Bettler 01 - Bettler in Spanien
Spontanmutationen bei Mikroben, die von der kosmischen Strahlung verursacht wurden, gegen die wir nichts machen können. Ein…«
»Sechzehn, von denen wir wissen«, sagte Jennifer. »Kannst du garantieren, daß in diesem Moment nicht fremde DNA vortäuschende Mikroben in der Luft sind, die du einatmest? Die dein Baby einatmet?«
»Aber solange es keinen Beweis gibt…«, wollte Ratsmitglied Arnes schüchtern zu bedenken geben.
»Politischer Beweis ist ein Bettlerkonzept«, schnitt ihr Jennifer das Wort ab. »Du weißt das nicht, Lucy, weil du noch nie auf der Erde gewesen bist. Dort pervertiert man das Konzept des wissenschaftlichen Beweises, indem es der Staat selektiv zur Untermauerung von allerlei Begründungen anwendet, um Ansprüche an die geistig Überlegenen stellen zu können. Sie können alles ›beweisen‹ – in ihren Gerichtshöfen, in ihren Fernsehkanälen, in ihren finanziellen Geschäftsgebaren. Wie hoch war deine Einkommensteuer im letzten Jahr, Lucy? An den Staat New York? Und was hast du im Gegenzug dafür bekommen? Dennoch würde dir der Präsident der Vereinigten Staaten einen Beweis dafür anbieten, daß du eine Verpflichtung hast, die Schwachen zu unterstützen, indem du für sie bezahlst; falls du nicht bezahlst, würde er dir beweisen, daß sein Militär das Recht hat, die Einrichtungen zu beschlagnahmen oder zu zerstören, die du benutzt, um den Lebensunterhalt für dich und deine Gemeinschaft zu verdienen.«
»Aber«, hielt Ratsmitglied Arnes verwirrt dagegen, »Sanctuary zahlt Steuern! Sie sind ungerecht, aber wir zahlen sie.«
Jennifer antwortete nicht. Nach einer kleinen Pause sagte Will Sandaleros besänftigend: »Ja, wir zahlen sie.«
Ricky Keller sagte: »Es geht also darum, daß kein einziger dieser Zwischenfälle auf einen Angriff zurückzuführen war. Und doch gehst du immer davon aus, daß es sich um eine Attacke gehandelt hat. Selbst Gegenbeweise sind dir suspekt. Müssen wir denn mit unserem Verfolgungswahn so weit gehen?«
Jennifer sah ihren Sohn an. Stark, loyal, produktiv, ein Mitglied der Gemeinschaft, auf das man stolz sein konnte. Sie war stolz auf ihn. Sie liebte ihn und Najla genauso sehr wie damals, als sie noch Kinder gewesen waren, aber ihre Liebe hatte ihnen einen schlechten Dienst erwiesen, das wußte sie jetzt. Als Folge des dauernden Beschütztwerdens, der völligen Abschirmung von allem, was die Bettler ihnen antun konnten, waren sie in einem allzu großen Bewußtsein der Sicherheit aufgewachsen. Sie wußten nicht, wie es außerhalb dieser Enklave zuging, wo nicht die Gemeinschaft als Stütze, Schutz und Existenzsicherung fungierte und wo einem Menschen nicht Stütze, Schutz und Existenzsicherung zur Verfügung standen, damit er seine Begabungen verwenden konnte, um im Leben Erfüllung zu finden. Ihre Kinder wußten nichts von dem aggressiven, glühenden Haß, den die Bettler dieser Geisteshaltung gegenüber empfanden, weil Bettler nie ihr eigenes Leben erfüllen konnten, ohne das von geistig Überlegenen zu plündern. Ricky und Najla kannten das nur aus zweiter Hand – aus Fernsehsendungen von der Erde, wobei es sich für gewöhnlich um alte Berichte handelte, denn wie satt gefressene wilde Tiere verhielten sich die Bettler jetzt unter dem allgemeinen Versorgungssystem und ohne die dauernde Anwesenheit von Schlaflosen vor den Augen verhältnismäßig ruhig. Sie dösten im Sonnenschein billiger Y-Energie, und man konnte leicht vergessen, wie gefährlich sie in Wirklichkeit waren. Besonders leicht, wenn man, wie ihre Kinder, den Großteil seines Lebens in Sicherheit verbracht hatte.
Doch Jennifer würde es nie vergessen. Sie würde sich so genau erinnern, daß es für sie alle reichte.
»Wachsamkeit ist nicht gleich Verfolgungswahn«, sagte sie. »Und Vertrauensseligkeit außerhalb der Gemeinschaft ist keine Überlebenshilfe. Sie könnte uns alle in Gefahr bringen.«
Ricky sagte nichts mehr; er würde die Gemeinschaft nie in Gefahr bringen. Keiner von ihnen würde das je tun, das war Jennifer klar.
»Ich habe einen Vorschlag zu machen«, sagte Jennifer. Will, der einzige, der wußte, was jetzt kam, spannte jede Faser seines Körpers an. Er war bereit.
»Bislang sind alle unsere Schutzmaßnahmen defensiver Natur. Sie sind nicht einmal auf Gegenwehr ausgelegt, sondern beschränken sich auf reine Schadensbegrenzung. Das Herz unserer Existenz ist jedoch das Überleben der Gemeinschaft und ihrer Rechte, und eines davon ist das Recht zur
Weitere Kostenlose Bücher