Betreuung von Angehoerigen
die Möglichkeit haben, im Rahmen ihrer Fähigkeiten ihr Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Dies beinhaltet so weit als möglich die Beibehaltung des bisherigen Lebensstils, das Leben im gewohnten und weiterhin geschätzten Wohnumfeld und den gewollten Lebensstandard.
Keinesfalls darf der Betreuer seinem Handeln eigene Wertungen oder eigene Vorstellungen von einem angemessenen Leben zugrundelegen. Äußert ein älterer erkrankter Mensch den Wunsch, bei sich zu Hause zu wohnen, so hat der Betreuer durch geeignete Maßnahmen – ambulante Pflege, Essen auf Rädern, therapeutische Maßnahmen, Absprachen mit Verwandten und Nachbarn – eine vorschnelle Heimunterbringung möglichst zu vermeiden, auch wenn er selbst der Meinung ist, der Betroffene sei in einem Heim „besser aufgehoben“.
Recht auf Verwahrlosung
So weit als möglich muss der Betreuer das Wohl des Betreuten als Richtschnur für sein eigenes Handeln anlegen. Sogar ein „Recht auf Verwirrtheit“ hat die Rechtsprechung anerkannt ebenso wie – bis zu einem gewissen Grad – ein „Recht auf Verwahrlosung“. Es geht hier nur darum, das Recht des Betreuten auf Selbstbestimmung zu achten und durchzusetzen. Dabei wird auch die Vermeidung einer ernsthaften Gefahr (einer gesundheitlichen Schädigung) des Betroffenen als ein ihm dienendes Wohl aufgefasst. Es ist immer die besondere Situation des Betreuten zu beachten. Ein Betreuer hat nicht die Aufgabe, für einen besseren Lebensstil oder Lebensstandard des Betreuten zu sorgen, wenn dies nicht dessen Wohl entspricht.
Die Wünsche des Betreuten
Gerade weil oft verkannt wird, dass der Betreuer nicht seine eigenen persönlichen Maßstäbe anzulegen hat, sondern dem Wohl und den Wünschen des Betreuten verpflichtet ist, kommt es häufig zu Konflikten. Der Betreuer ist an die Wünsche des Betreuten gebunden und muss diesen entsprechen, soweit sie dessen Wohl nicht zuwiderlaufen und ihm selbst zuzumuten sind. Wenn also der Betreute in einer Angelegenheit, die zum Aufgabenkreis des Betreuers gehört, selbst einen Wunsch geäußert hat, muss der Betreuer diesem Wunsch in aller Regel nachkommen.
Unvernünftige Wünsche
Es kommt nicht darauf an, ob der Wunsch auf einer rationalen Grundlage beruht, der Betreute geschäftsfähig ist oder der Betreuer den geäußerten Wunsch für vernünftig hält. Der Betreuer hat sogar einen wirtschaftlich „unvernünftigen Wunsch“ zu erfüllen. Allerdings muss er in Gesprächen herausfinden, ob ein geäußerter Wunsch dem Betreuten wirklich über längere Zeit wichtig ist oder nur einen spontanen Impuls ohne tiefere Bedeutung darstellt.
Haftungsrisiko
Ein echter Wunsch des Betroffenen ist vom Betreuer zu realisieren. Diese Bindung an die Wünsche besteht nur zwischen dem Betreuer und dem Betroffenen. Handelt der Betreuer nach außen, also gegenüber Dritten, anders, als der Betroffene dies wünscht, bleiben diese Handlungen wirksam. Allerdings setzt sich der Betreuer einem Haftungsrisiko aus, wenn er von den Wünschen des Betroffenen abweicht. Der gesetzlich vorgegebene Vorrang des Willens des Betroffenen gilt nur im Rahmen des „Wohles“ des Betreuten.
Überzogene Wünsche
Die Pflicht, Wünsche zu realisieren, findet ihre Grenze auch im Rahmen der Zumutbarkeit. Wünscht der Betreute, dass er sich mit dem Betreuer wöchentlich über mehrere Stunden unterhalten kann, ist das überzogen und daher unbeachtlich. Auch ist der Betreuer nicht „Handlanger“ des Betreuten, sondern dessen rechtlicher Vertreter. Manche Betreute sind nicht in der Lage, dies nachzuvollziehen und meinen, der Betreuer sei „Mädchen für alles“. Beispiele für nicht zu berücksichtigende Wünsche des Betroffenen:
die Forderung, unerlaubte oder gar strafbare Handlungen zu begehen,
der Wunsch, eine Sportart zu betreiben, die körperlich kaum mehr ausgeführt werden oder zu ernsthaften Verletzungen führen kann,
die Idee, Weltreisen zu unternehmen, ohne finanzielle Mittel zu besitzen,
die Vorstellung, das Vermögen in der Wohnung („unter der Matratze“) zu sammeln, anstatt, wie vorgeschrieben, verzinslich anzulegen.
Betreuungsverfügung
Die Pflicht, die Wünsche des Betreuten zu respektieren und danach zu handeln, erstreckt sich auch auf Willensbekundungen, die bereits vor der Anordnung der Betreuung geäußert wurden, zum Beispiel Wünsche, die in einer Betreuungsverfügung niedergelegt sind. Davon darf der Betreuer nur abweichen, wenn eine betreute Person erkennbar nicht
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