Bettler 01 - Bettler in Spanien
Sie weiß nicht einmal davon. Es ist mein Geschenk an dich.«
Drew spuckte in seine Richtung, aber nicht weit genug, und die Spucke landete auf dem Schaumsteinboden. Eric verzog nicht einmal das Gesicht, ehe er sich abwandte.
Sie ließen ihn die ganze Nacht so festgebunden in seinem Bett liegen.
Am nächsten Morgen fütterte der Leibwächter Drew wie ein Baby. Drew spuckte ihm das Essen ins Gesicht, und der Leibwächter verpaßte ihm eine aufs Kinn – rechts von der Stelle, die Eric getroffen hatte – ehe er den Rest des Frühstücks in den Müllschlucker kippte. Er warf Drew eine saubere Jacke von der billigsten Sorte, die man auf Wohlfahrt beziehen konnte, aufs Bett und dazu eine Zugbandhose und ein loses Hemd, alles in ungefärbtem, biologisch abbaubarem Schmutziggrau. Drew beeilte sich nur deshalb, die Hose überzustreifen, weil er annahm, daß ihn die beiden sonst nackt in den Wagen schmeißen würden. Das Hemd schaffte er mit den Handschellen nicht. Er preßte es an die Brust, als ihn der Leibwächter hinaustrug.
Sie fuhren vier oder fünf Stunden mit nur einer Unterbrechung, vor der Drew vom Leibwächter eine Augenbinde angelegt wurde. Er spitzte die Ohren, als Eric ausstieg, aber alles, was er hörte, war leises Gemurmel, möglicherweise auf Spanisch. Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung, und nach einer Weile nahm der Leibwächter Drew die Augenbinde wieder ab; die flache Wüstenlandschaft war die gleiche wie vorher. Drews Blase fing bereits an zu schmerzen, und schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als sich im Wagen Erleichterung zu verschaffen. Keiner der beiden anderen äußerte sich dazu. Die Kunststoffhosen hielten die Pisse ohnedies an seine Haut gepreßt.
Beim nächstenmal hielten sie vor einem sehr großen, niedrigen fensterlosen Gebäude, das aussah wie ein Flugzeughangar. Drew hatte keine Ahnung, an welchem Ort sie sich befanden, in welchem Staat. Eric hatte den ganzen Vormittag kein Wort gesprochen.
»Hier gehe ich nicht rein!« stellte Drew fest.
»Zieh ihm erst mal diese nassen Hosen aus, Pat«, sagte Eric angeekelt.
Der Leibwächter packte die Hosenbeine am Saum und riß daran. Drew wollte sich wehren, aber er stellte sein fruchtloses Strampeln unwillkürlich ein, als ein Erdkuckuck ohne Eile sein Gesichtsfeld durchkreuzte. Aus seinem Schnabel hing eine halbgefressene Schlange; sie hatte grüne Haut, auf der in orangen Buchstaben ›puta‹ geschrieben stand.
Sie befanden sich an einem Ort, wo illegale gentechnische Spielereien unter den Augen der Bullen möglich waren!
Das Innere des Gebäudes war ein Gewirr von endlosen grauen Korridoren, alle von Y-Feldern blockiert. Bei jeder Kontrollstelle trat Eric zum Netzhaut-Scanner, und die Y-Schranke hob sich, ohne daß Eric ein Wort gesagt hätte. Was auch immer das alles zu bedeuten hatte, es war bis ins kleinste vorbereitet.
Die Angst in Drews Innerm war eine graue, zäh fließende, formlose Brühe, und diese Formlosigkeit war es, die sie so furchtbar machte.
Schließlich ein kleiner Raum mit einer sauberen weißen Liege. Pat ließ ihn auf die Liege fallen; Drew rollte auf der anderen Seite wieder hinunter und klatschte mit ungebremster Wucht auf dem Boden auf. Trotzdem versuchte er sich, nackt, wie er war, zur Tür zu schleppen, aber Pat klaubte ihn mühelos auf – gentechnisch verstärkte Muskelkraft –, schwang ihn auf die Liege und schnallte ihn fest. Jemand, den Drew nicht sehen konnte, berührte seine Stirn mit einer Elektrode.
Drew schrie auf. Der Raum wurde orange und dann rot mit hellen, heißen Flecken – jeder davon ein Stück verbranntes Fleisch. Doch das war alles bloß in seinem Kopf, denn noch hatte ihn nichts anderes berührt als kaltes Metall. Aber das würde sich bald ändern, sie würden seinen Geist ausglühen…
»Drew«, sagte Eric leise und sehr nahe an Drews Ohr, »hör mir zu. Das ist keine elektronische Lobotomie. Das ist ein neues GenMod-Verfahren. Sie werden dein Gehirn mit einem gentechnisch veränderten Virus infizieren, das es dir nicht mehr möglich machen wird, den Fluß von Bildern vom limbischen System – das ist der ältere, primitivere Teil des Gehirns – zur Großhirnrinde zu blockieren. Mittels Biofeedback werden deine Gehirnwellen solange angeglichen, bis die Großhirnrinde lernt, über welche Bahnen die Bilder in Theta-Aktivität umzusetzen sind. Verstehst du das?«
Drew verstand überhaupt nichts. Die Angst schluckte den Rest seines Verstandes, die graue, brodelnde Brühe
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