Bestrafe mich
Willen
ausgeliefert zu sein.
Eileen fuhr die drei Linien mit den Fingerspitzen entlang und genoss die Erinnerung
an das Vertrauen, das sie empfunden hatte. Raven hatte ihr genau das gegeben, was sie
sich während des Bondage-Shootings im Atelier von Leo Croft zum ersten Mal
ersehnt hatte: diese süße Hilflosigkeit, das völlige Ausgeliefertsein an einen fremden
Willen, das ihr den eigenen Körper noch bewusster machte.
Sicher würden Raven und der Lord in den kommenden Tagen intensivere Dinge mit
ihr tun, sie wirklich an ihre Grenzen bringen, wie Raven es ja schon angekündigt hatte.
Wollte sie das? Ja, sie wollte es. Sie verzehrte sich förmlich danach.
Eileen brauchte dringend einen Gesprächspartner und vor allem menschliche Nähe.
Sie erinnerte sich an die Regel, dass sie sich nur in Ravens Beisein durchs Haus
bewegen durfte. Was, wenn sie auf dem Weg zu Jennas Zimmer erwischt wurde? War
dann endgültig eine Bestrafung fällig? Egal, sie würde es wagen.
Sie öffnete die Tür und lauschte in den Flur hinaus, der von kleinen Strahlern
beleuchtet wurde, die in etwa drei Metern Abstand rechts und links an den Wänden
angebracht waren wie in einem Hotel. Alles war still.
Jennas Zimmer befand sich direkt an der Freitreppe. Dort hatte Raven bei der
Ankunft ihren Koffer abgestellt. Eileen ging barfuß über den weichen Teppich.
Wohlig krallte sie die Zehen in den hohen Flor. Sie bog um eine Ecke, und dann noch
mal, und kam an eine Treppe – allerdings an die falsche.
Klar , dachte sie, dass es in einem so großen Gebäude mehrere Treppenhäuser gibt.
Wenn ich diese Treppe runtergehe, lande ich im Erdgeschoss, dann muss ich von dort
nur die Eingangshalle finden, dort hochgehen und schon bin ich bei Jenna.
Natürlich wäre es einfacher gewesen, den Weg zurückzugehen und in einen anderen
Gang abzubiegen, in der Hoffnung, dort zur Freitreppe zu gelangen, aber Eileen war
zugegebenermaßen auch neugierig, was sich am Fuß dieser Treppe befand. Der
Dienstbotentrakt? Schlief dort irgendwo Raven? Sie meinte, fast wie ein Spürhund
seine Witterung aufnehmen zu können.
Als sie unten angelangt war, schlang sie fröstelnd die Arme um sich und wartete, bis
ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. In diesem Teil des Hauses war es
deutlich kühler, der Teppich war dünner, und den Luxus beleuchteter Flure gab es hier
auch nicht. Sie ging rasch den Gang hinunter auf ein Licht zu, in der festen
Überzeugung, dass sie so zur Eingangshalle gelangen musste, und landete in einem
Wintergarten, der zur Küche gehörte.
Sie versuchte verschiedene andere Wege und musste sich irgendwann erschöpft
eingestehen, dass sie sich verlaufen hatte. Immerhin war von ihrem Bewegungsdrang
nichts mehr übrig, und sie war müde genug, um jetzt endlich zu schlafen. Wenn sie nur
wüsste, wie sie in ihr Bett zurückfinden sollte!
Da hörte sie Schritte, und im nächsten Moment legte sich etwas Warmes um ihre
Schultern. Sie erkannte am Geruch seines Parfüms, dass es Ravens Morgenmantel sein
musste.
Sie drehte sich um und sagte kläglich: „Ich habe mich verlaufen.“
„Du bist nicht die Erste. Eine Zeitlang haben wir die Sklavinnen nachts ans Bett
gefesselt, damit wir sie nicht irgendwann skelettiert in einem der schwer zugänglichen
Winkel des Hauses finden. Anscheinend reichen simple Verbote nicht aus.“
Im Halbdunkel konnte sie nicht erkennen, ob er lächelte. Bevor sie noch etwas zur
ihrer Verteidigung vorbringen konnte, hatte er sie schon auf den Arm genommen. Sie
schloss zufrieden ihre Finger um seinen Nacken. Im Dunkeln spürte sie besonders gut,
wie seidig seine Haare sich anfühlten, nahm intensiv seinen Duft wahr.
In erstaunlich kurzer Zeit war sie wieder da, wo sie hingehörte. Raven stellte sie vor
dem Bett ab. „Brauchst du noch etwas? Hast du Durst?“
Sie zog seinen Morgenmantel aus und reichte in ihm zurück. „Nein, ich leide nur ein
bisschen unter Einsamkeit.“
Raven kniete sich neben das Bett und schob den rechten Ärmel seines
Seidenpyjamas ein Stück hoch. „Leg dich bitte hin.“
Er deckte sie nicht zu, sondern legte seine rechte Hand flach auf ihren Bauch. Reglos
und mit nur ganz leichtem Druck lag die Hand da, und dennoch war die Berührung
zärtlicher als ein Streicheln hätte sein können. Stille breitete sich im Raum aus, bis sie
meinte, das Mondlicht flüstern zu hören.
Eileen dachte daran, was Ravens Hände schon alles mit ihr gemacht hatten. Sie
hatten sie gewaschen und gekämmt, angezogen und
Weitere Kostenlose Bücher