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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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dem Auge auf einem Schnapspinnchen gelandet. Sei froh, dass es umgedreht war. Wir haben dich hierhin hochgetragen. Katja ist stinksauer auf dich.«
    Den letzten Satz hätte er sich sparen können. Andi heult wieder. »Aber ich liebe sie!«, schreit er mit erstickter Stimme, »sie muss mir verzeihen. Sie wird mir verzeihen, oder Doki?«
    Gunnar gibt mir ein Time-Out-Zeichen, steht auf und verschwindet ins Bad. Vielen Dank.
    Ich tätschle Andis Kopf, vertrocknete Pomade segelt in riesigen Schuppen auf den Fußboden.
    »Andi, ich glaube, Katja braucht erst einmal Zeit für sich, lass sie am besten in Ruhe.«
    »Wie lange denn?«, wimmert der zusammengesunkene Klops zu meinen Füßen.
    »Eine Weile.«
    Andi schnieft laut, dann wischt er sich den Rotz mit dem Ärmel ab. Er ist nicht mehr er selbst, der Ärmste. Was hat er jetzt vor?
    »Hast du mal einen Eimer? Und einen Lappen?«, fragt Andi und erhebt sich tapfer.
    »Unter der Spüle.«
    Noch vor ein paar Tagen hätte ich mich schiefgelacht, wenn mir jemand erzählt hätte, dass ein halbnackter Banker mein Schlafzimmer putzen würde. Und ich hätte noch mehr gelacht, wenn ich gewusst hätte, dass es sich bei dem Mann um Katjas Andi handeln würde. Aber jetzt, wo ich ihn beobachte, wie er prüfend an sich herunterblickt, seine versiffte Hose hochkrempelt und den Wischmopp schultert, stimmt mich der Anblick sehr traurig.
    Er wird auch in den Ecken wischen. Und unter dem Bett. Kommentarlos die Spinnenweben entfernen. Und mir noch einen Zwanziger hinlegen, für die Umstände, die er gemacht hat. Katja weiß gar nicht, was sie an dem Mann hat. Hatte.
    Ich möchte an dieser Stelle Schwester Maria Walburgis ganz eindeutig widersprechen. Jesus mag alle verlorenen und suchenden Menschen lieben, aber sobald sie ihren Partner finden, ist er raus aus der Nummer. Ja, Jesus preist die Pärchen nicht, er hasst sie. Sonst würde er es nicht zulassen, dass sie sich ständig streiten, immer wieder zusammenraufen, und sich schließlich trennen, sobald sie Aussicht auf gemeinsame Batzen haben. Oder trennt Jesus die Paare? Und zwar genau in dem Moment, in dem ich endlich verstehe, dass sie zusammengehören. Und ich muss mir dann das Trauerspiel ansehen, von der Couch aus.
    Oder auch nicht.
    »Doris komm, lass uns in die Kneipe gehen, ja?«
    Gunnar geht jetzt doch lieber selber putzen, als einem anderen Mann dabei zuzuschauen. Vielleicht sollte ich ein Foto von Andi in meiner Wohnung aufhängen, das Beste wird sein, ich hole gleich die Kamera. »Geh schon mal nach unten, ich schaue nur noch kurz nach ihm, okay?«
    Als ich das Schlafzimmer betrete, steht Andi da, auf den Mopp gestützt schaut er aus dem Fenster. Er dreht sich zu mir, sein eines Auge schwarz, das andere pink geheult.
    »Ich kann nicht zurück nach Hause. Nicht in unsere Wohnung«, schnieft er.
    Natürlich kann er das nicht. Und selbstverständlich kann er nicht hierbleiben.
    »Doki, du bist echt eine gute Freundin.«
    Auf gar keinen Fall, Andreas Jahn.
    »Darf ich ein bisschen bleiben? Nur heute. Ich würde auch die Küche wischen, das lenkt mich ab, bestimmt.«
    »Gut. Aber schlafen kannst du hier nicht noch mal. Echt nicht.«
    Margret wäre stolz auf mich. Da habe ich mich mal ganz klar abgegrenzt, Beruf und Privatleben aber ganz eindeutig getrennt. Und nebenbei noch eine Beschäftigungstherapie organisiert.
    »Wenn du dich austoben willst, meine Nachbarin hat einen Staubsauger.«
    »Super.«
    Katja ist viel perfider, als ich es je vermutet hätte. Sie streitet sich nur mit Andi, damit der sich schlecht fühlt, und ihre Wohnung immer wie geleckt aussieht.
    »Okay Andi, ich bin dann weg. Bis … irgendwann.«
    Herrliches Wetter draußen, ein perfekter Sonntag im Frühsommer. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich Andis Putzzwang nicht vollkommen ausgereizt habe. Ich hätte ihm erzählen können, dass Katja schon einen neuen Lover hat. Einen Schwarzen, mindestens zwei Meter fünfzig groß. Nach dieser Information hätte er mir bestimmt noch meine Socken gebügelt.

XXV
    G unnar nimmt mich in den Arm und drückt mich. Sehr fest.
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe«, gesteht er mir flüsternd. Weint er?
    Paartherapeut Vladimir meldet sich mit einem konstruktiven Vorschlag zu Wort. »Ach Gunni, Anfang ist das Schlimmste. Komm Doris, ich zeige dir Trick.«
    Gunnar bleibt stocksteif vor der Hintertür stehen, wie ein bockiger Esel stemmt er seine Füße auf das Pflaster. Sollten wir ihm die Augen verbinden oder ihn auslachen?

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