Bestimmt fuer dich
Vielleicht hatte Rosanna seine Anrufe missachtet und war einfach hergekommen, weil ihr Handy-Akku den Geist aufgegeben hatte.
Als Lukas die Treppe hinaufstürmte, musste er allerdings feststellen, dass es Dominik war, der auf der Fußmatte saß und gegen die Wohnungstür lehnte.
»Was willst du hier?«, herrschte Lukas ihn an.
Dominik schüttelte fassungslos den Kopf, während er nach den richtigen Worten suchte. Der sonstige Ausdruck entspannter Dauerfröhlichkeit war von seinem jungenhaften Gesicht verschwunden. Stattdessen erkannte Lukas darin eine Mischung aus Panik und Enttäuschung, die umso schlimmer wirkte, weil Dominik offenbar beides kaum kannte.
»Mein Artikel«, seufzte er.
»Du meinst: mein Artikel?«, verbesserte Lukas.
Dominik nickte unglücklich. »Du weißt es schon?«
»Was?«
»Er erscheint morgen! Unter deinem Namen!« Dominik rappelte sich auf und packte Lukas an seinem Jackenkragen. »Ich hab echt für dich gekämpft, weil – es is’ ja nich’ mehr dein Artikel, sondern mei ner. Aber die Arschlöcher wollten einfach nich’ nachgeben!«
Lukas verstand nicht. »Moment mal, warum woll ten die unbedingt, dass mein Name unter deinem Ar tikel steht?«
»Weil ich nur’n besserer Azubi bin – und du den bekannteren Namen hast. Jedenfalls haben die das behauptet.«
Lukas schnaubte ungläubig. Hatte Eva auch das eingefädelt, als weitere Demütigung? Schlimm genug, dass ihm der Artikel weggenommen und dessen Absicht ins Gegenteil verkehrt worden war. Jetzt musste er auch noch aushalten, dass ihm eine Meinung zugeschrieben wurde, die zu vertreten er nie bereit gewesen war.
Lukas sah auf die Uhr.
»Zu spät«, sagte Dominik. »Is’ schon alles im Druck. Außerdem würden die sowieso nix mehr ändern, das haben die mir alle total klargemacht.« Seine Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. »Was wird denn jetzt aus meiner Karriere?«
»Gehste eben zu einer anderen Zeitung«, sagte Lukas.
»Die nehmen mich doch alle nicht mehr. So was spricht sich rum, also, mein Benehmen!« Er seufzte so tief, dass die wabernde Alkoholwolke, die er dabei ausstieß, Lukas Übelkeit verursachte.
»Du hast ja getrunken.«
»Macht man doch so, oder? Also, wenn man gerade gefeuert worden ist, mein ich …«
»Die haben dich rausgeworfen?«
»Nur weil ich unseren Chefredakteur ’n bisschen beleidigt hab. Aber ich dachte, der sähe so was wie’n Profi. Dass ich aber auch immer so emotional reagieren muss«, jammerte Dominik. »Kannst du mir nich’ beibringen, so cool zu bleiben wie du?«
Da Dominik keine zwei Schritte machen konnte, ohne zu taumeln oder hinzufallen, führte Lukas ihn in seine Wohnung. Mit eilig gekochtem Kaffee wollte er den jungen Mann ein wenig ausnüchtern und umgehend wieder auf den Weg schicken.
»Is’ das geil hier«, lobte Dominik begeistert die kahlen Wände und die spärliche Möblierung. »Hier lässt sich’s arbeiten. Alles aufs Wesentliche reduziert. Keine Ablenkung. Nur Konzenra… Korenza…tion.«
»Trink schnell aus«, befahl Lukas und schob den dampfenden Kaffeebecher näher an Dominik heran.
Es klingelte an der Tür.
»Oh, deine Frau?«, fragte Dominik.
Lukas warf ihm einen finsteren Blick zu, stand auf und verließ die Küche.
Als er die Wohnungstür öffnete, stand Rosanna vor ihm.
»Und ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr –«
Weiter kam Lukas nicht. Rosanna fiel ihm um den Hals und hielt sich so sehr an ihm fest, dass er kaum noch Luft bekam.
»Was ist passiert?«
»Heyyy«, grölte Dominik ihnen entgegen, wäh rend er aus der Küche stolperte.
»Trink deinen Kaffee!«, bellte Lukas ihn an.
»Is’ noch so heiß.«
Rosanna musterte ihn, sah dann zu Lukas.
Der hob abwehrend die Hände. »Frag nicht.«
»Ach, nicht mal das?«, entgegnete Rosanna, plötz lich gereizt.
»Wir hatten einen furchtbar schlechten Tag«, erklärte Dominik.
Lukas nickte Rosanna zu. »Du wohl auch.«
»Muss schön sein, verheiratet zu sein«, seufzte Dominik.
Lukas schüttelte den Kopf. »Wir sind nicht –«
»Das sollte ein Lob sein«, erklärte Dominik und legte beruhigend eine Hand auf Lukas’ Arm.
»Würdest du jetzt bitte deinen Kaffee austrinken und verschwinden?«
»Hab ich was Falsches gesagt?«
»Diese Frage brauchst du grundsätzlich nicht zu stellen. Die Antwort ist immer Ja.«
Dominik stieß wieder eine Alkoholwolke aus und sah Rosanna hilfesuchend an. »Ich weiß gar nicht, was er hat. Schließlich sitzen wir in einem Boot. Wir beide sind
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