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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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bestanden, und eine Eigentümerin, die mir ohnehin schon feindlich gesinnt war. Und Lizzie.
    Ich marschierte eiligst Richtung Annie.
    Auf halbem Weg schoß plötzlich Billy um eine Ecke, einen Baseballschläger in der Hand. »Schnell, Frau Doktor! Da lang, machen Sie schon!«
    Starr vor Verblüffung blieb ich stehen. Meine ganze Ängstlichkeit, eher eine Art übersteigerte Erregung, war wie weggeblasen. »Sie kommen, um mich zu beschützen?«
    »Hier lang!« Er atmete schwer, und seine alten Knie zitterten.
    Ich griff nach seinem Ellbogen, um ihn zu stützen. »Billy, lehnen Sie sich eine Sekunde lang an die Wand hier. Sie kamen wirklich, um mich zu beschützen?«
    Er packte meine Hand von seinem Ellbogen und zerrte mich in ein schmales Gäßchen – dasselbe, das die Straßengang für ihr kreatives Herumlungern benutzt hatte, als das Wetter wärmer gewesen war. Und da hörte ich es mit einemmal: das Gebrüll vom anderen Ende der Straße, in der das Lagerhaus stand. Die nächste Meute wütender Menschen, die die Macher-Politiker zur Hölle wünschten.
    Billy führte mich durch das Gäßchen, an ein paar Häusern vorbei und dann auf Händen und Knien durch eine Art Minifriedhof für ausrangierte Roller, PlastiSynth-Trümmer, Matratzen und anderen unschönen Sperrmüll. Wir kamen zur Rückseite der Cafeteria, wo Billy sich an dem Hintertürchen zu schaffen machte, das nur von den LieferRobs benutzt wurde; es klappte auf. Wir krochen in die vollautomatisierte Küche, die geschäftig SojSynth so zurechtmachte, daß es wenigstens aussah wie etwas anderes.
    »Wie…?«
    »Lizzie«, japste er, »noch eh’ sie… alles mögliche… gelernt hatte von Ihnen«, und selbst das Anfangsstadium eines Herzanfalls konnte den hörbaren Stolz in seiner Stimme nicht unterdrücken. Er ließ sich mit dem Rücken an der Wand entlang zu Boden gleiten und konzentrierte sich ein Weilchen auf langsameres Atmen. Die hektisch dunkle Färbung seiner Haut ließ nach.
    Ich blickte mich um. In einer Ecke stapelte sich ein kleineres Vorratslager – Decken, Nahrungsmittel und andere nützliche Dinge. Meine Augen wurden feucht.
    »Billy…«
    Er war immer noch damit beschäftigt, zu Atem zu kommen. »Weiß keiner nich’… von dem da… wird keiner hier… nach Ihnen suchen.«
    Wohingegen das in Annies Wohnung sehr wohl hätte passieren können, dachte ich. Die Leute hatten mich mit Lizzie zusammen gesehen. Er beschützte nicht mich, er beschützte Lizzie davor, mit mir in Zusammenhang gebracht zu werden!
    Ich sagte: »Ob jetzt wohl der ganze Ort zu einer einzigen Bastille wird?«
    »Hah?«
    »Ob jetzt wohl der ganze Ort überschnappt, alles kurz und klein schlägt und sich dann einen Sündenbock sucht, den er einen Kopf kürzer machen kann?«
    Die Vorstellung schien ihn zu überraschen. »Der ganze Ort? Nee, gewiß nich’, doch nich’ alle. Was man da draußen hört, das sin’ bloß die Hitzköpfe, die wo gleich ganz aus’m Häuschen geraten, wenn was nich’ so is’ wie immer. Werden sich wieder beruhigen, die. Un’‘n guter Mann wie Jack Sawicki, der bringt schon wieder Ordnung ins Volk un’ läßt sie was Nützliches tun, die.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Och«, er machte eine unbestimmte Handbewegung; sein Atem ging fast wieder normal. »Decken zur Seite legen für Leute, wo keine haben un’ welche brauchen. Sachen einteilen, wo nich’ mehr nachkommen werden. Kam ‘ne Lieferung SojSynth, grade letzte Woche, un’ so wird’s der Küche wohl nich’ so bald ausgehen, denk’ ich. Bloß Extras wird’s keine geben. Aber Jack, der wird das den Leuten schon klarmachen.«
    Es sei denn, die Küche würde kaputtgehen; aber das sprach keiner von uns beiden aus.
    »Billy, werden sie bei Annie nach mir suchen?« fragte ich mit ruhiger Stimme.
    Er starrte auf die Wand gegenüber. »Kann sein.«
    »Dann werden sie die Vorräte sehen.«
    »Is’ schon fast alles hier. Was in der Wohnung noch rumstand, waren zumeist leere Eimer. Annie, die kippt sie jetzt der Reihe nach in den Wiederverwerter.«
    Ich ließ mir das kurz durch den Kopf gehen. »Sie wollten mir nicht anvertrauen, daß Sie alles hierhertransportiert haben. Sie hofften, ich würde abreisen, bevor Sie es mir sagen mußten.«
    Er starrte weiterhin die Wand an. Das Förderband schob Schüssel um Schüssel mit SojSynth-›Suppe‹ unter den Blitzofen. Ich warf einen Blick auf den Haufen mit Vorräten. Er war noch kleiner, als ich vorhin gedacht hatte. Und wenn die Küche aufhörte zu

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