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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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stellte damit den wirtschaftlichen Feind dar. Außerdem war sie anständig, großzügig und idealistisch. Der Konflikt beunruhigte ihn.
    Aber es gab so viele Dinge, die ihn beunruhigten.
    Die Besichtigung der Fabrik dauerte mehr als eine Stunde. Jordan bemühte sich, den Betrieb durch Leishas Augen zu sehen: Menschen anstelle von kostengünstigen Robotern, gebrüllte Unterhaltungen am Fließband, Rockmusik aus den Lautsprechern. Ausschußteile, von der Qualitätskontrolle zurückgewiesen, halb wiederverpackt in schmutzigen Kartons. Ein angeknabbertes Brötchen, das jemand in eine Ecke geworfen hatte.
    Schließlich führte Jordan Leisha in Hawkes Büro. Calvin Hawke erhob sich hinter seinem wuchtigen, grobkantigen Schreibtisch aus Kiefernholz. »Miss Camden. Welche Ehre.«
    »Mister Hawke.« Sie streckte ihm die Hand entgegen.
    Hawke ergriff sie, und Jordan bemerkte ihr leichtes Zurückweichen. Üblicherweise wichen alle Menschen, die Calvin Hawke zum erstenmal gegenüberstanden, ein wenig zurück, aber erst in dieser Sekunde wurde Jordan bewußt, wie gespannt er darauf gewartet hatte, ob auch Leisha es tun würde. Es war nicht so sehr Hawkes riesenhafte Gestalt, als vielmehr seine irritierende körperliche Scharfkantigkeit, von seiner Hakennase angefangen, über die herausgemeißelten Wangenknochen und die stechenden schwarzen Augen bis zu der Halskette aus spitz zugefeilten Wolfszähnen, die seinem Ur-Ur-Urgroßvater gehört hatte, einem Fallensteller, der drei indianische Ehefrauen gehabt und dreihundert indianische Krieger getötet hatte. Sagte Hawke. Ob beinahe zweihundert Jahre alte Wolfszähne wohl immer noch spitz und scharfkantig waren?
    Wenn sie Hawke gehörten, schon.
    Leisha sah auf zu Hawke, der trotz ihrer eigenen hochgewachsenen Gestalt immer noch einen Kopf größer war als sie, und lächelte. »Vielen Dank, daß Sie mir erlaubt haben hierherzukommen.« Als Hawke nichts darauf sagte, fügte sie unverblümt hinzu: »Warum haben Sie das zugelassen?«
    Er tat so, als hätte sie eine ganz andere Frage gestellt. »Sie sind absolut sicher hier. Auch ohne Ihre Gorillas. In meinen Fabriken gibt es keinen unbegründeten Haß.«
    Jordan dachte an Mayleen, behielt es aber für sich. Man widersprach Hawke nicht vor anderen Leuten.
    »Eine interessante Verwendung des Wortes ›unbegründet‹«, bemerkte Leisha kühl. »In unserem Rechtssystem nennen wir so etwas Insinuation. Aber wenn ich schon einmal da bin, würde ich Ihnen gern einige Fragen stellen, wenn Sie gestatten.«
    »Selbstverständlich«, sagte Hawke. Er verschränkte seine gewaltigen Arme vor der Brust und lehnte sich abwartend an den Schreibtisch – das liebenswürdige Entgegenkommen in Person. Auf dem Schreibtisch stand ein ComLink, ein Kaffeebecher mit dem Logo von Harvard und eine zeremonielle Puppe der Cherokees. Nichts davon war am Morgen dagewesen. Hawke hatte die Bühnendekoration offenbar sorgsam geplant. Die Haare auf Jordans Nacken stellten sich auf.
    »Ihre Motorroller sind spartanisch ausgestattete Modelle mit den einfachsten Y-Kegeln und einer kargeren Auswahl an Zusatzausstattungen als bei jeder anderen Marke im Handel«, sagte Leisha.
    »Ganz richtig.« Hawke nickte freundlich.
    »Ihre Zuverlässigkeit ist geringer als die jeder anderen Marke. Ihre Produkte benötigen häufiger Ersatzteile, und sie benötigen sie früher als andere. Eine Garantieleistung Ihrerseits existiert ausschließlich für den Y-Kegel-Deflektorschild, wobei es sich beim Deflektor um einen patentierten Artikel handelt, für den Sie keine Lizenz haben und der hier auch nicht gefertigt wird.«
    »Sie haben wirklich Ihre Hausaufgaben gemacht«, stellte Hawke fest.
    »Die Roller erreichen nur eine Höchstgeschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometer.«
    »Stimmt.«
    »Ihr Verkaufspreis liegt um zehn Prozent höher als der eines vergleichbaren Modells von Schwinn, Ford oder Sony.«
    »Stimmt auch.«
    »Und dennoch halten Sie im Inland zweiunddreißig Prozent Marktanteil, haben letztes Jahr drei neue Fabriken eröffnet und einen Firmengewinn von achtundzwanzig Prozent ausgewiesen, wogegen sich der industrielle Durchschnitt nur auf 11 Prozent beläuft.«
    Hawke lächelte.
    Leisha machte einen Schritt auf ihn zu. »Machen Sie nicht so weiter, Mister Hawke«, sagte sie eindringlich. »Es ist ein furchtbarer Fehler. Nicht für uns – für euch.«
    »Wollen Sie meiner Fabrik drohen, Miss Camden?« fragte Hawke mild lächelnd.
    Jordan bekam Krämpfe im Magen. Hawke

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