Bettgeflüster
Krankenbett zu besuchen“, sagte er spöttisch.
Sie schwieg sekundenlang. Offenbar hatte sie ihn erkannt und war nicht erfreut über seinen Besuch. Quinn hatte auch nicht damit gerechnet, dass sie begeistert sein würde. Harrie verbarg ihre Gefühle nicht hinter irgendwelchen höflichen Floskeln, sondern man wusste immer sogleich, woran man war. Und das gefiel ihm.
„Leider muss ich Sie enttäuschen, Quinn“, erwiderte sie schließlich gereizt, „aber ich bin nicht krank.“
„Darüber bin ich nicht enttäuscht“, entgegnete er ironisch. „Kann ich raufkommen?“
„Nein“, antwortete sie, ohne zu zögern.
Wieder lächelte er. „Sie sind nicht höflich, Harrie.“
„Wenn Sie auf Höflichkeit Wert legen, sind Sie bei mir an der falschen Adresse“, erklärte sie.
Sogar mit ihrer groben und abweisenden Art ihm gegenüber brachte sie ihn zum Lächeln. Er schüttelte den Kopf. Wenn sie glaubte, sie könnte ihn so leicht loswerden, irrte sie sich.
„Ich möchte aber mit Ihnen reden“, sagte er sanft.
„Wenn Sie nur Schadenfreude empfinden …“
„Nein, das tue ich nicht“, unterbrach er sie und wurde ernst. Er wusste genau, was sie meinte. Es behagte ihm nicht, dass er sie verletzt hatte. Das war nicht seine Absicht gewesen.
„Das glaube ich Ihnen nicht. Übrigens, wer hat Ihnen verraten, wo ich wohne?“, fragte sie misstrauisch.
„Raten Sie mal“, antwortete er.
Harrie seufzte. „Ich muss mit meinem Vater ein ernstes Wort reden.“
„Machen Sie auf, Harrie“, forderte er sie energisch auf. „Dann können Sie sich vergewissern, dass ich in friedlicher Absicht gekommen bin.“
Quinn betrachtete den Blumenstrauß in seiner Hand, den er ganz spontan bei einem Straßenverkäufer gekauft hatte. Man muss sich vor dem Griechen hüten, der Geschenke mitbringt, so oder so ähnlich lautet doch ein Sprichwort, dachte er. Aber erstens war er kein Grieche, und zweitens wollte er mit den Blumen keineswegs den Grund für seinen Besuch verschleiern. Er kannte Harrie jedoch gut genug und wusste genau, wie sie reagieren würde.
Es dauerte ihm viel zu lange, bis sie endlich den automatischen Türöffner betätigte. Rasch ging Quinn in das Gebäude, ehe sie es sich anders überlegen konnte. Harrie war ihm offenbar noch genauso feindlich gesinnt wie am Samstag. Und dafür hatte er Verständnis.
Nachdem er in ihrem Penthouse im obersten Stock aus dem Aufzug stieg, konnte er sie nirgends entdecken. Er hatte Zeit, sich umzusehen. Die Einrichtung wirkte behaglich, der Raum strahlte Wärme aus. Die Möbel waren aus Eiche, das Sofa mit den cremefarbenen Bezügen und die dazu passenden Sessel waren breit und bequem. Auf dem Esstisch stand ein Strauß gelber Blumen.
Die Frau hat Geschmack, überlegte Quinn. Nur was Richard Heaton betraf, ließ ihr Geschmack sie offenbar im Stich. Beim Gedanken an diesen Mann presste Quinn die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen.
In dem Moment kam sie ins Wohnzimmer. „Quinn“, begrüßte sie ihn kurz angebunden, „ich wollte gerade ausgehen“, erklärte sie und machte den Sicherheitsverschluss ihres goldenen Armbands zu, während sie auf Quinn zuging.
Natürlich war ihm schon am Samstag aufgefallen, wie schön sie war. Doch mit den dunklen Locken, die ihr über die Schultern fielen, dem kurzen grünen Kleid, dessen weiches Material sich an ihren perfekten Körper schmiegte, den langen, schlanken Beinen und den eleganten grünen Schuhen mit den hohen Absätzen sah sie einfach hinreißend gut und bezaubernd aus. Ihr Anblick raubte Quinn beinah den Atem.
„Quinn?“, wiederholte sie ungeduldig und fragend, weil er schweigend dastand und sie ansah.
„Entschuldigung“, sagte er und verzog reumütig das Gesicht. „Rome hat mir Ihre Adresse gegeben und behauptet, Sie fühlten sich heute nicht wohl und hätten nicht arbeiten können.“ Er zog spöttisch die Augenbrauen hoch. Sie sah keineswegs so aus, als wäre sie krank oder krank gewesen.
Harrie errötete vor Ärger. „Es stimmt, ich habe heute nicht gearbeitet“, fuhr sie Quinn an.
„Dann hat wohl so etwas wie eine Wunderheilung stattgefunden“, stellte Quinn ironisch fest. „Seien Sie nicht so nervös, Harrie. Sie haben doch sicher noch Zeit für einen Drink, ehe Sie wegmüssen, oder?“, fragte er herausfordernd und ließ sich in einen der bequemen Sessel sinken.
„Gibt es etwas zu feiern, Quinn?“ Sie sah ihn kühl an.
„Können Sie es sich nicht denken?“ Er zog eine Augenbraue hoch.
Ihre Miene
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