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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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Der Infinity Pool ist unmittelbar an die Felskante gebaut und so angelegt, dass man den Eindruck hat, sein Wasser würde direkt in den Ozean tief darunter fließen und sich ins Unendliche ausdehnen. Das saphirblaue Wasser hebt sich warm und leuchtend von den violettblauen Wellen des Meeres von Ion ab. Es handelt sich um einen zweigeteilten Pool mit einem großen, offenen, von einem Halbkreis eingefassten Bereich, von dem ein kleineres, in eine Art Höhle eingebautes Becken abgetrennt ist.
    Ivan will nicht, dass ich lang die Aussicht bewundere. Er ist der Meinung, dass die Teen-Beta im Bikini sofort in den Pool springen soll. Seine Methode, mir das mitzuteilen, besteht darin, mich von oben bis unten mit einem riesigen Schwall Wasser nass zu spritzen. »Spring rein, Beta!«, brüllt er.
    »Kannst du schwimmen, Elysia?«, fragt Liesel, die zu Ivan an den Beckenrand geschwommen ist.
    Ivan wirft mir einen prüfenden Blick zu. »Bei dem Körper, den sie hat, muss ihre First entweder eine richtige Sportlerin gewesen sein oder eines dieser schmalen, dünnen Mädchen, die nichts essen, aber wenn sie dann mal Babys haben, auseinandergehen wie ein Pfannkuchen, denk bloß an Mutter.«
    »Mutter ist doch nicht dick«, rufe ich, das Bild meiner schlanken Wohltäterin vor Augen, empört aus.
    »War sie aber, bis die Ernährungsberaterin in Heaven sie auf diese absolute Hungerdiät gesetzt hat!«, ruft Ivan fröhlich.
    »Vielleicht litt Elysias First ja unter Magersucht und ist deshalb gestorben«, sagt Liesel.
    Ivan schüttelt den Kopf. »Liesel! Baby! Du solltest noch nicht mal wissen, was Magersucht ist.« Dann deutet er auf mich. »Außerdem hatte ihre First nie und nimmer Magersucht.«
    »Woher weißt du das denn?«, fragt Liesel.
    Ivan beugt sich zu Liesel und flüstert ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie zu kichern anfängt und auf mein Bikini-Oberteil starrt.
    »Oh«, sagt Liesel und legt staunend den Kopf schief. »Das meint man also mit ›Sexbombe‹!«
    Ivan spritzt Liesel Wasser ins Gesicht. »So was sagt man nicht laut.«
    »Warum nicht?«, fragt Liesel. »Sie ist doch nur ein Klon. Das ist ihr doch egal.«
    Es stimmt. Es ist mir egal, ob man mir sagt, dass ich wie eine Sexbombe aussehe oder nicht. Ich fühle mich dadurch weder verletzt noch geschmeichelt. Ich bin einfach nur … ich blicke zu meinen vollen, runden Brüsten hinunter … aha, Sexbombe, so sagt man da also.
    Und außerdem bin ich jetzt selbst neugierig, ob ich schwimmen kann. Und das kann ich nur herausfinden, indem ich es ausprobiere.
    Ich stelle mich an die Kante des Infinity-Pools. Ich tauche meine Zehen hinein, ziehe sie wieder raus, fahre mit ihnen erneut durchs Wasser. Es fühlt sich warm und einladend an. Es ist, als würde das Wasser mich hineinziehen wollen, sobald ich es berühre – als würde da etwas nach mir rufen.
    Ivan und Liesel spielen ›Seepferdchen‹, während ich mit den Zehen herumplansche. Das Spiel der Geschwister läuft nicht fair ab. Ivan ist ein stämmiger junger Mann mit der Figur eines Wrestlers. Die kleine, zarte Liesel hat seiner Körperkraft nichts entgegenzusetzen. Ich verstehe jetzt, warum Mutter sich für ihren Sohn im Teenageralter eine andere Spielgefährtin wünscht. Aber Liesel quietscht, es scheint ihr also zu gefallen, dass ihr großer Bruder sich mit ihr so intensiv beschäftigt.
    Jetzt einen Kopfsprung machen. Ich habe das Gefühl, als müsste ich genau das tun, nichts anderes. Ich gehe hinüber zum Sprungbrett am tiefen Ende des Pools, stelle mich an die vordere Kante und beuge instinktiv die Knie.
    »Los!«, ruft Ivan. »Spring!«
    »Spring, Elysia!«, ruft auch Liesel.
    Ich federe auf dem Brett, dann stoßen sich meine Beine ab, mein Körper streckt sich und taucht mit den Armen voran ins Wasser ein.
    Ich kann einen Kopfsprung machen! Die Bewegung geschieht wie von selbst, sie fühlt sich für mich ganz natürlich an.
    Das Wasser umhüllt mich, und ich denke, dass sich so der Mutterleib anfühlen könnte, in dem alle echten Menschen heranwachsen. Im Wasser ist es warm. Dort fühle ich mich sicher und geborgen. Wie schön dieses Gefühl ist. Meine Haut öffnet sich dem weichen Wasser. Dieser Augenblick ist wie ein Wunder. Vor ein paar Wochen war ich noch nicht einmal am Leben. Vor ein paar Wochen verlor meine First ihr Leben und danach habe ich ihren Körper erhalten und jetzt bin ich hier. Ich erfahre, welches Geschenk es ist, am Leben zu sein (so nennen das die Menschen). Ich schwimme im Pool meiner neuen

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