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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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noch?«
    »Das Gewächshaus. Sanderson hat immer alles gegossen, aber er wußte ja nicht, was wieviel Feuchtigkeit braucht, und so sind einige von den Pflanzen…«
    »Schick Sanderson zum Teufel«, unterbrach Leisha sie barsch. »Meinetwegen sollen die Tropenpflanzen verfaulen. Oder schenk sie einem Krankenhaus, wenn du willst. Gib bloß acht, einige sind giftig. Komm, nehmen wir uns die Bibliothek vor.«
    Gedankenverloren setzte Alice sich auf den zusammengerollten Teppich in der Mitte von Camdens Schlafzimmer. Sie trug das Haar jetzt kurz, was Leisha häßlich fand, denn es stand in schroffen braunen Zacken rund um ihr breites Gesicht. Außerdem hatte sie wieder zugenommen und fing an auszusehen wie ihre Mutter.
    »Erinnerst du dich an den Abend«, fragte Alice, »als ich dir sagte, daß ich schwanger war? Kurz bevor du nach Harvard gingst?«
    »Gehen wir in die Bibliothek!«
    »Erinnerst du dich?« beharrte Alice. »Meine Güte, Leisha, kannst du nicht ein einziges Mal einem anderen Menschen zuhören? Mußt du andauernd so tun, als wärst du Papa?«
    »Ich bin nicht wie Papa!«
    »Natürlich nicht! Du bist ganz genau so, wie er dich gemacht hat! Aber das steht nicht zur Debatte. Erinnerst du dich an den Abend?«
    Leisha stieg über den Teppich und ging zur Tür hinaus. Alice blieb einfach sitzen. Nach einer Minute kam Leisha wieder zur Tür herein. »Ich erinnere mich daran.«
    »Du warst den Tränen nahe«, sagte Alice unerbittlich und mit ruhiger Stimme. »Ich weiß gar nicht mehr genau, weshalb. Vielleicht weil ich schließlich doch nicht aufs College ging. Aber ich hatte die Arme um dich gelegt, und zum erstenmal seit Jahren – seit Jahren, Leisha! – hatte ich wieder das Gefühl, daß du meine Schwester warst. Trotz allem, was mich störte – dieses ewige Herumwandern nachts im Haus und die Angeberei bei den Diskussionen mit Papa und die Eliteschule und die angezüchteten langen Beine und das Goldhaar… all das eben. Zum erstenmal hatte ich den Eindruck, du würdest mich brauchen, zum Festhalten. Du schienst mich zu brauchen. Du schienst zum erstenmal überhaupt irgend etwas zu brauchen!«
    »Was willst du damit sagen?« fragte Leisha unwirsch. »Daß du nur dann jemandem nahe sein kannst, wenn er Probleme hat und dich braucht? Daß du mir nur dann eine Schwester sein kannst, wenn mich etwas quält und ich meine offenen Wunden lecke? Ist das das Band zwischen euch Schläfern? ›Beschütz mich, während ich bewußtlos daliege, ich bin der gleiche Krüppel wie du‹!«
    »Nein«, antwortete Alice. »Ich will damit sagen, daß du nur dann eine Schwester sein kannst, wenn dich etwas quält.«
    Leisha starrte sie an. »Du bist dumm, Alice.«
    »Ich weiß«, sagte Alice gelassen. »Ich weiß. Verglichen mit dir bin ich dumm. Das weiß ich.«
    Mit einem Ruck wandte Leisha sich ab. Sie schämte und ärgerte sich über das eben Gesagte, und doch stimmte es, und das wußten sie beide. Aber der Zorn nistete noch tief in ihrem Innern wie eine dunkle Leere, formlos und brennend heiß. Die Formlosigkeit war das Schlimmste; ohne erkennbare Form konnte sie nichts dagegen unternehmen; und wenn sie nichts dagegen unternahm, würde er weiter in ihr brennen und sie ersticken.
    Alice sagte: »Als ich zwölf war, schenkte Susan mir zum Geburtstag ein Kleid. Du warst nicht daheim, irgendwo auf einer dieser tagelangen Exkursionen, die deine hochgestochene avantgardistische Schule unentwegt veranstaltete. Das Kleid war aus Seide, aus hellblauer Seide mit alten Spitzen – wunderschön. Ich war ganz glücklich, nicht nur, weil es so schön war, sondern weil Susan es für mich gekauft hatte; du bekamst nur Software von ihr, damals. Das Kleid gehörte mir. Das Kleid und ich, wir waren eins.«
    In der einfallenden Dämmerung konnte Leisha kaum Alices breite, farblose Gesichtszüge ausmachen. »Als ich es zum erstenmal trug«, fuhr Alice fort, »sagte ein Junge zu mir: ›Hast wohl deiner Schwester das Kleid geklaut, Alice! Hast es dir unter den Nagel gerissen, während sie schlief?‹ Und dann lachte er wie verrückt, so wie sie es immer machten.
    Ich hab das Kleid weggeworfen. Ohne Susan den Grund dafür zu sagen, obwohl sie es sicher verstanden hätte. Es war eben so: was dir gehörte, gehörte dir, und was nicht dir gehörte, gehörte dir auch. So war’s von Papa angelegt worden. So hat er es dir in die Gene einstanzen lassen.«
    »Ach, du auch?« fragte Leisha. »Du bist auch nicht anders als die anderen neidischen

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