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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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vertäfelten Zimmerwänden noch das darauf abgebildete Leben der Puebloindianer sagten ihm irgendetwas.
    Trotz seiner Bitte um ein Nichtraucherzimmer lag auf der Garderobe ein Aschenbecher in Form einer angriffslustigen Klapperschlange, deren rote Glasaugen im Widerschein des Fernsehers glitzerten.
    Es tat gut, Lucys vertraute Stimme mit ihrem knappen Nord-Ost-Akzent zu hören statt eines südwestlichen Näselns. »Welches Material?«
    Lucy holte weit aus: »Dieser Bruder Gabriel ist mir nicht geheuer! Gestern Abend habe ich mir im Büro seine Fernsehsendung angeschaut. Für meinen Geschmack klingt ›Neue Weltordnung‹ ein bisschen zu sehr nach Hitler. Meine erste Frage an ihn würde lauten: ›Und wer wird diese neue Weltordnung schaffen?‹ Obwohl ich eigentlich einen leisen Verdacht hege, wer ihm da vor Augen schwebt.«

    Â»Jedenfalls habe ich heute weiter recherchiert. Seine so genannte Kirche hat eine verblüffende Reichweite. Das ist keiner von unseren normalen TV-Predigern. Seine Ansprachen werden simultan übersetzt, in dreißig und mehr Sprachen. Er hat Anhänger in überwiegend jüdischen, katholischen, moslemischen und buddhistischen Ländern, also unter allen großen Religionen. Deren Führer sind angesichts der ständig wachsenden Zahl von Konvertiten alarmiert.«
    Â»Seine Lehre orientiert sich nicht exakt am Christentum, eigentlich nicht mal an der Heiligen Schrift. Jesus Christus erwähnt er nur selten und dann als Beispiel für Demut. Aber das Fehlen eines konkreten Dogmas hat seiner offensichtlich universellen Anziehungskraft keinen Abbruch getan.« Sie holte tief Luft. »Was mich auf Interpol gebracht hat.«
    Tobias hörte konzentriert zu und stellte sein Glas auf den Nachttisch. »Sicher steckt hinter diesem Entschluss ein logischer Grund.«
    Â»Na ja, über die Verbindung zu Jem Hennings sind wir ganz zufällig gestolpert, als wir –«
    Â»Als Sie «, korrigierte Tobias.
    Â»Verbindlichsten Dank«, sagte sie kess. »Als ich auf nationaler Basis nach ähnlichen Verbrechen gesucht habe, entdeckten wir mehrere Fälle, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Mord an Gillian Lloyd und der Entführung des Anderson-Babys hatten. Erst heute kam mir der Gedanke, meine Ermittlungen aufs Ausland auszudehnen. Und nun raten Sie mal!«
    Â»Ich bin ganz Ohr.«
    Â»Im Laufe der letzten zwei Jahre fielen fünf Europäerinnen nach einer erfolgreichen künstlichen Befruchtung einem Gewaltverbrechen zum Opfer, sprich Mord oder Unfall. Alle waren Single, gesund, überdurchschnittlich intelligent und sahen ungewöhnlich gut aus. Aber es kommt noch besser: Im selben Zeitraum wurden drei Kinder, die – mit Hilfe von Spendersamen  – entweder In Vitro oder durch Einspritzen von Samenzellen gezeugt wurden, innerhalb von zwei Tagen nach der
Geburt entführt. Zwei aus ihren häuslichen Bettchen, eines aus dem Krankenhaus.«
    Â»Aber rein statistisch gesehen, Lucy –«
    Â»Habe ich schon überprüft«, fiel sie ihm ins Wort, noch ehe er sein Argument aussprechen konnte. »Im selben Zeitraum wurde lediglich eine einzige andere Schwangere ermordet, meines Wissens in Portugal. Sie war verheiratet und auf normalem Wege schwanger geworden. Als Motiv wurde ein Raubüberfall ermittelt. Der Täter wurde gefasst und gestand, er habe sie rein zufällig wegen ihres Schmucks ausgesucht.«
    Â»Bei allen übrigen Kidnapping-Fällen, abgesehen von den erwähnten drei, ging es um Lösegeld. Einmal handelte es sich um Kindesmisshandlung im Wiederholungsfall. Alle diese Fälle wurden gelöst. Entweder kehrten die Kinder lebend zu ihren Familien zurück, oder man fand ihre Leichen.«
    Eigentlich hätte er wissen müssen, dass Lucy alle Fakten überprüfen würde, ehe sie eine Information an ihn weitergab. »Und was war mit den drei Kindern, die in Kliniken gezeugt wurden?«
    Â»Das muss ich Ihnen doch nicht wirklich erzählen, oder?«
    Â»Keine Spur«, mutmaßte er, »genau wie beim Baby der Andersons.«
    Â»Ganz genau.« Sie ließ ihm volle dreißig Sekunden Zeit zum Nachdenken. Anscheinend spürte sie, dass er seine Gedanken neu ordnen wollte. »Ich werde noch tiefer bohren«, erklärte sie ihm. »Mal sehen, ob irgendwelche Bruder-Gabriel-Jünger die Finger im Spiel hatten.«
    Â»Gut, aber zuerst

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