Betrogen
nur â«
»Wir müssen auch gar nichts reden. Sie können auch gerne den Kopf zurücklegen, die Augen schlieÃen und sich erholen. Ich hätte merken müssen, dass Sie inzwischen fix und fertig sind. Nach Konversation ist Ihnen vermutlich am wenigsten zu Mute.«
»Melina.« Um den Entschuldigungen ein Ende zu bereiten, streckte Chief die Hand über den Sitz und legte sie auf ihren Arm. »Ich bin nicht fix und fertig. Eigentlich würde ich mich über ein Gespräch sogar freuen. Wennâs dabei nur nicht um mich geht, einverstanden? Ich bin es leid, über mich zu reden. Können wir das Thema wechseln?«
»Natürlich. Und was dann?«
»Sex?«
»In Ordnung«, antwortete sie stoisch. »Möchten Sie dazu meine Meinung hören?«
»Bitte.«
»Nun, erstens sollte meiner Ansicht nach jeder Sex haben.«
Er grinste. »Sie sind schlagfertig.«
»Angeblich ja. Manchmal zu meinem Nachteil.«
»Stört es Sie, wenn ich meine Jacke ausziehe?«
»Keineswegs.«
Er schob die Smokingjacke herunter und warf sie achtlos auf den Rücksitz, dann zog er seine Schleife auf und öffnete den Hemdkragen. »Ah! Schon viel besser.«
»Möchten Sie etwas trinken?« bot sie an.
»Einen kräftigen Bourbon?«
»Ich hatte mehr an Diet Coke oder Evian gedacht.«
»Von beidem wäre mir ein Schuss recht.«
»Mit dem Bourbon«, sagten beide gleichzeitig. Sie mussten herzhaft lachen.
Als das Lachen verebbte, warf er ihr einen direkten und ernsthaften Blick zu. »Wartet zu Hause jemand auf Sie?«
Sie reagierte nicht sofort auf diese Frage. Erst als sie an eine Ampel kam, drehte sie den Kopf. Unverwandt schaute er in ein graues Augenpaar, das sich als ihr schönstes Attribut entpuppt hatte. Obwohl an ihr fast alles beinahe sensationell wirkte.
»Warum?«
»Weil ich Sie gerne auf einen Drink einladen möchte. Spricht etwas dagegen?«
Sie schüttelte den Kopf, dann wandte sie sich wieder der StraÃe zu und legte den Gang ein.
»Okay, also, würden Sie dann mit mir einen Drink nehmen?«
»Chief, Ihnen ist der Unterschied zwischen einer Medien begleitung und der anderen, eher anzüglichen Sorte, schon klar, oder?«
Wenn ihre Frage nicht von einem neckischen Lächeln begleitet gewesen wäre, hätte er fast befürchtet, dass er seine Grenzen überschritten und sie beleidigt hatte. Er legte die Hand aufs Herz. »Damit wollte ich nicht andeuten, dass Sie kein Vollprofi sind.« Nach diesem Satz zuckte er zusammen und meinte: »Oh, Himmel, das klang nun auch wieder nicht richtig, stimmtâs?«
»Nein, tat es nicht«, sagte sie lachend.
Erleichtert sagte er: »Erklären Sie mir Ihren Job.«
Zuerst gab sie ihm eine kurze Zusammenfassung, ehe sie dann doch weiter ging. »Die meiste Zeit verbringt man dabei im Auto, fährt quer durchs GroÃstadtgewühl und sorgt dafür, dass der Kunde pünktlich, entspannt und in positiver Stimmung zu sämtlichen Verabredungen und Medienterminen erscheint. Ich versuche, meine Kunden vor jedem möglichen Chaos zu schützen, das irgendwo unterwegs aufkeimen könnte.«
»Was zum Beispiel?«
»Verkehrsstau. Absagen und neue Termine in letzter Minute. Krankheit. Einfach alles, was Sie sich denken können. Manchmal
ist der Zeitplan sehr eng, und mir bleibt kaum Fahrzeit. Deshalb schleppe ich auch all die Sachen mit mir herum«, sagte sie, wobei sie mit dem Kopf zu den Vorräten auf dem Rücksitz deutete. »Ich habe sogar einen Erste-Hilfe-Kasten, Nähzeug und feuchte Tücher dabei.«
»Feuchte Tücher?«
»Einmal habe ich eine Fernsehdiva begleitet, die eine Phobie davor hatte, dem gemeinen Volk die Hände zu schütteln. Sie wusch sich nach jedem Körperkontakt.«
»Und wer war das?«
Ruckartig hob sie den Kopf und schaute ihn entgeistert an. »Möchten Sie, dass ich Ihre Geheimnisse unter meinen anderen Kunden verbreite?«
»Ich habe keine Geheimnisse.« Sein durchtriebenes Grinsen strafte seine Behauptung Lügen.
»Jaja«, meinte sie gedehnt. »AuÃerdem kann man mit feuchten Tüchern gut Bühnenschminke von dunklen Stoffen entfernen.«
»Im Ernst? Hm, man lernt wirklich nicht aus.«
»Ich habe durch Improvisieren gelernt. Ferner gehört es zu meinem Job, dafür zu sorgen, dass meine Kundschaft ihrem Status entsprechend
Weitere Kostenlose Bücher