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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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doch egal, ob die Musik scheiße ist, das Album hat einen ideellen Wert für mich!«
    Die beiden Herren haben sich gegenseitig ins Aus geschossen, also hat Marie nun offiziell Pause. Sie nutzt diese dazu, ihre weibliche Fangemeinde zu amüsieren: Sie lächelt uns Jurorinnen besonders schön zu, schielt dabei aber gleichzeitig höchst unattraktiv, damit wir nicht kurz nach dem Wochenende noch alle lesbisch werden. Ich glaube nicht, dass ich in der Hinsicht gefährdet bin, aber ich bin mir genauso sicher: Wenn ich ein Typ wäre, würde ich natürlich auch auf Marie stehen, nicht auf Katja. Denn Marie verfügt über eine besondere Gabe. Sie ist Hellseherin, oder besser gesagt Hellhörerin, oder man kann es auch so ausdrücken wie Olaf es jetzt tut: »Hey, Marie, wann melden wir dich endlich bei Wetten, dass…? an? Uns entgehen Millionen, Baby! Millionen!«
    Marie grinst immer noch schielend in Olafs Richtung, denn Olaf hat einerseits völlig fantastische Vorstellungen davon, was er als Manager einer Wettkönigin verdienen könnte, und außerdem ist er stockschwul. Natürlich vergöttert er Marie trotzdem, aber statt sich nur in ihrem Lächeln zu sonnen, will er ihr Potenzial optimal ausschöpfen, wie er sagt.
    Olaf berät im richtigen Leben große Konzerne, die ihr Potenzial ebenfalls optimal ausschöpfen wollen, daher begegnen wir ihm mit leichtem Misstrauen, sobald er einen geschäftlichen Ton anschlägt. Wenn Olaf die Firma Doris Kindermann beraten würde, würde er ihr bestimmt raten, hundert Prozent der Belegschaft zu entlassen und Insolvenz anzumelden. Folglich rede ich mit Olaf ausschließlich über das Wetter oder über Maries Gabe.
    »Doki,«, wendet er sich nun auch an mich, »du hast doch Einfluss auf Marie. Sag ihr, ich darf sie bei der Sendung anmelden, bitte.«
    Natürlich kann Marie Olafs Worte nur allzu gut hören, also schüttelt sie nur den Kopf, während sie flüchtig die Theke abwischt. »Du spinnst Olaf, das würde nie funktionieren«, wehrt sie ab, aber Olaf hat sich an dieser Mission festgebissen.
    »Marie, ich sage ja nicht, dass du nicht trainieren musst, aber so als Außenwette wäre das genial! Überlege doch mal, was das für eine Werbung für den Laden wäre. Hunderte neue Gäste könntet ihr damit anlocken.«
    Es ist plötzlich sehr still in der Kneipe. Keiner gibt auch nur einen Mucks von sich, die Musik hat wahrscheinlich schon vor Minuten aufgehört zu spielen, nur hat es keiner bemerkt, weil alle gequatscht haben. Wir alle starren Olaf an, und dabei sehen wir wahrscheinlich aus wie ein verängstigtes Urvolk, das soeben von einem Forscher entdeckt wurde und darüber gar nicht erfreut ist. Auf einigen Gesichtern vermeine ich düstere Entschlossenheit zu erkennen: Sie wollen den weißen Mann meucheln, bevor ganze Armeen hier auftauchen und unsere abgeschiedene, wunderbar autarke Kultur zerstören. Olaf spürt die Feindseligkeit, errötet trotz des schummrigen Lichts sichtbar und nuschelt: »Ich meine ja nur.«
    Wie ein geprügelter Hund schleicht Olaf zu seinem Platz zurück, beobachtet von etwa zwanzig Augenpaaren, in denen sich durchaus noch Mordlust spiegelt.
    Und wer klärt die Situation? Wer kann aus allem Übel noch etwas Schönes zaubern, wer vermag es, dem bitteren Trank Süße zu verleihen? Natürlich nur sie:
    »Also, Olaf, zum letzten Mal, ich gehe nicht zu Wetten, dass…? , aber dafür …«, Marie gibt eine Lokalrunde Lächeln aus, »… mache ich jetzt eine kurze Show nur für euch, okay?«
    Alles jubelt, sogar Felix kann seinen Trennungsschmerz vorrübergehend vergessen. Er klatscht begeistert wie ein Seehund, der den Pfleger mit dem Fischeimer erspäht hat: »Ey super, Marie, ich bin als Erster dran, okay?«
    Und wieder sorgt Felix unabsichtlich für Erheiterung, und in das allgemeine Prusten ruft Albert hinein: »Hey, Felix, bist du sicher, dass deine Eltern nicht verwandt sind?« Und Felix schnappt zurück: »Natürlich sind die verwandt, die sind ja verheiratet.«
    Spätestens in diesem Moment wird allen klar, weshalb Kichermonster immer soviel zu giggeln hatte. Holger versucht, die Regeln noch einmal für Felix zu erklären:
    »Alter, das Spiel funktioniert doch nicht, wenn du sagst, dass du als Erster dran bist.«
    Felix haut sich mit der flachen Hand vor die Stirn: »Richtig, richtig, Alter! Sorry, ich bin grad ein bisschen neben der Spur, wegen Babsi.«
    Bevor Felix die Geschichte zum zwölften Mal erzählen kann, bestimmt Olaf: »Okay, dann verbindet Holger Marie

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