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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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der kriecherisch die Hand leckt, die ihn füttert, um dann nach ihr zu schnappen.« Eric sagte das in einem so beiläufigen Tonfall, daß Drew blinzelte. Eric war nur zwei Jahre älter als Drew, und nicht einmal Leisha schaffte so viel distanzierte Gleichgültigkeit.
    Wenn sie es täte, wäre dann einer von ihnen jetzt hier in dieser Zelle?
    Der Gedanke war ein stachliger Wurm, der sich in sein Hirn bohrte und eine Schleimspur hinterließ, die selbst in der Dunkelheit glitzerte.
    »Aufseher!« sagte Eric. »Wir gehen jetzt.«
    Keine Antwort. Kein Wort von Strafanzeigen, Anwälten, Kautionen – kurz, des ganzen Rechtssystems, das angeblich Gerechtigkeit für verdammt noch mal alle bringen sollte!
    Drew zog sich auf den Ellbogen über den Boden und hievte sich in seinen Rollstuhl, der direkt auf der anderen Seite der Gitterstäbe abgestellt war. Er folgte Eric – warum nicht? Was machte es für einen Unterschied, ob er im Bau war oder draußen, ob er in diesem Drecksnest verrottete oder in einem anderen? Durch seine Gleichgültigkeit deckte er auf, wie idiotisch beide Möglichkeiten waren.
    »Wenn du wirklich so denkst, warum bleibst du dann nicht hier?« fragte Eric über die Schulter, ohne im Schritt innezuhalten, und Drew mußte sich wieder einmal gefallen lassen, daß man ihm die Nase darin rieb – daß sie ganz einfach heller im Kopf waren. Sie wußten alles. Verdammte Schlaflose!
    Ein Straßenwagen wartete draußen. Drew wollte den Rollstuhl in die Gegenrichtung lenken, aber noch ehe er ihn in Bewegung setzen konnte, hatte Eric schon eine Y-Schranke über das Instrumentenbrett auf der Armstütze des Rollstuhles geklappt.
    »He!«
    »Halt den Mund«, sagte Eric. Drew holte zu einen rechten Haken aus, aber Eric war schneller und hatte außerdem den Vorteil der Beweglichkeit. Seine Faust traf Drew unter dem Kinn, nicht hart genug, um ihm den Kiefer zu brechen, aber ausreichend, um einen stechenden Schmerz durch sein ganzes Gesicht bis in die Schläfen zu schicken. Als der Schmerz etwas nachließ, war Drew in Handschellen.
    Er begann zu fluchen und rief sich jede Schweinerei ins Gedächtnis, die er in achtzehn Monaten auf der Straße gelernt hatte. Eric beachtete es nicht. Er hob Drew aus dem Rollstuhl und schmiß ihn auf den Rücksitz des Wagens, wo ihn ein Leibwächter im Empfang nahm, der ihn gerade aufrichtete, ihm tief in die Augen sah und sagte: »Vergiß es.«
    Eric glitt hinter das Lenkrad. Das war etwas Neues bei den Machern: selbst zu fahren. Drew ignorierte den Leibwächter und hob die aneinandergefesselten Hände über den Kopf, um sie mit aller Kraft auf Erics Nacken sausen zu lassen. Der Leibwächter fing Drews Arme mitten im Schwung ab und fügte seiner Schulter etwas so undefinierbar Qualvolles zu, daß Drew blind vor Schmerz in sich zusammenfiel und zu schluchzen begann. Eric drehte sich nicht einmal um.
    Sie fuhren ihn zu einem Nutzer-Motel von der Sorte, in der man sich für Brainie- oder Sexparties einmietete, wobei die Kosten von der Wohlfahrt getragen wurden. Eric und der Leibwächter zogen ihm die Kleider vom Leib und ließen ihn in die billige Viermann-Badewanne fallen. Drew ging augenblicklich unter und schluckte Wasser, bis er sich selbst nach oben kämpfen konnte. Keiner der beiden dachte daran, ihm zu helfen. Eric goß eine halbe Flasche GenMod-Waschmittel ins Wasser; der Leibwächter zog sich aus, stieg zu Drew in die Wanne und begann, ihn abzuschrubben.
    Später, auf dem Bett, wurde er mit Gurten festgeschnallt.
    Unbeweglich und hilflos ohne seinen Rollstuhl lag Drew seine Tränen verwünschend da, während Eric auf ihn hinabsah und der Leibwächter einen Spaziergang machte.
    »Ich weiß nicht, warum sie sich so bemüht um dich, Arien. Ich weiß nur, warum ich hier bin. Erstens, weil andernfalls sie hätte kommen müssen. Zweitens, weil du andernfalls auf deinen zwei Beinen stündest und ich dich prügeln könnte, wie du es verdienen würdest. Alle Möglichkeiten standen dir offen, man hat dir jede Rücksichtnahme entgegengebracht, und du hast alles verspielt. Du bist dumm und undiszipliniert, und mit neunzehn Jahren verfügst du nicht über jenes Minimum an Gewissen, um dich nach deinem Freund zu erkundigen, der durch deinen sinnlosen Zerstörungstrieb fast verbrannte. Als menschliches Wesen bist du eine einzige Katastrophe, sogar als menschliches Wesen, das ein Nutzer ist. Aber ich gebe dir noch eine Chance. Ich möchte betonen: Nichts, was mit dir geschehen wird, ist Leishas Idee.

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