Bestseller mit Biss - Bardola, N: Bestseller mit Biss
kalt wie die Nacht oder funkeln vor Zorn. Gut so, denn leuchteten sie immer nur warm wie Bernstein, würde es den Lesern wohl bald langweilig werden. Auseinandersetzungen beleben den Fortgang der Geschichte und sind deshalb fürs Erzählen wichtig. Das Besondere der Vampirsaga besteht auch hier darin, dass normale Beziehungskonflikte und übliche Gefühle wie Eifersucht und Freiheitsdrang durch die übernatürlichen Elemente intensiviert werden. Die normale Dreiecksgeschichte einer Frau zwischen zwei Männern wird durch die Besonderheiten der beiden Männer überhöht.
D ER GERUCH DER KEHLE
Was wäre die Vampirsaga ohne ihren Witz? Die Biss- Romane sorgen für Nervenkitzel und drücken auf die Tränendrüse, aber noch viel öfter verführen sie zum Schmunzeln und Lachen. Komik entsteht beispielsweise, wenn Bella rasch von
einem eher pathetischen Tonfall zu einer eher schnoddrigen Ausdrucksweise wechselt. Bei der versuchten Blutabnahme im Klassenzimmer spielt sich so eine Szene ab. Ein Crescendo des Leidens schildert Bellas Unwohlsein von kaltem Schweiß auf der Stirn und rebellierendem Magen über lauter werdendes Rauschen in den Ohren bis hin zu starken Schwindelanfällen. Ihre Freundinnen wissen noch nicht, dass Bella in Ohnmacht fällt, wenn sie Blut sieht. Doch als Edward sie in diesem Zustand entdeckt, möchte sie »... sterben. Oder wenigstens nicht kotzen«. Diesen abrupten Stilwechseln – vom echten Leiden und dem Wunsch nach Erlösung zum Wort »kotzen« -, von denen es in der Saga viele gibt, sind die herzhaften Lacher der Leser sicher.
Auch die Dialoge zwischen Bella und Edward sprühen vor Komik. Als Edward zum ersten Mal eröffnet, dass sich die Cullens gerne von Bären ernähren, pardon, vor allem Emmett vorwiegend von Grizzlybären, ist Bella so schlagfertig, tadelnd darauf hinzuweisen, dass grade keine Jagdsaison sei. Bella tut das, um ihre Entgeisterung und ihren Schrecken zu überspielen. Offenbar gelingt ihr das, denn Edward nimmt den Ball auf und weist darauf hin, dass die Verbote lediglich das Jagen mit Waffen betreffen. Damit könnte der scherzhafte Wortwechsel zu Ende sein, doch die unterschwellige Dimension des Schreckens erlaubt eine ausführliche Fortsetzung des Dialogs über Ernährungsgewohnheiten der Familie Cullen. Wir erfahren, dass Edward Pumas bevorzugt, dass sich die Cullens bemühen, sich auf Gegenden mit Überbestand an Raubtieren zu beschränken, und sie ohnehin immer darauf achten, die Umwelt zu schonen. Auch dies ist nur eine Kostprobe. Nach demselben Muster werden die Leser immer wieder gut unterhalten. Aber die Varianten haben es in sich: Neben der sachlichen Information zum Thema
Ernährungsgewohnheiten, neben der Komik, die dabei entsteht, und neben der unterschwelligen Dimension des Schreckens, löst diese Passage auf subtile Weise Assoziationen zu Geständnissen ähnlicher Art im Bereich der Erotik aus. Die unerfahrene Frau fragt den Mann zu einem Tabuthema aus (»Was magst du am liebsten?«) und erfährt dabei Geheimnisse, die sie zunächst schaudern lassen, aber an die sie sich irgendwann gewöhnen wird. Und schon im Gespräch versucht der Mann der Frau die Angst zu nehmen, indem er Details überhöht (»Es geht nichts über einen gereizten Grizzlybären«) und für entspannendes Lachen sorgt. Stephenie beschert den Lesern bestes Kabarett.
Das Gespräch zwischen Bella und Edward über das Thema Alter, in dem Edward von der unglaublichen Tatsache berichtet, dass er 1901 in Chicago geboren wurde, könnte so auch zwischen normalen Liebhabern ablaufen, bei denen der Mann deutlich älter ist als die Frau. Durch diese Nähe zur Realität hat das Gespräch trotz der absurden Daten, die darin vorkommen, etwas Authentisches. Sehr oft lässt sich reales Leben in die Lektüre übertragen. Die Identifikationsmöglichkeiten sind in dieser Vampirsaga sehr viel größer als in normaler Fantasy, übertrifft der Welt- und Realitätsgehalt bei Stephenie doch sogar oftmals den realistischer Romane. Der erste Band ist im Wesentlichen eine leidenschaftliche Liebesgeschichte zwischen Teenagern. Angereichert durch das fantastische Element der Vampire, das jeder Leser je nach Veranlagung verstärken oder abschwächen kann – so weit abschwächen, dass am Ende auch verschiedene Vampir-Elemente mit Gewinn in den Alltag hereingeholt werden können, um ihn neu zu reflektieren oder aus anderen Perspektiven zu betrachten. Welches Mädchen hat nicht das Problem, von einem Jungen verehrt zu
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