Bestimmt fuer dich
schwierig wer den konnte, sondern wunderbar einfach. Die Zukunft würde sie allerdings eines Besseren belehren.
12
Lukas konnte sich an keinen April mit solch beständigem Sonnenschein zurückerinnern. Die Bäume blühten über Nacht auf, und der noch bis vor Kurzem schneidende Wind umspielte einen bis in die Abendstunden mit sanfter Wärme, als kündigte er bereits den Sommer an. Angespornt davon verbrachten Rosanna und Lukas die nächsten Tage wie einen Urlaub. Sie verschwendeten keinen Gedanken an ihre perspektivarmen Jobs und verdrängten Existenzängste, wann immer sie Geld aus den Bankautomaten zogen. Sie schliefen lang, machten ausgedehnte Spaziergänge, legten sich ins Gras (obwohl Lukas die Angst vor Zeckenbissen mit anschließender Hirnhautentzündung plagte), gingen schwimmen, kochten gemeinsam (Aufwendigeres als Fertigpizzas), ließen sich zusammengeku schelt in Kinos selbst solche Filme gefallen, die sie sonst nie angeschaut hätten, lauschten Musik aus dem Radio und Rosannas ungewöhnlicher CD - Sammlung, arbeiteten sich bis tief in die Nacht durch weitere »Star Trek«-Staffeln und hatten so viel Sex wie hormongeschwängerte Teenager, aber sehr viel besseren.
Da Lukas behauptete, seine Wohnung wäre klein und ungemütlich, blieben sie die ganze Zeit bei Rosanna. Dass es noch einen anderen Grund gab, schien offensichtlich, doch Rosanna wollte genauso ungern nachfragen, wie Lukas eine Erklärung abzugeben geneigt war. Zu viel Lebenszeit hatten sie beide unglücklich verbracht, als dass sie das Risiko ein gehen wollten, sich durch nörgelnde Wahrheiten aus ihrem Zustand gefühlstrunkener Hoffnung herausholen zu lassen. Handys blieben aus und die Post unbeachtet.
Lukas und Rosanna stellten sich auch keine Fra gen, weder zu ihrer Vergangenheit noch zu ihrer Arbeit, ihren Hoffnungen und Träumen, denn all das hätte die Illusion ihrer sorglosen Zweisamkeit empfindlich stören können. Es genügte ihnen, beieinander zu sein und sich zu genießen, zu lachen und manchmal einfach nur zu schweigen, Hand in Hand, Haut an Haut.
Dann kam der Abend, an dem sie beschlossen, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen.
13
Begeisterte Schreie erfüllten die mit den Gerüchen von Süßem und Gebratenem ge schwängerte Luft, als die Wagen der Achterbahn über den Schienenverlauf donnerten.
»Hast du Angst?«, fragte Rosanna.
Lukas zuckte die Achseln. »Man weiß nie, wie genau die Sicherheitsvorschriften beachtet werden.«
»Sieht nicht so aus, als ob hier gleich alles in sich zusammenbricht.«
»Sieht das jemals so aus?« Lukas seufzte.
»Warum denkst du immer gleich, das Schlimmste würde passieren?«
»Weil es das für gewöhnlich tut.«
»Wäre ich dann hier?« Sie lächelte, und Lukas wollte sich gern überzeugen lassen. In der vergangenen Woche hatte er Grundsatzdiskussionen vermieden, aber natürlich bemerkt, dass Rosanna jemand war, der eher unüberlegt in eine Situation hinein marschierte. Lukas hingegen überlegte so lange, dass die Situation oft vorbei war, wenn er endlich entschieden hatte, sich ihr zu stellen. Seine Hoffnung, die größtmögliche Sicherheit zu erzielen, raubte ihm somit die Chance auf viele Erfahrungen, die ihm geholfen hätten, bessere Entscheidungen zu treffen. Die Woche mit Rosanna hatte ihn zumindest so weit beeinflusst, dass er aus diesem Kreislauf ausbrechen wollte.
Also nickte er zum Kartenhäuschen für die Achterbahn hinüber und bedeutete Rosanna mit einem mutigen Lächeln, ihm zu folgen.
Eigentlich hatte er den Rummelplatz gar nicht aufsuchen wollen. Aber in der Stadt hatte ein derartiges Gedränge geherrscht, dass Rosanna und ihm der Weg nach Hause versperrt gewesen war und das Besuchermeer sie durch die Nacht zu den bunten, blinkenden Lichtern des Riesenrads getrieben hatte.
Auf dem Weg zur Achterbahn passierten Lukas und Rosanna ein kleines Zelt mit einem hölzernen Eingangsportal. Bemalt war dieses mit einem über dimensionalen scharf geschnittenen Gesicht, dessen tief liegende Augen unheilvoll funkelten, während zu beiden Seiten ausgestreckte Handflächen bereit zu sein schienen, die Passanten zu packen und einer hungrig im Zelt wartenden Kreatur einzuverlei ben. Verschnörkelte Buchstaben über dem Portal versprachen: »Der große Shandu sagt deine Zukunft voraus!«
Rosanna wollte Lukas weiterziehen, doch der blieb stehen und betrachtete das Zelt des Wahrsagers mit vergnügter Geringschätzung.
»Das ist die Gelegenheit«, freute er sich.
Rosanna wies ihn
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