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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Fahrer, ein sommersprossiger Junge von etwa vierzehn Jahren, den ich noch nie gesehen hatte, war noch jung genug, um das Flitzen über das Wasser zu genießen. Er drückte die Nase des Gravbootes gerade so weit nach unten, daß sie die Wellen berührte; blauweißer Sprühregen spritzte nach links und rechts, und der Junge grinste. Als er es zum zweitenmal machte, drehte er plötzlich den Kopf nach hinten, um nachzusehen, ob ich nicht naß wurde in meinem Rollstuhl hinten im Boot. Er hatte meine Anwesenheit sichtlich völlig vergessen. Der schuldbewußte Ausdruck und ein veränderter Sichtwinkel… – plötzlich erkannte ich ihn wieder: einer von Kevin Bakers Urenkeln.
    »Kein Tropfen«, sagte ich, und der Junge grinste wieder.
    Ein Schlafloser, klarerweise. Das merkte ich jetzt an den Formen, die er in meinem Kopf bildete: kompakt und lebhaft gefärbt und präzise in den Bewegungen. Geboren, um die Welt zu besitzen. Und natürlich stellte er keinerlei Sicherheitsrisiko für Huevos Verdes dar.
    Aber mit diesen Schutzmaßnahmen gäbe es für Huevos Verdes nicht einmal dann ein Sicherheitsrisiko, wenn der Direktor der Aufsichtsbehörde für die Einhaltung genetischer Standards höchstpersönlich am Steuer des Gleitbootes säße. Ich hatte mich sehr anstrengen müssen, um die Funktion des dreifachen Sicherheitsschildes rund um Huevos Verdes zu begreifen.
    Der erste Schild, ein durchscheinendes Schimmern, erhob sich in einer Entfernung von vierhundert Metern aus dem Meer. Als perfekte Kugelform konstruiert setzte sich der Schild unter Wasser fort und durchdrang selbst das Steinfundament, auf dem die Insel errichtet war; er bildete ein alles umhüllendes Ei. Terry Mwakambe, das merkwürdigste Genie aller SuperS, hatte den Schild erdacht. Auf der ganzen Welt gab es nichts annähernd Ähnliches. Der Schild prüfte die DNA, und nichts, was nicht in den Datenbanken gespeichert war, kam durch. Keine Delphine, keine Froschmänner der Marine, keine Möwen, keine treibenden Algen. Nada.
    Der zweite Schild, hundert Meter weiter innen, stoppte jede tote Materie, die nicht von in den Datenbanken gespeicherter DNA begleitet wurde. Kein unbemanntes Roboterschiff – das möglicherweise Sensoren, Bomben oder Sporen transportierte – passierte diesen Schild. Wie klein es auch immer sein mochte. Wenn es nicht zusammen mit gespeicherter DNA auftauchte, gab es kein Durchkommen. Wir glitten durch den schwach bläulich schimmernden Schild wie ins Innere einer Seifenblase.
    Der dritte Schild vor den Hafenanlagen wurde manuell betrieben und visuell überwacht. Die registrierte DNA mußte lebendig sein und reden. Ich weiß nicht, wie die Sache bei betäubten oder berauschten Personen ablief. Ich verspürte keinerlei Berührung. Der Entwurf für den Schild stammte auch hier von Terry Mwakambe, und in die Überwachungsschichten teilten sich alle Bewohner der Insel. Die Paranoia stammte von Miri ganz allein. Im Gegensatz zu ihrer Großmutter wollte sie nicht, daß die Schlaflosen alle Verbindungen zu den Vereinigten Staaten durchtrennten; doch genau wie ihre Großmutter hatte sie eine gesicherte Zufluchtsstätte geschaffen, an die kein Staatsbeamter herankonnte. Ein neues Sanctuary. Sie hatte es nur besser gemacht als Jennifer Sharifi.
    »Bitte um Erlaubnis, anlegen zu dürfen!« sagte der sommersprossige Junge ernsthaft. Er salutierte im Scherz und grinste. Das alles bedeutete immer noch Abenteuer für ihn.
    »Hallo, Jason!« sagte Christy Demetrios. »Hallo, Drew! Kommt rein!«
    Jason Reynolds. Das war der Name des Jungen. Jetzt fiel es mir wieder ein. Der Sohn von Kevins Enkelin Alexandra. Irgend etwas über ihn zupfte an den Ausläufern meiner Erinnerung und formte sich zu einem raschen, nervösen Bild wie eine Perlenkette. Ich konnte mich nicht erinnern.
    Jason legte fachmännisch an – diese Leute taten alles fachmännisch –, und wir gingen an Land. Jason mit langen Sprüngen und ich in meinem Rollstuhl.
    Ein dreißig Meter breiter bepflanzter Streifen – Blumen, Sträucher und Bäume, alles davon GenMod und Teil des Projekts. Die Pflanzen wuchsen bis ans Wasser, und wenn ihnen vom Wellengang her Gefahr drohte, bewahrte sie ein Y-Schild vor dem Meerwasser, der in der Lage war, auch die zarteste GenMod-Rose vor einem Hurrikan zu schützen. Auf der anderen Seite dieses Gartens erhoben sich die Mauern der Gebäude, so dünn wie Papier und härter als Diamanten. Miri erklärte mir, die Mauern wären nur ein Dutzend Moleküle dick, erbaut

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