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Bestie Belinda

Bestie Belinda

Titel: Bestie Belinda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einer dünnen und gar nicht auffälligen Schminke bedeckt war.
    »Was kann ich denn alles für die Polizei tun?«
    Etwas verlegen strich sie über das nach hinten gekämmte Haar. »So oft haben wir keinen hohen Besuch, und vom FBI erst recht nicht.«
    »Es geht uns nur um Ken Russell«, sagte Abe.
    Mrs. Wagoner zog ein trauriges Gesicht. »Ja, ein tragischer Fall. Ein so agiler Mann, und dann dieser schreckliche Unfall. Manchmal geht das Schicksal schon ungewöhnliche Wege.«
    »Kann man sich denn mit ihm unterhalten?«, fragte ich.
    Die Frau lächelte. »Was man so Unterhaltung nennt«, erwiderte sie. »Manchmal ist er gut drauf. Dann wieder verfängt er sich in seinen eigenen Gedanken, die nicht mehr die eines gesunden Menschen sind. Aber wir kümmern uns intensiv um ihn und erleichtern ihm das Leben wirklich.«
    »Ja, Ihr Heim hat einen guten Ruf!«, lobte Abe. »Wenn sie uns jetzt zu ihm bringen könnten.«
    »Selbstverständlich – folgen Sie mir bitte.«
    Es war alles freundlich und hell eingerichtet. In vielen Heimen gab es diesen alten Muff, der war hier nicht zu spüren. Man konnte schon von einem Sterne-Hotel sprechen. Wer wollte, konnte eine Treppe benutzen, wer zu schwach war, der nahm den Aufzug.
    Wir gingen über die breiten Stufen einer Treppe in die erste Etage. Mir fiel auf, dass uns kein Mensch entgegenkam. So freundlich dieses Haus in seinem Innern auch wirkte, es war irgendwie tot. Völlig ohne Leben. Darauf sprach ich die Frau an.
    »Das täuscht im Moment. Unsere Gäste sind beim Essen. Sie können die Mahlzeiten auf den Zimmern einnehmen, aber auch in unserem Gemeinschaftssaal an der Rückseite. Sie haben da die freie Auswahl und finden das auch gut.«
    »Sehr schön«, lobte ich.
    In der ersten Etage erwartete uns ein breiter Gang. Helles Licht, helle Wände und Türen. Bilder mit freundlichen Motiven. Man hatte auf ihnen die Umgebung des Heims verewigt. Es war hier alles wirklich nur freundlich. Schon zu freundlich für meinen Geschmack. Probleme schienen ausgeklammert worden zu sein. Das war für mich schlichtweg zu unnatürlich.
    Ruth Wagoner, die uns nur bis zur Schulter reichte, blieb vor einer hellen Tür stehen. Sie klopfte zweimal unterschiedlich laut. Ob sie eine Aufforderung gehört hatte, bekamen Abe und ich nicht mit. Jedenfalls drückte sie die Klinke und öffnete dann.
    Wir sahen ein großes Zimmer. Unser Blick fiel auf ein Fenster, hinter dem einer dieser Balkone lag, die wir bei der Ankunft gesehen hatten. Die Tür war nicht geschlossen. Durch sie war der Mann im Rollstuhl gefahren, der seinen Untersatz allerdings verlassen hatte und auf dem Balkon stand. Er drehte uns den Rücken zu. Der Blick glitt hinein in den Park.
    Ich wunderte mich. »Ist das bei Ken Russell normal?«
    »Nein«, flüsterte Mrs. Wagoner, die ihre Überraschung verdauen musste. Sie schüttelte den Kopf. »Das kommt nur äußerst selten vor. In der letzten Zeit schon gar nicht.« Sie hob die Schultern. »Ken muss einen Kraftschub erhalten haben.«
    Wir gingen durch das Zimmer und sagten zunächst nichts. Auf einem Tisch stand ein leergegessener Teller. Der Raum selbst war als Schlaf- und Wohnzimmer eingerichtet worden. Die Möblierung sah nicht eben billig aus. Wer hier lebte und gepflegt wurde, musste schon ordentlich zahlen.
    In der offenen Balkontür blieben wir stehen. Vor uns lag die kleine weiße Veranda, die mich an die Häuser in den Südstaaten erinnerte, nur etwas kleiner.
    Der Park lag vor uns, und unsere Blicke glitten bis hinüber zu den Birkenwäldern.
    Ruth Wagoner legte einen Finger auf die Lippen und flüsterte dann: »Lassen Sie mich mit ihm sprechen. Sie kennt er nicht. Er scheint etwas durcheinander zu sein.«
    Da hatte sie wohl Recht. Uns beiden war nicht entgangen, dass der ältere Mann mit sich selbst sprach. Wir sahen seinen Rücken und erkannten, dass er früher mal die Figur eines durchtrainierten Sportlers gehabt haben musste. Jetzt waren die breiten Schultern eingesackt. Sie wurden von dem braunen Stoff einer Jacke mit kleinem Karomuster bedeckt. Das Haar wuchs sehr lang bis in den Nacken hinein. Es hatte die Farbe vom schmutzigem Eis.
    »Seltsam?«, flüsterte Abe mir zu.
    »Kann ich noch nicht sagen.«
    Mrs. Wagoner blieb hinter Russell stehen. Beim Luftholen bewegte sich ihr Rücken, und erst dann sprach sie den Mann an.
    »Mr. Russell, wie können Sie nur bei dieser Kühle auf den Balkon fahren. Und Sie sind sogar aus dem Rollstuhl gestiegen. Das ist ja... ich weiß nicht,

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