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Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Titel: Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Müller
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es umgebracht und wie wurde es abgelegt – in eine bestimmte Ordnung zu bringen. In nächtelangen Gesprächen erläuterte er mir sein System, zeigte Verbindungen auf, erklärte mir die Risiken, die jemand im Freien oder an Örtlichkeiten eingeht, die ihm vertraut sind, bestimmte Verbrechen zu begehen, bis er endlich meine begehrlichen Blicke auf seine Bildersammlung mit dem Satz kommentierte: „Einige davon habe ich sogar doppelt.“
    Abermals begann das Spiel von Hannibal Lecter „Quid pro quo!“ , da Arth großes Interesse an meinen Designeranzügen und Seidenkrawatten zeigte. Er versuchte nun an meine italienische Mode heranzukommen, denn eine damalige „intensive Beziehung“ meinerseits in den südeuropäischen Raum veränderte in jener Zeit mein Verhalten, da entsprechende Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, hochqualitatives südländisches Outfit einschließlich sündteurer Seidenkrawatten und Markenanzüge, meinen Körper zierten. Während sich beim Flug in die Vereinigten Staaten mein Koffer mit diversen exklusiven Modeeinzelstücken füllte, war mein Reisegepäck beim Retourflug angefüllt mit einer vierstelligen Anzahl von außergewöhnlichen Tatort- und Verletzungsbildern. Es waren mittelalterliche Verhältnisse in die FBI-Akademie eingezogen. Der Tauschhandel blühte, und für eine Seidenkrawatte aus Italien erhielt ich von Arth etwa 40 verschiedene Diapositive. Messen bedeutet vergleichen. Mehr als verständlich war die Reaktion daher, als ich freudestrahlend nach Hause kam und glücklich meine Tauschobjekte präsentierte. Die persönliche „diplomatische“ Beziehung in den südeuropäischen Raum kühlte sehr rasch ab und ich durfte mich schließlich über meine Bilder alleine freuen. Ein klassisches Beispiel, dass das eigene Bedürfnis auch das Verhalten eines anderen verändern kann.

20.

    In all der Zeit, die ich in der Verhaltensforschungseinheit des FBI verbrachte, fiel immer wieder ein Name. Teilweise wurde er ausgesprochen, manchmal hieß es einfach nur „er“. Manchmal sah ich in den Akten bei den Interviews ein Bild, aber jedes Mal, wenn es um „ihn“ ging, spürte man eine leichte Veränderung unter allen Anwesenden, so wie ein Windstoß die Oberfläche eines Sees leicht in Bewegung bringt und sich die sanften Wellen dem Wind entsprechend fortsetzen. Ein Zitat von ihm, ein Schriftstück oder ein Fall, an dem er mitgewirkt, ein Interview, das er geführt hatte, veränderte etwas, aber es war für mich nicht spürbar, nicht fassbar. So wie J. Edgar Hoover das FBI als Ganzes repräsentierte, stand der Name dieses Mannes für die Verhaltensforschung im exekutiven Bereich – Robert K. Ressler.
    Ich erfuhr, dass er die Verhaltensforschungseinheit gegründet hatte, aber vor drei Jahren aus Altersgründen aus dem Dienst des FBI ausgeschieden war. Mir fiel auf, dass man teilweise in Achtung vor diesem Mann sprach, andere, gerade jüngere Kollegen äußerten sich zurückhaltend, ja teilweise sogar abfällig über „Mister Ressler“.

    Ein älterer Agent, der jahrelang mit Ressler zusammengearbeitet hatte, fasste diese Diskrepanz in der Beurteilung einer nicht mehr anwesenden Person sehr einfach zusammen: „It’s his success. – Es ist sein Erfolg.“ Er fügte seiner kurzen und prägnanten Stellungnahme noch eine ergänzende Erläuterung bei. Er meinte, ab einer gewissen Stufe würde man jemandem alles verzeihen, Trunkenheit, Scheidungen, ja vielleicht sogar kleinere Vergehen, aber etwas verzeiht der Mensch niemals: Erfolg. Diese Aussage berührte mich. In meiner jugendlichen Naivität wollte ich wissen, wo ich ihn treffen konnte: „We don’t know“, war die Antwort, „he is private now.“ Ich nahm mir insgeheim vor, Mr Ressler irgendwann einmal kennenzulernen. Denn für mich wurde es auch immer mehr zum Dogma, dass es nicht entscheidend ist, was andere sagen, sondern das, was jemand getan hat, und wo immer ich hintippte, welchen Akt ich immer aufmachte, welches Gespräch ich auch immer führte, welchen bürokratischen Schriftverkehr ich bei Interviews in Hochsicherheitsgefängnissen auch las – der Name Robert Ressler fand sich immer wieder. Es waren Legenden, die sich um diesen Mann rankten. Aus seiner Biografie wusste ich, dass er etwa mit 38, nach mehreren Jahren der Zugehörigkeit zur Militärpolizei und nachdem er in verschiedenen Außenstellen der amerikanischen Bundespolizei Dienst versehen hatte, damit begann, die Verhaltensforschungseinheit des FBI aufzubauen. Auch er

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