Bettler 01 - Bettler in Spanien
scheißt du es nicht gleich hier in den Sand, du unmanierliche kleine Ratte?«
»Du, hast du ‘n Problem?« fragte Drew ganz ruhig. Eric war ihm zu der riesigen Pappel am Bach gefolgt, einem Ort, an dem Drew gern allein war. Und nun drehte er sich langsam so, daß er das Wasser in seinem Rücken hatte, und spannte alle Muskeln an.
»Du bist mein Problem, Ratte«, sagte Eric. »Du bist hier ein Parasit. Du leistest keinen Beitrag, du gehörst nicht her. Du kannst nicht lesen, du kannst nicht einmal essen! Nicht mal ordentlich gewaschen bist du! Warum springst du nicht ins Meer und läßt dir von den Wellen den Hintern abwischen!«
Drew drehte sich langsam weiter, und Eric drehte sich mit ihm. Das war gut. Eric mochte zwar zehn Kilogramm und zwei Jahre mehr auf dem Buckel haben als er, aber er wußte nicht, mit welchen Tricks man sich Vorteile verschaffte, wenn eine Rauferei auf einen zukam. Die Sonne begann, über Drews linke Schulter zu scheinen; er drehte sich weiter.
»Und du, du leistest wohl ‘n verdammt großen Beitrag, was?« gab Drew zurück. »Deine Oma sagt, du bist die allergrößte Sorge, wo sie hat, sagt sie!«
Erics Gesicht wurde dunkelrot. »Du wirst nicht mit meiner Familie über mich reden, Ratte!« brüllte er und stürzte sich auf Drew.
Drew ließ sich auf ein Knie fallen, bereit, Eric mit einer Schulter kurz abzufangen und durch seinen eigenen Schwung nach hinten in den Bach zu befördern. Doch unmittelbar, bevor Eric Drew erreichte, sprang er in die Luft – ein kontrollierter Sprung, der gräßliche schwarze Wellen durch Drews Brust zucken ließ: Er hatte einen furchtbaren Fehler gemacht! Eric trainierte regelmäßig – nur hatte Drew bisher nicht gewußt, um welche Art von Training es sich handelte. Die Spitze von Erics Schuh traf Drew unter dem Kinn, und ein Schmerz explodierte in Drews Kiefer. Sein Kopf schnellte nach hinten, und er spürte ein Knacken in seiner Wirbelsäule. Die Wucht des Tritts schleuderte ihn rückwärts über das flache Ufer in den Bach.
Alles wurde naß und rot.
Als er wieder zu sich kam, lag er auf einem Bett. Drähte und Nadeln steckten in seinem Körper und waren mit Maschinen verbunden, die summten und surrten. In seinem Kopf summte und surrte es auch. Er versuchte, ihn vom Kissen zu heben.
Aber sein Hals ließ sich nicht bewegen.
Also drehte er sein Gesicht so weit seitlich, wie es ging. Eine massige Gestalt saß auf einem Stuhl neben seinem Bett. Jordan Watrous.
»Drew!« Jordan sprang auf. »Schwester! Er ist wach!«
Daraufhin kamen eine Menge Leute ins Zimmer, die meisten davon nicht in Drews sorgfältiger Liste von Bewohnern des Anwesens. Leisha war nicht zu sehen. Sein Kopf schmerzte, sein Nacken schmerzte. »Leisha!«
»Hier bin ich, Drew.« Sie trat hinter dem Kopfende des Bettes hervor. Ihre Hand fühlte sich kühl an auf seiner Wange.
»Was is’n passiert… mit mir?«
»Ihr hattet eine Rauferei, du und Eric.«
Er erinnerte sich. Als er Leisha ansah, verblüfften ihn die Tränen in ihren Augen. Warum weinte sie denn? Die Antwort kam nach und nach – sie weinte seinetwegen! Wegen Drew. Ihm.
»Es tut weh!«
»Ich weiß, Schätzchen, ich weiß.«
»Kann den Hals nich’ bewegen, kann ich nich’.«
Leisha und Jordan tauschten einen Blick aus. Sie sagte: »Dein Kopf ist nur festgeschnallt. Deinem Hals fehlt gar nichts. Aber deinen Beinen…«
»Leisha, noch nicht!« Es hörte sich an wie eine flehentliche Bitte, und Drew wandte das Gesicht langsam und qualvoll Jordan zu. Er hatte diesen Tonfall noch nie aus dem Mund eines erwachsenen Mannes vernommen. Von seiner Ma oder seinen Schwestern ja, nachdem Pa ihnen eine ordentliche Abreibung verpaßt hatte. Aber nicht von einem erwachsenen Mann.
Etwas in seinem Kopf flüsterte: Das ist wichtig!
»Doch, jetzt«, sagte Leisha mit fester Stimme. »Die Wahrheit ist das beste, und Drew ist hart im Nehmen. Schätzchen, in deinem Rückgrat ist etwas gebrochen. Wir haben eine Menge in Ordnung bringen können, aber Nervengewebe regeneriert sich nicht… zumindest nicht bei Menschen wie… Die Ärzte haben unter anderem auch Muskelverstärkungen vorgenommen. Ich weiß, daß du jetzt noch nicht verstehst, was das bedeutet. Aber was du verstehen kannst, ist die Tatsache, daß dein Nacken in Ordnung ist – oder es bald wieder sein wird, in einem Monat etwa; deine Arme und dein Körper sind gesund. Nur deine Beine…« Leisha wandte das Gesicht ab; in dem harten Licht von der Decke glitzerten ihre
Weitere Kostenlose Bücher