Betreuung von Angehoerigen
alltäglichen Lebens ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Allerdings kann das Gericht den Einwilligungsvorbehalt auch auf Willenserklärungen des Betreuten erstrecken, die lediglich geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens betreffen. Insoweit spricht man von einem erweiterten Einwilligungsvorbehalt.
KAPITEL 12
Die Tätigkeit des Betreuers
Eine Betreuung ist alles andere als ein Kinderspiel. Wer für einen Verwandten oder einen Freund diese verantwortungsvolle Aufgabe wahrnehmen will, muss sehr genau wissen, welche Pflichten zu erfüllen sind, was unter allen Umständen zu unterlassen ist und wo die Grenzen übertragener „Aufgabenkreise“ liegen.
IN DIESEM KAPITEL ERFAHREN SIE,
warum eine Betreuung nie lediglich anonyme Verwaltung sein darf,
welche Rolle der Wille, die Wünsche und das Wohl des Betreuten spielen,
warum der Betreuer persönliche Kontakte zum Betreuten aufzubauen und zu pflegen hat,
was er dem Betreuungsgericht mitzuteilen hat.
Der Grundsatz der persönlichen Betreuung und die Leitlinien der Betreuungstätigkeit
Selbstverwirklichung
In der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland haben Freiheitsrechte eine außerordentlich hohe Bedeutung. Auch betreute Personen haben deshalb das Recht auf Selbstverwirklichung. In keinem Fall darf ein Betreuer die Person, die er rechtlich vertritt, anonym „verwalten“. Dies gilt für alle „Aufgabenkreise“, die ein Betreuer übernimmt. Die Begründung des Gesetzes hebt die „persönliche Betreuung“ als besonderes Regelungsziel hervor. Daher muss der Betreuer persönlichen Kontakt zum Betroffenen aufnehmen und auch für die Dauer seiner Tätigkeit einhalten.
Organisation
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die persönliche Betreuung bedeutet nicht, dass der Betreuer die Hilfe im Alltag oder die Pflege des Betreuten persönlich übernehmen soll oder muss. Putzdienste in der Wohnung, Fahrten zum Arzt oder der Einkauf von Lebensmitteln sind nicht Aufgabe des Betreuers. Diese tatsächlichen Handlungen obliegen nicht dem Betreuer, sondern nur die Regelung rechtlicher Bereiche. Der Betreuer ist gehalten, die Organisation des täglichen Lebens für den Betroffenen zu regeln, aber nicht selbst auszuüben: Er organisiert eine Reinigungskraft und putzt nicht selbst für den Betroffenen, er übernimmt nicht die tägliche Pflege, sondern wählt einen geeigneten ambulanten Dienst aus. Lediglich dann, wenn ein Betreuer gleichzeitig Ehepartner oder Verwandter ist, kann es sein, dass Betreuung und wichtige Aktivitäten im Haushalt, die auch im Interesse des Betreuten liegen, von ein und derselben Person wahrgenommen werden (an der Aufgabenstellung des Betreuers ändert das jedoch nichts).
Mittler und Interpret
Untervollmachten
Gegenüber Dritten ist der Betreuer oder die Betreuerin in jedem Fall Mittler und Interpret des Betreuten, um dessen persönliche Interessen durchzusetzen. Jeder Betreuer muss mit dem Betroffenen sprechen, persönlichen Kontakt halten und seine Lebensumstände und Persönlichkeit kennenlernen. Das gilt unabhängig vom übertragenen Aufgabenkreis. Gerade aufgrund dieser sehr persönlich angelegten Betreuung darf der Betreuer seine Aufgaben nur sehr eingeschränkt – durch Untervollmachten – an andere Personen delegieren. So darf er einen Vertreter als Hilfskraft einsetzen, der einzelne, vom Betreuer überschaubare Verwaltungsaufgaben übernimmt (zum Beispiel die Buchhaltung oder die Kontoführung für den Betroffenen). Die generelle oder pauschale Übertragung der Betreuung auf Dritte ist dagegen unzulässig.
Interessenvertreter
Im Gesetz sind für die Betreuungsarbeit wesentliche Orientierungspunkte vorgegeben, der Betreuer muss sich danach richten. Die allgemeinen Vorgaben verdeutlichen, dass der Betreuer der Interessenvertreter seines Betreuten ist, und nicht der Sachwalter anderer Personen (zum Beispiel von Angehörigen oder möglichen Erben). Das alleinige Augenmerk gilt immer nur der betreuten Person.
Das Wohl des Betreuten
Subjektive Sicht des Betreuten
Der oberste Maßstab für das Handeln des Betreuers ist das „Wohl“ des Betreuten. Schwierig ist oft die Beurteilung dessen, was dem Wohl des Betreuten entspricht. Dabei kommt es nicht allein auf objektive Kriterien oder die Einschätzungen und Meinungen des Betreuers an. In die Entscheidungen und Tätigkeiten des Betreuers ist vor allem die subjektive Sichtweise des Betreuten einzubeziehen. Eine Person, die betreut wird, soll
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