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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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sagen«, unterbrach Susan sie mit spröder Stimme. »Ich hatte dich und Alice, und ich habe euch immer noch. Leibliche Töchter könnten mir nicht mehr bedeuten als ihr beide. Aber wen hast du, Leisha? Kevin…«
    »Kevin und ich fühlen uns wohl so«, warf Leisha rasch ein.
    Susan sah sie mit einem so liebevollen, skeptischen Gesichtsausdruck an, daß Leisha sich beeilte zu wiederholen: »Wir fühlen uns wohl, Susan. Wir arbeiten wunderbar zusammen. Und das ist es schließlich, worauf es ankommt. Stimmt’s?«
    Aber Susan fuhr fort, sie mit diesem sanften Zweifel in den Augen anzusehen; immer noch hielt sie Adam Walcotts wissenschaftliche Abhandlung in der Hand.
     
    Simpson gegen Küstenfischerei war ein komplizierter Fall. Leishas Klient, James Simpson, war ein Schlafloser – ein Fischer, der einer konkurrierenden Firma vorwarf, durch die gesetzwidrige Verwendung von Retroviren (deren Einsatz an und für sich legal war) absichtlich die Gesetzmäßigkeit der Wanderung von Fischschwärmen zu durchbrechen. Die Konkurrenz, die Küstenfischereigesellschaft mit beschränkter Haftung, befand sich im Eigentum von Schläfern. Der Fall würde sich um die juristische Interpretation der Canton-Fenwick-Verordnung drehen, welche die Einschränkung des freien Wettbewerbes durch den Einsatz von Biotechnik regelte. Leisha mußte um zehn Uhr vormittag im Gericht sein, also hatte sie um eine Zusammenkunft bei Samplice um sieben Uhr morgens gebeten.
    »Also, wahrscheinlich wird keiner um sieben Uhr früh kommen!« hatte Walcott gemurrt. »Ich auch nicht.« Leisha hatte durchdringend auf das spitze Gesicht auf ihrem ComLink gestarrt und sich wieder einmal über die kleinliche Engstirnigkeit des großen Geistes gewundert, der das biologische und gesellschaftliche Weltbild neu schaffen würde. War Newton auch so gewesen? Einstein? Callingwood? So gesehen, ja. Einstein konnte sich nie erinnern, an welcher Bahnstation er aussteigen mußte; Callingwood, der geniale Kopf, dem der Durchbruch bei der Nutzanwendung der Y-Energie gelungen war, verlor regelmäßig die Schuhe von den Füßen und weigerte sich monatelang, seine Bettwäsche wechseln zu lassen. Walcott war nicht einzigartig in seiner Weise, er war eben ein Typus, wenngleich kein alltäglicher. Manchmal schien es Leisha, daß der Prozeß der intellektuellen Reifung nichts anderes war als das Entdecken, daß bizarre und einzigartige Menschen nur Exemplare seltenerer Zusammensetzung waren. Sie rief persönlich bei Samplice an und bestand auf dem Termin sieben Uhr früh.
    Direktor Lawrence Lee, ein sonnengebräunter, gutaussehender Mann, der ein zu jugendlich wirkendes Stirnband aus italienischer Seide trug, stellte sich als genauso schwierig heraus, wie Walcott behauptet hatte. »Zum Teufel, diese Forschungsergebnisse gehören uns, egal, worum es sich handelt! Besonders, wenn sie sich als wertvoll erweisen sollten, was ich sehr bezweifle, das können Sie mir glauben! Diese beiden… Forscher sind meine Angestellten, und es wäre besser, wenn ihr eingebildeten Rechtsanwälte das nie vergeßt!«
    Leisha war der einzige eingebildete Rechtsanwalt im Raum. Der juristische Berater von Samplice war Arnold Seeley, ein Mann mit harten Augen und aggressiv kahlgeschorenem Kopf, der sich nichtsdestoweniger stümperhaft bei Fragen anstellte, bei denen es darum gegangen wäre, Druck auszuüben und Leisha in die Enge zu treiben.
    Sie beugte sich über den Tisch. »Ich vergesse sehr wenig, Mister Lee. Es existieren juristische Präzedenzfälle über wissenschaftliche Arbeiten, im besonderen wissenschaftliche Arbeiten mit kommerziellen Anwendungsmöglichkeiten. Doktor Walcott befindet sich nicht in derselben Arbeitskategorie wie ein Zimmermann, der Ihre Holzveranda repariert. Außerdem gibt es in dem Einstellungsvertrag, den Doktor Walcott mit Samplice zu Beginn seiner Tätigkeit hier abgeschlossen hat, gewisse nicht ganz eindeutige Formulierungen. Ich nehme an, Sie haben eine Kopie des Vertrages mitgebracht, Mister Seeley?«
    »Ääh… nein… Warten Sie…«
    »Wieso haben Sie keinen mit!« schnauzte Lee ihn an. »Wo ist er? Was steht darin?«
    »Ich müßte nachsehen…«
    Leisha spürte, wie gereizte Ungeduld in ihr aufstieg – Ungeduld, die sich bei ihr in Gegenwart von Inkompetenz ausnahmslos bemerkbar machte. Sie unterdrückte das Gefühl; die Sache war zu wichtig, um sie mit einer verfehlten, törichten Zurschaustellung von Mißmut zu gefährden. Jetzt und in Zukunft.
    Lee, Seeley und

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