Bestimmt fuer dich
Hand die empfindliche Haut unter ihrer Achsel herabwanderte. Sein Mund war weich und geduldig, nicht schmal und zittrig wie vor zwei Tagen auf der Straße. Aber Rosanna hatte ohnehin das Gefühl, dass sie es diesmal war, die Lukas neues Leben einhauchte.
11
Die sich bereits erwärmende Luft des noch jungen Frühlingstags strömte durch das gekippte Fenster ins Schlafzimmer. Rosanna lüftete die Decke von ihrem verschwitzten Körper und betrachtete den leise vor sich hin schnarchenden Mann in ihrem Bett. Sie hoffte, dass Lukas sie nicht fragen würde, wie er gewesen war. Lars hatte das oft getan, und da Rosanna es für sinnlos hielt, in diesem Punkt zu lügen, war er manchmal sehr beleidigt aufgestanden. Nicht, dass sie in Lukas’ Fall hätte lügen müssen – aber trotzdem, sie fand die Frage einfach unpassend.
Lukas spürte, dass Rosanna sich neben ihm aufsetzte und aus dem Bett stieg. Er entschied, seine Augen noch geschlossen zu halten, weil er mit einem quälenden Gedanken aufgewacht war. Natürlich war es unmöglich für ihn, Jane zu betrügen. Dennoch fühlte es sich so an. Und er blieb an diesem absurden Gedanken hängen wie eine Plattenspielernadel an einem Sprung in einer Vinylrille, wahrscheinlich weil er seinerzeit über Janes Betrug auch nur mit großer Mühe hinweggekommen war.
Rosanna ging zum Fenster, um die Rollläden leise hinunterzulassen und den Tag noch eine Weile auszusperren. In der Fensterscheibe spiegelte sich ihr nackter Körper, und sie hielt inne, um sich zu mustern. Sie fand eigentlich immer irgendetwas, das sie störte – aber heute Morgen nicht. Stattdessen gelangte sie zu der seltenen Überzeugung, dass sie sich gefiel.
Als sie wieder zu Lukas unter die Decke schlüpfte, drückte sein Schuldgefühl, seit fünf Jahren ein ständiger Begleiter, weiter auf ihn nieder. Doch die Gewissheit, jene Freiheit nicht zu verdienen, um die er seit gestern Abend kämpfte, verflüchtigte sich mit jeder weiteren Berührung Rosannas. Er schmiegte sich an sie und öffnete endlich seine Augen, um gierig die Wärme ihres Lächelns zu empfangen.
Dabei war Rosanna insgeheim ein bisschen mulmig zumute. Schließlich hatte sie die Erfahrung ge macht, dass Männer nach einer ersten gemeinsamen Nacht zwei mögliche Verhaltensweisen an den Tag legten. Entweder sie verloren ihr Interesse und machten sich schleunigst aus dem Staub. Oder sie verfielen vorschnell in überzogene Begeisterung und sprachen von Liebe – um dann später das Interesse zu verlieren. Sie war gespannt, in welche Kategorie Lukas fallen würde und wie sich das mit ihrer Schicksalsaufgabe vertrüge. Oder hatte sie die bereits erfüllt? Aber konnte das Universum wirklich verlangt haben, dass sie mit ihrem Lebensretter bloß ins Bett stieg? Der sich dabei einstellende recht halbseidene Eindruck passte irgendwie nicht zu der majestätischen Erleuchtung, die man seiner Bestimmung zuschrieb.
»In einem Buch wäre dieser Morgen ein echt schwieriges Kapitel«, sagte Lukas. »Denn je mehr man über Sex redet … Irgendwie gleitet so was immer ab, findest du nicht?«
Rosanna zwickte ihn in die Seite. »Gib’s doch zu, dass du gern mal in ›Lodernde Leidenschaft‹ reinlesen würdest.«
»Ich mein’s ernst. Jetzt ist schließlich genau der Augenblick, in dem alles furchtbar schwierig werden kann.«
Rosanna strich mitleidig über seinen Bart. »Du musst nicht versuchen, bei mir zu punkten.«
»Würde ich auch nie tun.«
Sie lächelte, drehte sich zu ihm und stützte sich auf ihren Ellbogen. Ihr Haar fiel in sein Gesicht. Er strich es zurück und hielt es sanft nach hinten, um sie ernst anzusehen.
»Ich werde dir heute nicht sagen, dass ich mich in dich verliebt habe.«
Rosanna sah ihn erstaunt an.
»Aber ich möchte nicht gehen«, fuhr Lukas leise fort. »Macht dir das ein bisschen Angst?«
Rosanna sah keinen Grund zu lügen. Sie nickte.
»Mir auch«, erwiderte er und lächelte befreit. Auch Rosanna spürte Erleichterung durch ihren Körper strömen. Es schien ihr, als hätten sie und Lukas mit vereinten Kräften ein Hindernis überwunden, an dem sie vorher jeder für sich zu oft gescheitert waren. Rosanna wollte noch nicht so weit gehen, sich für glücklich zu halten, aber sie hatte das Gefühl, dass es dazu durchaus kommen könnte. Die Vorstellung, ihre Schicksalsaufgabe erfüllt zu haben, indem sie sich auf Lukas einließ, verlor ihre Anrüchigkeit. Vielleicht, dachte Rosanna, war dies nicht der Augenblick, in dem alles furchtbar
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