Bestien
sah, ließ er es
wieder geschlossen. Er drehte den Kopf von einer Seite zur
anderen und blickte umher.
Seine Mutter saß zusammengesunken auf einem Stuhl neben
dem Bett, den Kopf auf der Brust, aber sogar im Schlaf schien
sie seinen Blick zu fühlen. Mit einem Ruck kam ihr Kopf hoch,
und sie richtete sich auf.
»Du bist wach!« sagte sie in einem überraschten Ton, als
habe sie nicht erwartet, daß er jemals wieder aufwachen würde.
»Scheint so«, sagte er. »Warst du die ganze Nacht hier?«
Sie nickte. »Ich wollte nicht, daß du aufwachst und dich
fürchtest.«
Mark unterdrückte ein Ächzen. Hielt sie ihn noch immer für
einen Säugling? Er versuchte, sich auf einen Ellbogen zu
stützen, sank aber zurück, als ein scharfer Schmerz seine Brust
durchstieß.
»Versuch’s damit«, sagte Sharon und führte seine Hand zum
Steuerungsmechanismus des Bettes.
Mark experimentierte ein wenig, dann erhob sich der
Kopfteil des Bettes langsam, bis er halb aufgerichtet saß. Der
Schmerz in seiner Brust ließ nach, und er brachte ein mattes
Grinsen zustande. »Wie es aussieht, habe ich gestern abend
nicht sehr gut abgeschnitten.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte sie. »Und wenn
Jeff LaConner glaubt, er käme straflos davon …« Sie ließ den
Rest ungesagt, denn die Tür wurde geöffnet. MacCallum schritt
herein, überflog die am Fußende von Marks Bett aufgehängte
Karteikarte und widmete seine Aufmerksamkeit dann dem
Jungen selbst.
»Wie fühlst du dich heute früh?« fragte er, als er Marks
Handgelenk nahm und ihm den Puls fühlte. »Gut geschlafen?«
»Überhaupt nicht aufgewacht«, antwortete Mark. »Wie
lange muß ich hierbleiben?«
MacCallum zog die Brauen hoch. »Du hast wohl schon
einen Vorgeschmack von dem Essen hier bekommen, wie?«
fragte er. Als Mark nur verwirrt dreinschaute, wurde sein Ton
ernsthafter. »Ich würde sagen, bis morgen. Es sieht nicht so
aus, als gäbe es ernste Probleme mit dir, aber es kann nicht
schaden, dich noch einen Tag dazubehalten, damit ich dich im
Auge behalten kann.« Er nickte zum Fernseher an der Wand
gegenüber von Marks Bett. »Wie wär’s mit einem Tag
schulfrei und Fernsehen als Zugabe?«
»Nichts dagegen zu sagen, nehme ich an. Was ist mit mir?
Ich meine, wo fehlt es?«
Dr. MacCallum faßte die Liste der Verletzungen kurz
zusammen. »Nach allem, was ich gehört habe«, endete er,
»hast du noch Glück gehabt. Jeff LaConner ist ein großer Kerl,
aber wie es scheint, hat er deinem Aussehen mehr geschadet
als deinen Innereien.« Er wandte sich zur Sharon. »Ich habe
seine Röntgenaufnahmen und die anderen Untersuchungsergebnisse bereits ausgewertet, und wenn heute nichts
Unerwartetes auftritt, gibt es keine Ursache, ihn länger als bis
morgen früh hier festzuhalten. Vielleicht können wir ihn schon
heute abend gehen lassen.«
»Was könnte denn noch auftreten?« fragte Sharon sofort.
»Nichts allzu Dramatisches«, versicherte ihr MacCallum.
»Aber wenn es eine Nierenverletzung gegeben hat – an die ich
allerdings nicht glaube –, könnte Blut in seinem Urin sein.
Aber offen gesagt, ich erwarte nichts. Und an Ihrer Stelle«,
fügte er hinzu, »würde ich daran denken, nach Haus zu gehen
und selbst ein paar Stunden Schlaf nachzuholen. Mark ist hier
in guten Händen, und es hat keinen Sinn, daß Sie länger hier
sitzen bleiben.«
»Ich möchte hier sein«, beharrte Sharon.
»Geh nach Haus, Mama«, sagte Mark. »Ich werde nichts
tun, als hier zu liegen und zu dösen.«
Sharon mußte einsehen, daß MacCallum recht hatte. Sie
spürte ihre Erschöpfung in allen Fasern ihres Körpers, und ihr
Rücken war steif von der durchwachten Nacht auf dem harten
Stuhl. Sie stand auf. »Einverstanden«, sagte sie. »Aber wenn
du etwas brauchst oder möchtest, ruf mich an. In Ordnung?«
»Klar«, sagte Mark, dann errötete er, als sie sich über ihn
beugte und seine Wange küßte.
Als sie MacCallum aus dem Raum folgte, hörte sie den
Fernseher angehen. Kläglich vor sich hinlächelnd, ging sie mit
Dr. MacCallum in den Warteraum, dankte ihm noch einmal für
alles, was er für Mark getan, und rief Elaine Harris an, daß sie
kommen und sie abholen möge. Während sie auf Elaine
wartete, fiel ihr das Gespräch mit Charlotte LaConner ein, und
sie eilte MacCallum nach und holte ihn ein, als er im Begriff
war, sein Büro zu betreten.
»Dr. MacCallum«, sagte sie, »hatten Sie jemals einen
Patienten namens Randy Stevens?«
MacCallum sah sie scharf an. »Randy Stevens? Was haben
Sie über
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