BETA (German Edition)
Gesicht. »Er findet bestimmt, dass er dafür jetzt auch viel zu cool ist. Außerdem haben meine Tante und mein Onkel ganz klar gesagt, dass Tahir nur dann mit uns den Nachmittag verbringen darf, wenn keiner – keiner, Demenzia! – mit Raxia rumexperimentiert!«
»Pfff!«, macht Demenzia. »Lasst uns ein bisschen Spaß haben. Das ist reines Raxia von höchster Qualität, nicht dieses seltsame Steroidgemisch, das Ivan sich zusammenrührt. Richtig gutes Zeug.«
Tahir schaut mich an, und wir wissen beide genau, was der andere denkt. Ähnliche Augenblicke habe ich auch zwischen Tariq und Bahiyya beobachtet. Ich beuge mich zu ihm und flüstere ihm ins Ohr: »Wenn wir durch Raxia fühlen lernen, kann es uns vielleicht ja auch helfen, nicht durchzudrehen, irgendwann.«
Tahir nickt Farzad zu. »Ja«, sagt er. »Wir probieren euer Raxia aus.«
Farzad schleudert theatralisch die Hände in die Luft. »Wem soll ich hier gehorchen? Meinem Gefährten und Bruder, der unbedingt Raxia braucht, oder meiner Tante und meinem Onkel?«
»Deinem Bruder, Mann!«, ruft Demenzia.
»Dann lasst uns mal loslegen«, sagt Farzad.
Ich verstehe einfach nicht, was die menschlichen Teenager an dieser Droge finden. Raxia, das große Glücksversprechen. Alles, was passiert, ist, dass sie davon total dröge werden. Demenzia und Farzad stammen aus unglaublich privilegierten Familien. Und jetzt liegen sie auf Surfbrettern ausgestreckt da und starren sich gegenseitig an, bis sie in die Ataraxia ihrer Pillen verfallen. Ihre braun gebrannten Körper den Beach-Outfits sind schön, gesund, durchtrainiert. Die Welt gehört ihnen. Diese Teenager könnten alles tun, was ihnen in den Sinn kommt, statt nur zu befolgen, was andere ihnen vorschreiben. Aber sie liegen lieber reglos im Sand, die Augen halb geschlossen, die Mundwinkel mit zufriedenem Lächeln leicht nach oben gezogen.
»Du bist unglaublich gut gebaut«, murmelt Farzad und meint damit die halbnackte Demenzia.
»Nein, du bist unglaublich gut gebaut«, murmelt Demenzia und meint damit Farzad, der seine üblichen Boxershorts gegen eine knapp sitzende schwarze Badehose eingetauscht hat, die genug von dem erahnen lässt, was Demenzia offensichtlich ziemlich gut gefällt.
Sie strecken sich im Sand die Hände entgegen, haken die Zeigefinger ineinander und versinken in einen trägen Schlummer.
Tahir und ich sitzen neben ihnen am Strand und lassen den Fußball zwischen uns hin- und herrollen. Das Raxia hat bisher keine Wirkung auf uns. Jeder von uns hat eine Pille geschluckt, aber vielleicht sind wir als Teen-Betas dafür einfach unempfänglich. Bis jetzt jedenfalls.
Tahir beugt sich vor, um mich an der Fußsohle zu kitzeln. »Du bist unglaublich gut gebaut«, spricht er Farzad nach.
Ich beuge mich vor, um den Finger auf die Stelle unterhalb seiner Kniescheibe zu pressen, die den Kniereflex auslöst. Sein Bein schnellt nach oben. »Nein, du bist unglaublich gut gebaut«, sage ich.
Etwas geschieht mit uns in diesem Moment, etwas Undefinierbares, etwas, das nicht in Worte zu fassen ist. Und doch etwas sehr Wirkliches. Es ist da. Ich spüre es. In meinem Herzen. Ein plötzliches Begehren. Und in seinen Augen kann ich lesen, dass er es auch spürt.
»Vielleicht funktioniert das Raxia ja doch?«, sagt Tahir. »Irgendwas fühlt sich bei mir anders an. Ich werde nicht schläfrig wie sie. Aber ich fühle … etwas. Ich tu nicht mehr so, als wäre ich aufgeregt. Ich bin wirklich aufgeregt. Wie seltsam. Mein Herz klopft auf einmal wie wild.«
»Meines auch!« Ich fange an, mich so … lebendig zu fühlen. Kribbelig, wach, ausgelassen. Das reine Raxia, dem nicht Ivans Steroide beigemischt sind, scheint mich zu etwas Größerem und Strahlenderem wachzukitzeln, als ich es bisher erlebt habe. Ich fühle mich gut, nein mehr, ich fühle mich großartig. Ich blicke zu Tahir. Dieser Junge. Ich habe so große Lust auf ihn.
Tahirs Haselnussaugen leuchten wieder genauso auf wie beim letzten Mal, als er auf Raxia war. Ich erkenne in ihnen Begehren. Ehrlich und direkt. Kein Spiel wie in der FantaSphere.
Er rückt durch den Sand näher auf mich zu und legt die Hände auf meine Schultern. Er streichelt mich. Ich umschlinge seinen Kopf und ziehe sein Gesicht näher zu mir heran. Ich spüre, wie mein Puls auf einmal beschleunigt und mir das Herz in der Brust hüpft – flattert würden die Menschen wohl sagen. Plötzlich will ich Tahir unbedingt ganz nahe bei mir haben. Auf mir. Jetzt. Ich bin davon völlig
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