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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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äußeren Gegebenheiten abhängig zu sein.
    Das Gitter bog sich und formte einen Kreis. Ich konnte nicht sehen, was innerhalb des Kreises war, obwohl das Gitter rautenförmige Löcher aufwies. Was sich auch immer da drinnen befand, es blieb mir vollständig verborgen.
    Ich wußte nicht, was diese Form zu bedeuten hatte. Sie gab mir keinerlei Hinweis. Ich konnte sie nicht dazu bringen, sich zu erklären, die Gestalt zu wechseln oder zu verschwinden. Und das war mir noch nie zuvor passiert. Ich war der Lichte Träumer, und Formen, die aus meinem Unterbewußtsein auftauchten, hatten immer etwas zu bedeuten, waren immer genereller Natur, immer formbar. Ich formte sie – nicht sie formten mich. Denn ich brachte sie hervor, hinaus in die bewußte Welt. Ich war der Lichte Träumer.
     
    In einem Hotelzimmer in Seattle, wo ich am darauffolgenden Nachmittag die revidierte ›Krieger‹-Komposition geben sollte, verfolgte ich im Holonetz Miris letzten Tag beim Wissenschaftsgericht. Die RoboKameras holten Leisha und Sara ganz nahe heran, als sie auf dem Dach des Forums in ihren Flugwagen stiegen. Sara sah genauso aus wie Miri. Die Holomaske über ihrem Gesicht, die Perücke, das rote Band. Sie bewegte sich sogar wie Miri. Leishas Augen waren zusammengekniffen, was hieß, daß sie wütend war. Hatte sie den Austausch bereits bemerkt? Oder kam das erst im Wagen? Nun, Leisha würde es in jedem Fall übelnehmen. Nichts ärgerte sie mehr, als wenn man sie anlog, vielleicht weil sie selbst ein so aufrichtiger Mensch war. Ich war jedenfalls froh, daß ich nicht dabeisein mußte.
    Gezackte rote Formen, starr vor Anspannung, kreisten um das grauviolette Gitterwerk, das nie verschwand.
    Sara/Miri schloß die Wagentür. Die Scheiben der Fenster waren natürlich undurchsichtig. Ich schaltete die Sendung ab. Monate mochten vergehen, ehe ich Miri wiedersah. Sie konnte sich nach East Oleanta hinein und auch wieder herausstehlen – von dort war sie ja auch nach Washington gekommen –, aber Drew Arlen, der Lichte Träumer in seinem technischen Wunderwerk von Rollstuhl, dem die AEGS überallhin folgte, konnte das nicht. Und auch wenn ich nach Huevos Verdes ging, könnten Nikos Demetrios oder Terry Mwakambe finden, daß selbst eine abhörsichere Verbindung nach East Oleanta für eine rein persönliche Unterhaltung ein verhältnismäßig zu großes Risiko darstellte. Es konnte sein, daß Monate vergingen, ehe ich mit Miri auch nur sprechen konnte.
    Die gezackten roten Gebilde lockerten sich ein wenig.
    Ich goß mir noch einen Scotch ein. Manchmal bremste das die Anspannungs-Formen etwas. Aber ich ging vorsichtig mit dem Zeug um. Bemühte mich zumindest. Ich erinnerte mich dabei immer an meinen Alten in der stinkenden Kleinstadt im Mississippi-Delta, in der ich aufgewachsen war.
    Red mir nich’ drein, Junge! Bis’ bloß ‘n kleiner, nixnutziger Hosenscheißer!
    Bin kein Hosenscheißer nich’! Bin schon sieben, ich!
    Du bist ‘n kleiner Hosenscheißer, sag ich, der nichts hat und nie was haben wird. Also halt’s Maul un’ gib mir schon das Bier rüber.
    Ich werd’ Sanctuary haben, das werd’ ich, irgendwann mal.
    Du! ‘ne dumme Bayouratte wie du! Gelächter. Und dann, nach einer Weile des Grübelns, das Schlürfen. Schmatz. Und wieder Gelächter.
    Ich stürzte den Scotch in einem Zug hinunter. Leisha hätte das nicht gefallen.
    Das ComLink schrillte – zwei kurze Signale. Zweimal hieß, daß der Anrufer zwar nicht auf der genehmigten Liste stand, daß Kevin Bakers ComLink-Programm aber nichtsdestoweniger der Meinung war, daß es sich um jemanden handeln könnte, den ich vielleicht ganz gern sehen würde. Ich wußte nicht, wie es das machte. »Fuzzy logic«, hatte Kevin gesagt, was keine Formen in meinem Kopf hervorrief.
    Ich glaube, in diesem Moment hätte ich mit allen Leuten geredet. Aber die auf mein Gesicht gerichtete Kamera ließ ich trotzdem ausgeschaltet.
    »Mister Arlen? Sind Sie da? Hier spricht Doktor Elias Maleck. Ich weiß, daß es sehr spät ist, aber ich würde Sie dennoch um ein paar Minuten Aufmerksamkeit bitten. Es ist wirklich sehr dringend. Ich möchte keine Botschaft hinterlassen.«
    Er sah müde aus; in Washington war es drei Uhr morgens. Ich goß mir noch ein Glas ein. »Bild an. Ich höre, Doktor Maleck.«
    »Vielen Dank. Ich möchte vorausschicken, daß dies ein abhörsicheres Gespräch ist und daß ich es nicht aufzeichne. Niemand kann es hören außer uns beiden.«
    Das bezweifelte ich. Doktor Maleck hatte

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