Betörende Versuchung
Service flogen in alle Richtungen, und ein dunkler Fleck breitete sich langsam auf Tante Graces geliebtem Aubusson-Teppich aus.
»Ach, du liebes bisschen«, fluchte sie. Georgiana, bereits an der Tür, um eine Zofe zu rufen, kicherte. Kurz darauf kehrte sie mit einem kalten Wickel zurück, den sich Arabella auf das Knie pressen konnte und setzte sich wieder hin.
»Danke schön.« Arabella schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. »Du bist ein Schatz.« Sie machte eine Pause, um dann mit gerührter Stimme fortzufahren: »Es ist eigentlich ein Wunder, dass wir beide Freundinnen geworden sind. 'Wir sind so verschieden, stimmt's? Du bist anmutig und zart wie ein Tautropfen, mir hingegen liegt Anmut völlig fern; ich bin groß und laut, ein Rüpel.«
» Ach, hör doch auf, Arabella. Du verkaufst dich unter Wert. Apropos: Gehst du heute auch auf das Fest der Benningtons? «
Arabella nickte.
»Hm«, machte Georglana. Sie hielt kurz inne. »Glaubst du, dass er da sein wird? «
Es gab keinen Zweifel, wen sie meinte. Arabella stöhnte auf. »Was für ein abschreckender Gedanke. «
Georgiana lachte, und Arabella wünschte, sie könnte das auch.
Georgiana konnte wirklich eine Nervensäge sein. Es war weit hin bekannt, dass - was Frauen anging – Justin Sterling sich nur die Allerschönsten der feinen Gesellschaft aussuchte. Auch n ur anzudeuten, dass sie und Jus tin einen atemberaubenden Anblick boten ... das war doch regelrecht lächerlich. Trotzdem musste sie sich ein gestehen, dass sie sich ganz tief in ihrem Inneren sogar ein wenig geschmeichelt fühlte.
Dem Himmel sei Dank, es war nichts zu sehen von ihm. Alles in allem wurde es ei g entlich ein ganz angenehmer Abend. Irgendwann ging sie, ganz außer Atem vom Tanzen, zu dem Ende des Saals, an dem Erfrischungen gereicht wurden.
»Arabella! «
Kurz vor der Schwelle drehte sie sich um. Walter Churchill kam ihr entgegen.
»Walter, hallo! Ich wusste gar nicht, dass du hier bist. «
Sie hasste sich fast dafür, wie lustlos sie sich plötzlich fühlte. Um ehrlich zu sein, war sie erleichtert gewesen, ihn bisher nicht gesehen zu haben ... und auch nicht Justin Sterling.
Sie mochte Walter, wirklich. An Justin, so sagte sie sich, brauchte sie keinen weiteren Gedanken zu verschwenden.
»Ich bin auch gerade erst gekommen«, erklärte Walter. »Arabella, bitte, ich muss unbedingt mit dir sprechen. « Er deutete auf einen kleinen Raum, der an den Ballsaal grenzte. Arabella überlegte kurz, dann folgte sie ihm zögernd.
Direkt im Eingang stand ein kleines Sofa. Dorthin führte er sie und bedeutete ihr mit einer Geste, Platz zu nehmen. Seine braunen Augen blickten vollkommen ernst, als er sich neben sie setzte - zwar nah, doch ohne sie zu berühren.
»Arabell a, bitte, sag mir, dass du nicht in ihn verliebt bist! «
Arabella blinzelte. Einen Gefühlsausbruch hatte sie nicht erwartet.
»Wie bitte? «
»Ich habe euch gestern Abend zusammen gesehen. Ich habe dich mit ihm gesehen ! «
Arabella holte tief Luft. »Redest du von Justin Sterling? «
»Ja. Du weißt über ihn Bescheid, nicht wahr? Ein schrecklicher Wüstling. Ein Schurke mit einer schwarzen Seele. Er hat es schon fertig gebracht, sich ein halbes Dutzend Mätressen gleichzeitig zu halten. Arabella -« Walter blickte sie flehentlich an. »Er wird dir das Herz brechen, wenn du es zulässt.«
Arabella konnte nicht anders und lachte. Du meine Güte - erst Georgiana, und jetzt auch noch Walter!
»Da kannst du ganz beruhigt sein, Walter. Ich bin standhaft. Ich würde mich nie von dieser Sorte Mann vereinnahmen lassen. «
»Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin, das zuhören.«
Sanft berührte er ihre Hand. »Arabella, ich finde dich anbetungswürdig. Ja, ich verehre dich ... «
»Walter, bitte.« Sie wusste, was jetzt kommen würde. Es war j a völlig offensichtlich ...
»Heirate mich, Arabella. Heirate mich. Denn ich schwöre dir, wenn du es nicht tust, brichst du mein Herz ... «
Arabella seufzte. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder lachen sollte. »Walter. Walter, bitte, sag nichts mehr! «
Sein Blick zerriss ihr das Herz. Mein Gott, dachte sie mit beinahe hysterischem Gefühl, eigentlich sollte sie in der Abweisung doch bereits Übung haben.
Hatte sie aber nicht. Sie plapperte drauflos und bemühte sich, ihn zu trösten. »Walter, versuch doch zu verstehen. Ich mag dich sehr gerne. Wirklich.« Das stimmte auch, und sie verstanden sich eigentlich ganz gut, wenn auch nicht prächtig. Aber
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