Bettler 01 - Bettler in Spanien
schlafen! -Roller!«
Kevin pfiff durch die Zähne. »Er fuhr einen Wir schlafen! -Roller?«
Leisha schloß die Augen. »Kevin, schick zwei Leibwächter aus, die Walcott suchen sollen. Die besten Leibwächter, die du kriegen kannst. Nein – deine eigenen. Vor einer halben Stunde war er noch bei Samplice. Laß ihn in unser Apartment bringen. Oder ist dein Büro sicherer?«
»Mein Büro.«
»Ich komme frühestens um zwei aus dem Gericht. Und ich kann keine Vertagung beantragen. Nicht noch einmal.« Sie hatte bei diesem Fall bereits dreimal vertagen lassen: einmal, um nach Mississippi zu reisen, und zweimal für Besuche in Sanctuary.
»Bleib du nur bei deinem Fall«, sagte Kevin. »Ich behalte Walcott im Auge.«
Leisha öffnete die Augen. Aus der Tür zum Gerichtssaal beobachtete sie der Gerichtsdiener. Sie hatte ihn gern, den freundlichen alten Mann, der ihr immer die viel zu teuren Holos seiner Enkel zeigte. Am anderen Ende des Korridors stand Richard Keller mit kerzengeradem Rücken und wartete. Auf sie. Er wußte, worum es sich bei dem Gespräch mit Kevin gehandelt hatte, und nun stand er dort und wartete. Sie war sich dessen sicher, ohne den Schatten eines Zweifels.
Wieso hatte er gewußt, was Kevin ihr sagen würde?
Sie ging in den Gerichtssaal zurück und ersuchte den Richter um Vertagung.
Leisha führte Richard zu ihrem Büro, das nur einen Block entfernt war; sie berührte ihn nicht während des kurzen Fußmarsches, sie sah ihn nicht an. Im Büro angekommen verdunkelte sie das Fenster so lange, bis es schwarz war. Die exotischen Blüten, die Passionsblumen, Fackellilien und Orchideen, begannen sich zu schließen.
Leisha sagte leise: »Also, sag schon.«
Richard sah die Blüten an. »Die hat dein Vater gezüchtet.«
Sie kannte diesen Tonfall; sie kannte ihn aus Vernehmungsräumen der Polizei, aus Gefängnissen, aus Gerichtssälen. Es war der Tonfall eines Mannes, der einfach das ausspricht, was ihm gerade in den Sinn kommt, weil er bereits alles verloren hat. Der Tonfall drückte ein gewisses Ausmaß von Freiheit aus – Freiheit von einer Art, die in Leisha stets den Drang weckte, sich abzuwenden.
Jetzt wandte sie sich nicht ab. »Sag schon, Richard.«
»Sanctuary hat Walcotts Aufzeichnungen gestohlen. Es gibt ein Netz aus Drinnen -Computergenies und Draußen -Unterweltschläfern. Sehr komplex. Jennifer arbeitet seit Jahren an seinem Aufbau. Sie haben alle mitgemacht – Samplice, die First National Bank… alle.«
Das war nichts Neues; Richard hatte das in Jennifers Gegenwart in Sanctuary mehr oder weniger zugegeben. »Ich muß dir jetzt etwas sagen, Richard. Bitte hör genau zu. Du sprichst jetzt zu Walcotts Anwältin, und nichts, was hier zur Sprache kommt, ist eine Privatunterhaltung zwischen uns beiden. Nichts. Das verbürgte Recht von verheirateten Personen, Gespräche zwischen ihnen und ihren Ehepartnern vor Gericht als vertraulich behandeln zu lassen und darüber schweigen zu dürfen, gilt in diesem Fall nicht für das, was Jennifer zu dir in Anwesenheit dritter Personen – wie etwa den Mitgliedern der Ratsversammlung von Sanctuary – sagte; Artikel achthunderteinundsechzig, Bundesgesetz. Man kann dich auffordern, alle Angaben, die du hier machst, unter Eid zu wiederholen. Verstanden?«
Er lächelte, beinahe humorig. »Selbstverständlich. Deshalb bin ich ja hier. Du kannst alles aufzeichnen, wenn du willst.« Der Tonfall war der gleiche wie vorhin.
»Aufnahme läuft«, sagte sie, und zu Richard gewandt: »Bitte sprich weiter.«
»Sanctuary änderte die Patentunterlagen. Sowohl die elektronischen als auch die Computerausdrucke. Die Daten wurden sorgfältig gewählt. Alle schriftlichen Ausfertigungen in Washington sind mit dem Stempel ›korrekt eingegangen‹ versehen, aber noch hat nichts davon das Prüfungsstadium mit wesentlichen offiziellen Unterschriften oder Fingerabdrücken erreicht. Das war es doch, was Kevin dir gesagt hat, oder?«
»Er sagte mir, er wäre überzeugt, daß niemand es schafft, in das Computernetz der Regierung einzudringen, nicht einmal seine Leute.«
»Mag sein, aber er könnte diesen Versuch auch nur von draußen in die Wege leiten!«
»Kannst du konkrete Angaben dazu machen? Namen, Daten, die in Gegenwart von dritten Personen im Lauf von Gesprächen erwähnt wurden – von Gesprächen, die auch stattgefunden hätten, wenn ihr beide, du und Jennifer, nicht verheiratet wärt?«
»Ja.«
»Verfügst du über schriftliche Beweise?«
Richard seufzte.
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