestellt war als auf Simons Exemplar. Nun konnte Simon mit Fabritius Cadiz' Koordinaten und Pater Brunos Informationen sehr viel mehr anfangen. Dort waren der Naturpark und die Stelle, wo Serkos Autowrack und seine Leiche gefunden worden waren. Und dort die Überreste irgendeines ausgedehnten Anwesens. Es passte alles zusammen.
    »Wir brauchen umfangreiche Unterstützung. Wir haben sie gefunden. Hängen Sie sich an die SUVs. Ich glaube, ich weiß, wohin der Postwagen unterwegs ist. Was ist das?«, fragte er den Polizisten und deutete auf Symbole auf der Landkarte, die anscheinend die Existenz von Bauwerken anzeigten. Die Legende der Karte lieferte keine weiteren Aufschlüsse.
    Der Polizist schüttelte den Kopf. »Ein Bauernhof vielleicht.«
    »Nicht etwa ein Kloster oder seine Ruine?«
    »Je ne sais pas.«
    Simon bat den Polizisten, zusammen mit Mans in den anderen Streifenwagen umzusteigen, während er den Postwagen verfolgen würde.
    Aber vorher rief er noch Le Bon an und schilderte ihm die jüngsten Ereignisse.
    »Im Grunde brauchen wir alles an Hilfe, was sie zur Verfügung stellen können.«
     
    Martin litt unter wahnsinnigen Kopfschmerzen. Er wusste, dass sein Onkel in großer Gefahr schwebte. Dass den Oliviers die Aufgabe übertragen worden war, für den Schutz des bedeutendsten Geheimnisses der ... er konnte keinen angemessenen Superlativ finden ... oder größten Schwindels zu sorgen ... aber Margaret fand eine Erklärung, während sie sich der Stadt Macon an der Südspitze Burgunds näherten.
    »Wenn dieses Dokument echt ist ...«, sagte Margaret.
    Martin vergaß seine bisherigen Zweifel, nahm die Anspielung persönlich und erwiderte heftig: »Aber natürlich ist es echt!« Er hatte doch einen Dodo und ein drei Meter hohes Mastodon gesehen. Nicht zu reden von dem wundervollen kleinen Memling.
    »Der Punkt ist, dass diese Sammlung von Unterschriften an sich keine vergleichbare ... ich meine, nicht einmal die Unterschriften unter der Unabhängigkeitserklärung oder der Magna Charta ...« Sie suchte nach einem passenden Vergleich. »Sie ist unbezahlbar.«
    »Wen erkennst du denn?«
    »So gut wie alle. Die grandioseste Versammlung der Renaissance: Petrus Christus. Gerard David. Jan van Eyck. Rogier van der Weyden. Hans Memling. Rembrandt. Dierick Bouts. Michelangelo. Um nur die Bedeutendsten zu nennen.«
    »Michelangelo?«
    »Ja. Und so viele andere. Martin, das ist das wertvollste Dokument der Menschheitsgeschichte. Und abermals: falls es wirklich echt ist. Aber wie kann das sein? Und noch wichtiger: Was ist es überhaupt?«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine, warum haben sie unterschrieben? Irgendetwas fehlt, nämlich das, worauf die Unterschriften sich beziehen.« Sie hielt das Buch ans Licht, während sie Genf auf der Schnellstraße in nordwestlicher Richtung verließen. »Warum befinden sich die Signaturen von Sankt Franziskus und Fra Angelico, Giotto, Roelant Savery und Jan Brueghel dem Älteren, Jean-Jacques Rousseau, Claude Lorraine und dem Schriftsteller Bernardin de Saint-Pierre in diesem vierseitigen Heft? Das ergibt für mich keinerlei Sinn.«
    Sie sah ihren Mann prüfend an und spürte sofort, dass er mit irgendetwas zurückhielt. Sie kannte diesen Blick.
    »Martin? Was hast du mir noch nicht erzählt?«

 
    KAPITEL 42
     
    D as Netz

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