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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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barsch.
    Unter Hennings Hieb war die straffe Haut über Chiefs Jochbein aufgeplatzt. Er hatte die Blutung mit einem Taschentuch gestillt, das ihm Birchman gegeben hatte. Anfänglich hatte es nicht wehgetan. Die Verblüffung über Hennings Attacke hatte jedes Gefühl betäubt, aber inzwischen war der Schock verflogen, und sein Gehirn gewann sein Schmerzempfinden zurück. Die Gesichtshälfte pochte.
    Im Laufe der letzten Minuten hatte ihn der Schmerz buchstäblich bombardiert, wobei jede neue Welle noch mehr stach als die letzte und ihm dazwischen keine Atempause gönnte. Mit der Wunde auf seiner Wange verhielt es sich genau wie mit der Nachricht, dass Gillian tot war: Der Schmerz setzte erst mit Verzögerung ein.
    Zuerst war er nur kurz verstört gewesen. Der Rollentausch der Zwillinge, Gillians Ermordung – zu viel Information, um sie auf einmal zu bewältigen. Aber mittlerweile spürte er den Verlust mit voller Wucht, und das war viel schmerzhafter als die blutende Wunde in seinem Gesicht.
    Sie war tot . Diese wunderschöne aufregende Frau war nicht mehr, war für immer für ihn verloren. Eine einzige Nacht, nicht einmal eine einzige. Nur ein paar Stunden. Aber was für unglaubliche Stunden. Er wollte sie wiederhaben, die Stunden und die Frau.

    Doch Tränen um diese Frau, die er kaum kannte, wären fast ein Sakrileg. Er hatte sich nicht das Recht verdient, wie Melina um sie zu trauern. Oder selbst wie Hennings. Deshalb befreite er sich auf dem einzigen Weg, der ihm blieb, von seinen aufgepeitschten Emotionen und hieb wütend um sich: »Zum Teufel, was hat er mit seiner Bemerkung gemeint, man habe Gillian umgebracht?« Er deutete mit dem Kinn zu Hennings hinüber.
    Â»Brauchen Sie was für Ihr Gesicht?«, erkundigte sich Lawson aufreizend ruhig.
    Â»Nein! Zum Kuckuck, nein. Genau wie Melina möchte ich diese Sache auch lieber gestern als heute hinter mich bringen. Wie wär’s, wenn Sie mir für den Anfang mal erzählen, warum dieses Arschloch mir die Verantwortung für Gillians Ermordung unterschiebt.« Zu seiner eigenen Überraschung hörte er, wie seine Stimme brach. Vielleicht war er tiefer getroffen, als er es sich selbst eingestehen wollte.
    Bei einem verstohlenen Blick auf Melina entdeckte er überrascht, dass sie ihn seinerseits so intensiv musterte, als versuche sie, seine Gedanken zu lesen.
    Â»Colonel, warum setzen Sie sich nicht und erklären uns Ihren Abend mit Gillian?«
    Lawson dirigierte ihn zu einem Stuhl, in den er sich dankbar fallen ließ. Erneut erkundigte sich der Kommissar, ob er etwas für sein Gesicht wolle, aber er schüttelte den Kopf. »Was möchten Sie wissen?«, fragte er matt.
    Â»Zuvor hätte ich mich noch gerne mit meinem Mandanten besprochen«, meinte Birchman. »Wir hatten noch keine Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen. Darauf bestehe ich, bevor er irgendwelche Fragen beantwortet.«
    Lawson wägte die Forderung des Anwalts ab, dann zuckte er mit den Achseln. »Klar. Wahrscheinlich könnten wir alle eine Pause brauchen. Zum Kopf auslüften. Hennings, Melina.« Er scheuchte sie zur Tür, durch die sie hintereinander den Raum verließen.
    Birchman zog sich einen Stuhl dicht an Chief heran.

    Â»Was macht die Backe?«
    Â»Werd’s überleben. Worüber möchten Sie sich unterhalten?«
    Auf diesen Unterton reagierte der Anwalt sauer. »Colonel Hart, ich gebe Ihnen den guten Rat, mit mir keine Spielchen zu spielen. Auf Ihrem Gebiet mögen Sie ja ein As sein, aber auf meinem bin ich das. Sie haben Raketen ins All geflogen und waren der Goldschatz der NASA.« Sein Blick schweifte zu Chiefs rabenschwarzen Haaren. »Sozusagen.«
    Â»Kommen Sie zur Sache.«
    Â»Die Sache ist die: Es käme beim Astronautenbüro nicht gut an, wenn Sie was verbockt hätten.«
    Die unverblümte Redeweise dieses Mannes überraschte Chief, obwohl er an derbe Sprache gewöhnt war. Kraftausdrücke gehörten bei den meisten Militärs dazu. Aber von einem eleganten Rechtsanwalt hätte er so etwas nicht erwartet. Vermutlich hatte ihn Birchman damit nur aus der Reserve locken wollen. Seine Strategie funktionierte.
    Â»Ich höre.«
    Â»Das Image eines NASA-Astronauten ist blitzblank. Schon immer. Klar gab’s im Laufe der Raumfahrtprogramme ein paar Querköpfe, aber deren Faxen blieben schön unter der Decke.«
    Chief gab

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