Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
Sie doch noch nichts vor, oder?«
Eher müder Blick.
»Sie tun es nicht für mich, Sie tun es für den König!«, rufe ich laut, und der Herr Oberstudienrat nimmt gleich eine ganz andere Haltung ein, und auch Georg Habersack murmelt: »Am dritten Ab-pfent? Von mir aus.«
Auf der Rückfahrt ins Landratsamt britzelt die Wintersonne von allen Seiten in die Autofenster, und ich bin so in Schwung, dass ich beinahe etwas Wichtiges vergessen hätte und dem Habersack ins Amt hinterherlaufen muss.
»Sie kennen doch die Frau Schöngruber?«, frage ich den Habersack, als ich ihn im Zimmer 359 wieder eingeholt habe.
»Aber ja. Eine ausgesprochen weltoffene und gebildete Person«, schnauft er und quetscht sich wieder zwischen Drehstuhl und Schreibtisch.
»Genau, so ist sie, unsere Emerenz«, gratuliere ich dem Herrn Habersack zu seiner Menschenkenntnis. »Dann haben Sie sicher auch gesehen, wie sehr ihr der König Ludwig am Herzen hängt. Und somit auch, dass wir sein Andenken bewahren und das Haus schützen, in dem er einmal übernachtet hat.«
Ich sehe dem Habersack an, dass er mich unglaublich gerne loswerden würde, aber ich bin noch nicht fertig.
»Können Sie mir eine Bestätigung schreiben, dass Sie was in die Wege leiten werden, und mir einen Stempel darauf machen? Damit ich was in der Hand habe, wenn ich auf die Insel fahre. Ich bin nämlich aus München, eigentlich.«
»Aus der Stadt sind Sie? Das versteh ich, dass da die Frau Schöngruber was Schriftliches sehen will«, meint der Habersack und zieht seine Computertastatur zu sich her.
Der Porsche schafft Rosenheim–Nymphenburg in gerade mal siebenundfünfzig Minuten, und ich werfe mich der Empfangsmieze in dem Moment entgegen, als sie die Glastür von BergmannPortfolio zur Mittagspause verschließen will.
»Dass Sie sich noch hierher trauen!«
Doktor Bergmann kommt stante pede aus seinem Büro geschossen und nimmt bei meinem Anblick sofort die Farbe eines gekochten Hummers an.
»Wer sagt Ihnen denn, dass ich nicht gerade die Polizei darüber informiert habe, dass Sie Ihrer Tante die notwendige medizinische Versorgung entziehen, und zwar ohne meine Einwilligung?«
»Sie wollen wirklich die Polizei informieren?«
Ich heuchle Begeisterung und halte ihm mein Handy unter die Nase. »Danke, dann muss ich das nicht mehr machen! Ich wollte Ihnen nur vorher noch die Bilder zeigen. Von meiner Tante. Und von ihrem Zimmer in Heiligenruh .«
Ich wische mit dem Finger über den Bildschirm.
»Hier, auch von dem Fenster, das sich nicht öffnen lässt. Ich wollte allerdings erst abwarten, bis das medizinische Gutachten von Oberärztin Helga Brüderle fertig ist, in dem stehen wird, dass Frau Drechsel stark dehydriert war, als wir sie aufgefunden haben, und unter einer depressiven Verstimmung als Reaktion auf den Heimatentzug gelitten hat. Und wissen Sie was? Ich bin mal gespannt, was der Haartest ergibt, den Frau Doktor Brüderle in Auftrag gegeben hat, sie meinte etwas von Morphium – stellen Sie sich das mal vor!«
Ich drehe mich um und meine zu Bergmanns Assistentin, die mich wie vom Donner gerührt beobachtet: »Hören Sie, ein Cappuccino wäre ausgezeichnet. Für den Herrn Doktor nichts, der muss auf seinen Blutdruck achten.«
Sie rauscht tatsächlich ab wie eine aufgezogene Puppe, und ich spreche etwas leiser.
»Und noch etwas, Herr Doktor, es ist doch auch Ihre Kohle, die ins Heiligenruh fließt, oder? Wo kommt die denn her, die Kohle? Und wo geht sie hin? In die Schweiz, wie die von Huberta von Federlein? Oder haben Sie noch irgendwo ein paar Offshoreverstecke? Bahamas? Cook Islands?«
»Seien Sie still, um Gottes willen«, zischt der Bergmann und zieht mich in sein Büro. Ich setze mich möglichst weit weg von den schweren gläsernen Briefbeschwerern und nicke der Empfangsschönheit zu, als sie hereinhuscht und mir einen Tipptoppcappuccino hinstellt.
»Was wollen Sie eigentlich von mir?«, faucht Doktor Bergmann, als sie die Tür wieder geräuschlos hinter sich zugezogen hat.
»Ich will gar nichts von Ihnen«, meine ich mit fester Stimme. »Und auch meine Tante nicht. Nicht mehr. Im Gegenteil, wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Also, lassen Sie sie bitte aus dem Vertrag!«
Weil Doktor Bergmann wie erwartet bereits die Hand hebt, um damit auf den Tisch zu hauen, ziehe ich mit Feldherrngebärde eine Klarsichthülle hervor.
»Ja ja, ich weiß, Sylt am See ist das Prestigeobjekt für Sie, und Sie werden uns Ihre Unterschrift nicht einfach
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