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Bestimmt fuer dich

Bestimmt fuer dich

Titel: Bestimmt fuer dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Rognall
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über den Buchrand zu Rosanna hinüber, die auf einem weichen Sofa saß und ihren verletzten Fuß auf einem Extrakissen ausruhte, obwohl er nicht mehr wehtat und auch abgeschwollen war. Möglicherweise lag das an der Wirkung der Salbe, die die Hausherrin Carolin eilig herangeschafft hatte, vielleicht aber auch daran, dass die Verlet zung nicht schwer genug gewesen war.
    Nun kam Carolin mit einem dampfenden Becher Kakao aus der Küche und stellte ihn auf einen Untersetzer vor Rosanna auf den Tisch, neben eine kleine Schale mit Sahne und einen Glasteller mit Gebäck.
    »Sie machen sich viel zu große Umstände«, sagte Rosanna.
    »Nicht der Rede wert«, meinte Carolin und erwiderte das verschwörerische Lächeln ihrer zweijährigen Tochter, die nach einem kurzen Blick zu Rosannas Fuß wieder die Nase in ihr Bilderbuch steckte.
    »Und, wohnen Sie auch in der Gegend?«, fragte Carolin und nahm sich einen Keks.
    Rosanna zögerte. »Ich würde gern.«
    »Schön hier, nicht?« Carolin lächelte. »So ruhig. Nette Nachbarn.«
    »Und viel Grün«, fügte Rosanna hinzu und fühlte sich dabei ziemlich dämlich.
    »Das war meinem Mann und mir sehr wichtig.« Carolin warf einen beiläufigen Blick auf Rosannas leeren Ringfinger.
    »Wir suchen hier auch was«, sagte Rosanna schnell. »Mein Freund und ich.« Und als fühlte sie sich dazu gezwungen, fügte sie hinzu: »Wir heiraten bald. Nächsten Monat.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Carolin und strahlte Rosanna an, die sich darüber fast so freute, als entsprächen ihre Worte der Wahrheit.
    »Was machen Sie denn beruflich?«, fragte Carolin.
    »Immobilienmaklerin«, log Rosanna. »Mein Freund auch.« Sie lächelte. »Deshalb bin ich hier herumgelaufen. Immer auf der Suche nach geeigneten Objekten.«
    »Also, wir wollen nicht verkaufen«, sagte Carolin und lachte mit gespieltem Bedauern. Rosanna kicherte mit.
    »Jetzt müssen Sie aber mal probieren«, drängelte Carolin und gab mit einem Löffel eine ordentliche Portion Sahne auf den Kakao.
    »Nicht so viel«, protestierte Rosanna.
    »Ich nehm nie weniger«, erklärte Carolin. Was Rosanna angesichts der perfekten Figur der Frau für eine Lüge hielt.
    »Liegt in der Familie.« Carolin deutete auf ihre Wespentaille. »Selbst nach der Geburt konnte ich weiter essen, was ich wollte.«
    »Beneidenswert.«
    »Hoffentlich ist’s beim nächsten Mal genauso.«
    »Sind Sie …«
    Carolin nickte und strahlte wieder. »Vierter Monat. Ich weiß, man sieht noch nichts. Als ich Stella erwartete, war’s dasselbe.« Sie verzog das Gesicht, als wollte sie eine besonders gute Pointe untermauern. »Man wollte mir die Schwangerschaft kaum glauben.«
    Rosanna versuchte, das amüsant zu finden. Der Name des kleinen Mädchens auf dem Fußboden verwirrte sie. »Ihre Tochter heißt Stella?«
    »Ja«, strahlte Carolin. »Ursprünglich kam die Idee von meinem Mann, aber ich fand sie auch gleich toll.«
    Rosanna spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen. Sie holte ein Taschentuch und schnäuzte sich.
    »Alles in Ordnung?«
    »Heuschnupfen.«
    »Sie Arme«, sagte Carolin voller Mitgefühl, um dann plötzlich zu schmunzeln. »Schon komisch.«
    »Bitte?«
    »Ich musste gerade daran denken, dass ich früher nie gedacht hätte, mal in der Vorstadt zu wohnen, mit Kindern und so. In der Schule war ich total wild und gegen alles Kleinbürgerliche.« Carolin lachte wieder. »Aber wie das Leben so spielt …«
    Rosanna griff nach einem Keks, der in ihren angespannten Fingern zerbröckelte, was Stella vergnügt glucksen ließ.
    »Was denn, Schatz?«, fragte Carolin ihre Tochter beschwingt. »Freust du dich?«
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Rosanna und stand auf. Das Stechen in ihrem Knöchel kehrte zwar zu rück, aber Rosanna wollte nicht mehr länger warten.
    »Sie haben immer noch nicht von Ihrem Kakao probiert«, beschwerte sich Carolin.
    »Tut mir leid«, murmelte Rosanna. »Ein Termin. Ich muss wirklich los.«
    Sie schleppte sich zum Wohnzimmerausgang, bedankte sich noch einmal pflichtschuldig für die fürsorgliche Gastfreundschaft und humpelte weiter zur Haustür. Beinahe wäre sie erneut in das Schlagloch auf dem Bürgersteig getreten, als sie sich noch ein mal umdrehte, in der Angst, dass Carolin ihr mit der kleinen Stella auf dem Arm zum Abschied hinterherwinken wollte.
    Aber die Haustür blieb geschlossen.

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    Durch die Milchglasscheiben des Haus eingangs konnte Lukas schon von der Straße aus sehen, dass jemand vor seiner Wohnungstür wartete.

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