Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
Vom Netzwerk:
war.
    Â»Wir werden uns gemeinsam Antworten erarbeiten müssen, nicht wahr?«, fragte er.
    Sie nickte heftig.
    Â»Gut. Ich will, dass der Täter gefasst, angeklagt und verurteilt wird, egal, wer es ist. Deshalb ist es am besten, wenn wir
uns vom Schauplatz fern halten. Sonst vermasseln wir vielleicht noch etwas, und dann entkommt der Mörder Ihrer Schwester.«
    Â»Ich möchte auf keinen Fall –« Sie brach ab und schluckte tief bewegt. »Ich möchte auf keinen Fall, dass er entkommt. Ich möchte, dass er geschnappt und bestraft wird.«
    Â»Dann sind wir uns ja einig.« Nach einer brüsken Handbewegung ihres Vorgesetzten ließen die Beamten sie vorsichtig los und traten mehrere Schritte zurück.
    Sie verschränkte bewusst fest die Hände, um sich buchstäblich wieder in den Griff zu bekommen. »Wissen Sie, was passiert ist?«
    Er deutete Richtung Wohnzimmer. »Warum setzen wir uns nicht? Ich hätte ein paar Fragen an Sie.«
    Ein Mitarbeiter der Spurensicherung staubte gerade den Türrahmen zum Abnehmen von Fingerabdrücken ein und versperrte ihr den Blick ins Schlafzimmer. Zweifel überkamen sie. Vielleicht hatte sie sich etwas vorgemacht mit ihrer Überzeugung, sie sei für den Anblick darin gewappnet. Doch Fernseh-und Filmszenen hatten sie nicht auf die nackte Wirklichkeit vorbereitet. In derartige Umstände verstrickt zu sein, war viel schlimmer, als sie es sich je ausmalen oder irgendein Film hätte schildern können. Jede Sinneswahrnehmung war schockierend hautnah. Zu den befremdlichen Eindrücken für Augen und Ohren gesellte sich ein unbekannter Geruch, von dem ihr übel wurde.
    Kaum hatte sie auf dem Sofa Platz genommen, erkundigte sich Lawson, ob er ihr etwas holen könne. Sie schüttelte den Kopf.
    Â»Nichts zu trinken?«
    Â»Nein, danke.«
    Der Kommissar machte es sich auf der Polsterbank vor dem Sofa bequem. »Sollen wir irgendjemanden verständigen?«
    Â»Meine –« Plötzlich waren die Tränen da. In der einen Sekunde hatte sie noch trockene Augen. In der nächsten quollen
die Tränen nur so heraus und über ihre Wangen. Ihre Nase begann zu laufen. Lawson ließ von einer Polizistin Taschentücher bringen. Sofort war die Schachtel zur Stelle.
    Sie tupfte die Augen ab und schneuzte sich. »Gerade wollte ich sagen, Sie sollen meine Schwester anrufen. Verstehen Sie, wir stehen – standen – uns sehr nahe.«
    Er nickte grimmig. »Ihre Eltern?«
    Â»Schon verstorben.«
    Â»Weitere Geschwister?«
    Â»Nein«, sagte sie und räusperte sich, »nur wir beide.«
    Zum Zeichen des Bedauerns runzelte der Kommissar die Stirn. »Ich weiß, Ms. Lloyd, dass es hart ist, aber man wird Sie bitten, den Leichnam zu identifizieren.«
    Unter heftigem Schlucken nickte sie zustimmend.
    Â»Die Nachbarin, die sie gefunden hat, hat sie sofort wiedererkannt. Außerdem sehen Sie ihr erstaunlich ähnlich.«
    Â»Herr Kommissar, was ist passiert?« Sie konnte sich nicht mehr an seinen offiziellen Titel erinnern. Er korrigierte sie nicht.
    Beim ersten Anblick hatte Lawson einen quadratischen Eindruck auf sie gemacht. Er hatte seinen kastenförmigen Oberkörper in ein Sakko gezwängt, das mehrere Zentimeter zu kurz und eine Nummer zu klein war. Der Bürstenschnitt ließ seinen Kopf wie einen Kubus erscheinen. Sein Hals war dick und seine Augenbrauen buschig; sie liefen in einer Linie quer über die Stirn.
    Vermutlich hatte er als junger Mann Sport getrieben, vielleicht Football oder Ringen. Sein untersetzter Körperbau ließ ihn fies wirken. In seinen Augen lag ein abgeklärter, leicht zynischer Blick. Trotzdem benahm er sich freundlich und mitfühlend.
    Â»Ms. Lloyd, ich will nicht herumreden. Es war ein brutaler Überfall. Sie wurde mit einem scharfen Gegenstand getötet, wahrscheinlich ein Messer.«
    Â»Wurde sie erstochen?«

    Â»Mehrfach.«
    Unabsichtlich stöhnte sie leise auf, verschränkte die Arme vor dem Bauch, beugte sich vor und schaukelte ein wenig vor und zurück. Sie kniff die Augen zusammen, was einen neuen Tränenschwall auslöste.
    Â»Es tut mir Leid«, murmelte der Kommissar. »Wollen Sie wirklich niemanden bei sich haben?«
    Mit einem heftigen Kopfschütteln negierte sie seinen Vorschlag. »Wurde sie vergewaltigt?«
    Â»Der Gerichtsmediziner untersucht derzeit die Leiche. Sie wird fotografiert.

Weitere Kostenlose Bücher