Bettler 02 - Bettler und Sucher
von Nanomaschinen zweiter Generation, die ihrerseits von ihren Vorgängern konstruiert worden waren. Vor meinem inneren Auge sah ich das glatte Weiß der Wände, an denen kein Schmutz haften blieb, als glühende, dunkelrote Bewegung, so dickflüssig und unaufhaltsam wie Lava.
Auch hier war alles unaufhaltsam.
»Drew!« Miri rannte mir entgegen. Sie trug weiße Shorts und ein loses Hemd und hatte ihre Unmengen dunkler Haare mit einem roten Band zusammengefaßt. Außerdem hatte sie roten Lippenstift aufgetragen. Sie sah immer noch mehr nach sechzehn aus als nach neunundzwanzig. Sie beugte sich zu mir herab und warf die Arme um mich, und ich spürte ihren raschen Herzschlag an meiner Wange. Der Metabolismus der Supers läuft immer auf Hochtouren, zum Unterschied von unserem. Ich küßte sie.
»Diesmal war es zu lang«, murmelte sie in mein Haar. »Vier Monate!«
»Es war eine erfolgreiche Tournee, Miri.«
»Ich weiß. Ich habe mir sechzehn Auftritte über das Netz angesehen, und die Statistiken sehen gut aus.« Sie kuschelte sich auf meinen Schoß.
Jason und Christy waren diskret verschwunden, und wir waren allein in dem bunten neuen Garten. Ich strich über Miris Haar; jetzt wollte ich noch nichts hören von Auftrittsstatistiken.
Miri sagte: »Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.«
Ich küßte sie wieder, diesmal, um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen, denn es würde mich blenden, weißglühend wie immer vor Liebe. So war es jedesmal, wenn sie mich erblickte. Immer. Seit dreizehn Jahren. Er verfolgte seine Ziele mit zwanghafter Unbeirrbarkeit, hatte Leisha über ihren Vater gesagt. Er nutzte seine Umgebung ab.
»Du fehlst mir so, wenn du nicht da bist, Drew.«
»Du fehlst mir auch.« Das war die Wahrheit.
»Ich wünschte, du könntest länger als eine Woche hierbleiben.«
»Ich auch.« Das war nicht die Wahrheit. Aber es gab keine Worte dafür.
Sie sah mich an, eine Minute lang, und etwas hinter ihren Augen verlagerte sich. Vorsichtig, um nicht an meinen gelähmten Beinen hängenzubleiben, kletterte sie von meinem Schoß, streckte mir die Arme entgegen und lächelte. »Komm, sieh dir die Arbeit im Labor an.«
Mir war ganz klar, was das bedeutete: Miri bot mir das Beste an, was sie anzubieten hatte. Das wertvollste Geschenk der Welt. Das, woran ich so unendlich gern teilgenommen hätte, obwohl es mir unverständlich geblieben wäre, denn nicht daran teilzunehmen hieß, unwichtig zu sein. Bedeutungslos. Sie bot mir das an, was ich am meisten brauchte.
Da mußte ich wohl mitziehen.
Ich zog sie zurück auf meinen Schoß und zwang meine Hände dazu, über ihren Busen zu streichen. »Später. Können wir zuerst miteinander allein sein…?«
Ihr Gesicht formte sich zu purer Freude, viel zu strahlend, um irgendeine Farbe zu zeigen.
Miris Zimmer war wie alle anderen auf La Isla spartanisch eingerichtet. Bett, Kommode, Terminal, ein ovaler grüner Teppich aus einem weichen Material, das Sara Cerelli erfunden hatte. Auf der Kommode stand eine grüne Keramikvase mit duftenden GenMod-Blumen, die ich noch nicht kannte. Diese Leute, die über jeden Luxus der Welt hätten verfügen können, leisteten sich kaum je einen. Der einzige Schmuck, den Miri trug, war der Ring, den ich ihr geschenkt hatte, ein schmaler Goldreif, besetzt mit Rubinen. An den anderen Schlaflosen hatte ich überhaupt noch nie irgendeine Art von Schmuck gesehen. All ihre Extravaganzen, hatte Miri mir einst gesagt, trugen sie und ihre Kameraden im Kopf. Selbst das Licht im Zimmer war alltäglich: matt und ohne Schatten.
Ich dachte an die Bibliothek in Leishas Haus in New Mexico.
Miri knöpfte sich die Bluse auf. Ihre Brüste sahen aus wie damals, als sie sechzehn war: voll, milchweiß und gekrönt von hellbraunen Aureolen. Ihre Hüften waren voll, die Taille breit. Sie hatte Schamhaar, das so schwarz und drahtig war wie das Haar auf ihrem Kopf, das von einer roten Schleife gebändigt wurde. Ich zog an einem Ende der Schleife.
»O Drew, du hast mir so gefehlt…«
Ich stemmte mich aus dem Rollstuhl auf ihr schmales Bett und zog sie auf mich herab. Ihre Brüste preßten sich auf meine Brust: weich auf hart. Auf Tournee oder nicht, ich trainierte meinen Oberkörper eifrig, um die nutzlosen Beine auszugleichen. Miri liebte das. Es gefiel ihr, wenn meine Arme sie umfingen und hart an mich drückten. Und sie liebte es, wenn ich hart und bestimmt zustieß. Ich bemühte mich sehr, doch diesmal blieb ich weich.
Sie sah mich fragend an und
Weitere Kostenlose Bücher